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Durch die Hintertür

Durch die Hintertür

Titel: Durch die Hintertür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lear
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versuchen jetzt zu schlafen. Morgen … morgen wird hart.«
    Lady Caroline beugte sich vor zu Sir James und drückte seine Hand. Er sah nicht auf, lächelte nicht, erwiderte nicht den Druck. Er war gänzlich in seiner Gedankenwelt versunken.
    Nach diesem furchtbaren Tag und deprimierenden Abend brauchte ich eine kleine Entschädigung, ehe ich mich schlafen legte. Wie ich von meinen Prüfungen in Cambridge wusste, kann man sich nach ein paar Stunden Ablenkung einem Problem umso frischer zuwenden. Und nichts fand ich so ablenkend wie Sex mit anderen Männern.
    Natürlich war Morgan meine ausgesuchte Beute; ich hatte die Einladung nach Drekeham Hall überhaupt nur angenommen, weil ich ihn erobern wollte – ich ging davon aus, dass die ungewohnte Umgebung und unsere erzwungene Nähe wie von selbst zu dem lange gewünschten Ergebnis führen würden. Das Vorspiel im Wandschrank und im Bad, wo er in meinem Mund gekommen war, hatten wir bereits hinter uns. All das war nichts im Vergleich zu dem, was ich noch vorhatte – Mord hin oder her, heute Nacht würde er das bekommen, was ich für ihn auf Lager hatte.
    In der letzten Stunde hatte Morgan schon halb geschlafen; die Gespräche langweilten ihn zu Tode, der Portwein wärmte ihn, der anstrengende Tag hatte ihn erschöpft. Sir James und Lady Caroline blickten ab und an zu ihm herüber und sahen, wie er gerade einnickte. Die arme, vernachlässigte Belinda klimperte derweil auf dem Klavier oder versuchte, etwas Smalltalk mit Lady Diana zu führen, die dazu aber keine besondere Neigung zeigte. Die künftigen Schwiegereltern hielten keine großen Stücke auf Boy Morgans geistige Fähigkeiten, so viel war klar, doch es war unmöglich, ihn nicht zu mögen. Mochte er zuweilen auch etwas schwer von Begriff sein, habe ich doch nie jemanden mit einem treueren Herz kennengelernt.
    Als wir uns zurückzogen und den anderen eine gute Nacht wünschten, wurde Morgan wieder munter und nahm zwei Stufen auf einmal, wie er es so oft in Cambridge tat. »Herrgott, war das ein langweiliger Abend«, sagte er. »Wären wir doch nur in den Pub gegangen.«
    »Keine Angst, Boy, die Nacht ist noch jung.«
    Er rannte fast bis zu unserem Zimmer, und ich war ihm dicht auf den Fersen.
    »Ich hoffe, du findest das jetzt nicht allzu schrecklich, aber ich habe mir eine Flasche Whisky aus dem Keller des Alten geborgt. Burroughs hat sie mir vorhin mit raufgebracht. Ein tüchtiger Mann, dieser Burroughs.«
    »In der Tat.« Wie praktisch: eine weitere Ausrede für Morgan, die ›Kontrolle‹ über sich selbst zu verlieren. Die Flasche befand sich in einem Kübel auf dem Garderobentisch; Morgan goss davon in zwei Zahngläser ein und reichte mir eins.
    »Auf dich«, sagte er, leerte das Glas in einem Zug und füllte sofort wieder nach. Ich gab vor, es ihm gleichzutun, nahm aber nur einen Schluck. Ihm fiel das nicht auf; er war damit beschäftigt, den gewünschten Grad der Trunkenheit zu erreichen. Wie schlimm Hemmungen doch sein müssen, dachte ich; kein Wunder, dass so viele Leute sich die Leber ruinieren.
    »Ich kann es kaum erwarten, endlich aus dieser verfluchten Rüstung rauszukommen«, sagte er und öffnete seine Fliege mit einem smarten Zug, ehe er anfing, an seinen Kragenknöpfen herumzufummeln. »Das ganze Zeug schnürt einem ja die Luft ab.«
    Das klang wie eine Einladung an mich, also ging ich zu ihm.
    »Hier, lass mich mal, dann geht es schneller.« Morgan ließ die Hände sinken, während ich seinen Kragen öffnete und die Knöpfe ordentlich auf den Garderobentisch legte.
    »Schon besser«, sagte er. »In diesem Salon war es verdammt heiß.«
    »Mach’s dir einfach gemütlich.« Ich schob ihm das Jackett über die Schultern, und er ließ zu, dass es von seinen Armen herabglitt und zu seinen Füßen einen Haufen bildete.
    »Mitch …«
    »Ja, Boy?«
    »Was wir da tun …«
    »Hm?«
    »Es ist doch nicht … ich meine, du glaubst doch nicht …«
    »Keine Sorge. Genieß es einfach.«
    »Aber ich meine, ich bin nicht …«
    »Natürlich nicht. Das ist mir schon klar.«
    »Aber …«
    Er schwieg eine Weile; sein Haar, das den ganzen Abend auf unattraktive Weise zurückgekämmt gewesen war, fiel ihm jetzt dunkel und schimmernd in die Stirn.
    »Was?«
    »Ach, zum Teufel«, sagte er mit wundervoll impulsiver Forschheit – und küsste mich geradewegs auf den Mund. Eine Hand hielt meinen Nacken, während seine Zunge meine Lippen teilte; die andere drückte die Muskeln meines Oberarmes. Ich leitete daraus ab,

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