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Durch die Hölle in den Himmel (German Edition)

Durch die Hölle in den Himmel (German Edition)

Titel: Durch die Hölle in den Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Plüg
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Blick. Er war nicht nur Konsument, sondern, um seinen eigenen Bedarf decken zu können, auch Dealer. Denn, wie die meisten Süchtigen, die sich auf der Straße rumtrieben, verdiente auch er das Geld für den eigenen Konsum, durch den Verkauf von Drogen.
    Deshalb hatte der Typ natürlich einen Riecher für neue Kunden. So war ihm nicht entgangen, was Nadine bewegte, als sie ihm diesen wissenden Blick zuwarf. Der kurze Blickkontakt genügte beiden, um sich als Abhängige zu erkennen. Augenblicklich schlug Nadines mühsam verdrängte Erinnerung erbarmungslos zu. Winzig kleine Spuren des im Rausch erlebten, waren in ihrem Hirn verblieben und sammelten sich rasend schnell zu einem geballten Verlangen, dem sie sich nicht mehr widersetzen konnte.
    Sofort witterte der Dealer ihre Not und machte ohne große Umschweife ein Angebot, dem sie nicht lange widerstehen konnte.
    Er blieb, betont selbstsicher und lässig, mit beiden Händen in den Hosentaschen, kurz vor ihr stehen und sah sie ziemlich unverfroren an.
    „Hallo, ich glaube dir ging es auch schon mal besser, was?“
    „Kann man so sagen“, entgegnete sie noch etwas zurückhaltend. „Wenn man mir das schon ansieht, wird es auch nicht besser“.
    „Ich denke, ich hab das Richtige um dir zu helfen. Zufällig hab ich noch etwas bei mir, wenn du willst kannst es haben.“
    „Und was soll das sein, was mir helfen könnte“.
    Jetzt verlagerte er sein Gewicht auf ein Bein und beugte sich zu ihr vor. „Koks“, flüsterte er nur. Als sie nicht sofort reagierte, schob er nach: „etwas anderes habe ich leider nicht.
    „Ich weiß nicht“, sagte sie zögernd und ebenso leise wie er, „Koks ist schon in Ordnung, nur leider hab ich kein Geld bei mir.“
    Verunsichert drehte sie sich nach allen Seiten um, aber nirgends war jemand zu sehen. Wahrscheinlich hatte er sich schon vor ihr davon überzeugt.
    „Das macht nichts, nimm es nur, vielleicht kannst du mir ja auch irgendwann helfen.“
    Damit war der letzte Widerstand gebrochen. Nur allzu gern nahm sie das „Näschen“, zumal auch noch kostenlos, an. Dass nur dieser eine Trip kostenlos war, um sie als neue Kundin an die Leine zu legen, daran verschwendete sie jetzt keinen Gedanken. Nadine war nicht etwa so naiv, zu glauben, dass es nur bei diesem einen Ausrutscher bleiben würde. Als sie die Chance erhielt, sofort und kostenlos an Kokain zu kommen, hatte sie jeden Verstand verloren und aufgehört zu denken. Sie wusste so gut wie jeder andere auch, dass weder ein trockener Alkoholiker noch ein ehemaliger Raucher, jemals wieder ein Bier oder eine Zigarette probieren durfte, ohne sich in akute Gefahr zu begeben, in die alte Abhängigkeit zurückzufallen. Dass ihre Aussichten auf einen einmaligen Ausrutscher, sogar noch weitaus schlechter waren, als bei einem Raucher, ignorierte sie völlig.
    Jede Sucht verbindet noch eine ganze Weile lang mit sehr vielen, guten Erinnerungen. Sie lauern im Hirn ständig auf ihre Chance und schlagen bei der ersten Gelegenheit wie eine hungrige Bestie zu.
    Ihr Gehirn hatte sich sofort an die schönen, vergessen geglaubten Momente erinnert und damit jeden rationalen Gedanken verhindert. Nahezu willenlos wie eine Marionette ging sie mit ihrem neuen Henkersknecht in den erstbesten Hauseingang, um sich schnell über sein diabolisches Angebot herzumachen.
    Mit intensiver, warmer Genugtuung empfing sie die schnelle Wirkung. Köstlich wie nie zuvor, überschwemmte das altbekannte Wohlbehagen ihren Körper. Sie schloss die Augen, um den Genuss vollkommen in sich aufnehmen zu können. Die Umgebung außerhalb ihres eigenen Ichs war für einen ewig scheinenden Moment komplett aus ihrem Leben verschwunden.
    Doch plötzlich, als sich im oberen Stockwerk eine Wohnungstür öffnete, wurde der Dealer hektisch; er raunte ihr schnell noch zu, wann und wo sie ihn in Zukunft finden würde und war schneller verschwunden, als er aufgetaucht war. Noch bevor sie überhaupt begriff, was er gesagt hatte, stand sie allein in der dunklen Ecke des Treppenhauses. Die schleppenden Schritte über ihr kamen näher und rüttelten sie wach. Doch sie faste sich schnell und ging beschwingt auf die Straße.
    Tief in ihrem Innern schlummerte ein mulmiges Gefühl, wollte die Stimme erheben, doch das unbeschreibliche Glücksgefühl ließ keine Kritik an ihrem Verhalten zu. Nadine ließ sich stattdessen von der Sonne durchfluten, sog sie mit jeder Faser ihres Bewusstseins in sich auf. Wie sehr hatte sie dieses Gefühl vermisst. Ein

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