Durch die Hölle in den Himmel (German Edition)
genießen indem du es durch die Nase ziehst. Aber das, Nadine, was du für Leben hältst, ….. das ist Betrug, du betrügst dein eigenes Leben.“
Wenn er sie einen Moment erreichen, wirklich tief in ihre Gemütsanlage vordringen konnte, so tief, dass sie ihm aufmerksam zuhörte, dann beruhigte sie sich tatsächlich für eine Weile. Dann schöpften sie beide jedes Mal wieder Hoffnung.
„Wenn ich, wie du es wünschst, einen Arzt rufe, wird der dich in eine Klinik bringen. Und du wirst dort einen Entzug machen müssen, wogegen du dich immer gewehrt hast. Es war doch dein Wunsch, dass ich dich nicht aus der Wohnung lasse und genau daran werde ich mich auch halten. Du wirst also hier bei mir bleiben und ich werde dich genauso unterstützen, wie ich es versprochen habe. Alles andere musst du dir aus dem Kopf schlagen.“
So nachdrücklich bedrängend konnte er Nadine immer wieder auf den Boden der Realität zurückholen, ihr neue Kraft geben, und sie zumindest für eine gewisse Zeit besänftigen.
Nach der schlimmen ersten Woche, die fast unerträglich war, wurde es langsam ein wenig besser. Zeitweise beruhigte sie sich, bekam sogar das Gefühl, dass sich etwas zum Guten änderte. Und ihre bis dahin wage Hoffnung, dass sie es tatsächlich schaffen könnte, festigte sich. Mit diesem neuen Gefühl wuchs auch die Dankbarkeit, die sie Robert für seine unermüdliche Hilfe entgegenbrachte. Sie begann seine Nähe auf eine neue Art zu genießen, spürte seine Berührungen intensiver als zuvor. Ihr sexuelles Verlangen war zwar intensiver, wenn sie geschnupft hatte. Zärtlichen Kontakt, wie das Streicheln ihrer Hand oder die leichte Berührung der zarten, empfindsamen Haut an ihrem Unterarm, hatte sie mit der Droge schon nicht mehr wahrgenommen. Mit Kokain musste alles extrem sein. So extrem, wie die Droge selbst.
Je weiter sie sich vom Kokainkonsum entfernte, um so mehr fand sie zurück in ein reales Leben, mit all seinen Höhen und Tiefen. So, wie sie die Lebensfreude gemeinsam genießen konnten – lernten sie, die Kümmernisse gemeinsam zu überstehen.
Während ihrer depressiven Phasen durfte Robert sie anfangs nicht allein lassen. Die Gefahr, dass Nadine sich selbst, auf dem bisherigen, teuflisch einfachen Weg, aus ihrer emotionalen Krise befreien wollte, war einfach zu groß. Einige Male war sie in einer so erbärmlichen Verfassung, dass er sogar Angst hatte, sie würde sich etwas antun, oder sie würde einen Weg finden, wieder irgendwie an Drogen zu gelangen. In diesem heruntergekommenen Stadtteil standen an jeder Straßenecke Dealer, ohne dass sie Gefahr laufen würden, verhaftet zu werden. Nadine selbst war es, die ihn eines Abends auf dem Heimweg darauf aufmerksam gemacht hatte.
„Lass mich die erste Zeit auf keinen Fall allein. Für mindestens zwei Wochen darfst du mich nicht aus den Augen lassen. Wer mit dem Entzug nicht fertig wird, hat kein Problem einen Drogenhändler zu finden, im Gegenteil, der Dealer wittert den Abhängigen auf Kilometer gegen den Wind. Es genügt aber auch schon, einem anderen Abhängigen über den Weg zu laufen. Sie erkennen sich auf hunderte von Metern und kommen dann sehr schnell ins Gespräch. Glaub mir, der Rest ist nur noch ein Kinderspiel.“
Robert hatte keine andere Möglichkeit, als ihr zu glauben.
Wie gewünscht bekam er von der Geschäftsleitung die drei Wochen Urlaub und ließ Nadine Tag und Nacht nicht aus den Augen. Aber es half ja nichts, letzten Endes musste er doch wieder zur Arbeit gehen und sie allein lassen.
In der ersten Zeit nach seinem Urlaub lief alles noch sehr gut. Nadine stand morgens mit Robert auf, kochte ihm seinen geliebten Kaffee und deckte ihm liebevoll den Frühstückstisch, während er unter der Dusche stand. Bis er aus der Tür musste, leistete sie ihm noch bei einer Tasse Kaffee Gesellschaft. Dann kroch sie meistens noch für ein Stündchen ins Bett und war mit sich und der Welt zufrieden.
Sie wollte nichts weiter, als schlafen, ein wenig Musik hören, Fernsehen und darauf warten, dass Robert wieder nach Hause kam. Mit jedem Tag sah sie sorgenfreier und wohliger aus. Mittlerweile konnte sie kaum begreifen, dass sie vor nur wenigen Wochen noch sehnlichst darauf wartete, ihn endlich in der Tür stehen zu sehen, weil er ihr geliebtes Kokain mitbrachte. Sie hätte nicht erwartet, sich jemals darüber zu freuen, einen unscheinbaren Mann wie Robert an ihrer Seite zu haben. Mit Begeisterung beobachtete er ihre Wandlung. Sie hatte sich in sehr kurzer
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