Durch die Hölle in den Himmel (German Edition)
längerer Zeit aus der Arbeitswelt ausgestoßen wurden, bereits ihren neuen Lebensweg gefunden.
Das einzig Erstrebenswerte, was diese vergessenen Seelen in ihrem Leben noch suchten, war: Vergessen. Sich mit Alkohol dermaßen zu betäuben, dass sie den Rest ihres traurigen Daseins vergessen konnten. Zunächst schaukelten sie sich mit jedem weiteren Schluck gegenseitig hoch, bis sie so groß waren, dass sie sich bücken mussten, um es sich auf Wolke sieben bequem zu machen. Doch jedes Mal kam der unvermeidliche Absturz.
Wenigstens schafften sie noch den Weg ins Bett und blieben nicht neben der letzten, zerschlagenen Flasche liegen.
Spontan Henry fiel ein leicht abgewandelter, alter Filmtitel mit Clint Eastwood dazu ein:
„ Schnaps leichen pflastern seinen Weg.“
Immerhin wusste Henry inzwischen, wo er seinen Kaffee bekommt. Und er kannte sogar schon einen Weg, auf dem er nicht so sehr auf jeden seiner Schritte achten musste.
Wenn ich großes Glück hab, sitzt da wieder diese scharfe Braut von gestern auf der Mauer.
„So wie die “, dachte Henry, „sollten ursprünglich wohl alle Frauen aussehen. Dann hat Satan dem lieben Gott aber in die Suppe gespuckt, und aus lauter Bosheit einen Fehler in den geplanten Ablauf der Produktion eingebaut. Seither kommen die meisten jetzt anders vom Band als anfänglich beabsichtigt. Doch selbst das hat einen Vorteil, denn die, die nicht so gut gelungen sind, werden nicht ihr Leben lang von Männern belästigt, und haben es somit in den meisten Fällen leichter, völlig frei von Sünde zu leben.
Und deshalb kommen sie direkt in den Himmel. Die gut gelungenen hingegen, werden den ständigen Versuchungen früher oder später nachgeben und kommen dafür zwangsläufig in die Hölle, wo Satan das Schlitzohr schon wartet und sich in Vorfreude die Hände reibt.“
Henrys brotlose Gedankenspiele hinterließen bei ihm den Eindruck, als sei der Weg zum Café kürzer, als beim ersten Mal.
An einem der Außentische standen drei mehr oder weniger verschlafene Raucher mit ihrem Kaffeebecher und redeten miteinander.
Es sah aus, als höre keiner dem anderen wirklich zu. Henry warf ihnen nur ein flüchtiges „Hallo“ zu und ging, ohne eine Erwiderung auf seinen Gruß zu erwarten, in den Laden.
„Hallo Henry, wie steht es mit deiner Laune heute Morgen?“
„Du fängst ja gut an, Helga.“
Sofort schaltete er auf Widerstand.
„Könnte ich bitte erst mal einen Kaffee bekommen, ohne mir deine spitzen Bemerkungen anhören zu müssen?“
„Aber sicher bekommst du deinen Kaffee, Henry. Wenn du willst, mache ich dir auch noch ein Brötchen fertig. Musst mir nur sagen, womit ich es belegen soll.“
Bei diesen Worten sah er entsetzt auf ihre ungepflegten, schmierigen Hände und hoffte, dass der Kaffeebecher mindestens einen Durchgang in der Spülmaschine hinter sich hatte.
„Ne, lass man gut sein, mit dem Kaffee bin ich schon bedient.“
Helgas Handy klingelte, was selbstverständlich wichtiger war, als Henrys Kaffee.
„Hallo mein Schatz….ja…wenn du jetzt los gehst, dann…ja…dann bist du noch rechtzeitig in der Schule…ja, Mama hat dich auch lieb.“
„Was ist das nun wieder? Ein Kind kann ein Handy bedienen, aber weiß nicht wann es zur Schule gehen muss?“ Er verstand diese Menschen schon lange nicht mehr und trotzdem kamen immer neue Gründe für sein Unverständnis hinzu.
Als sie ihm dann endlich den Kaffeebecher reichte, versuchte er ihre ungepflegten Hände zu ignorieren, doch leider fehlte ihm das Talent dazu. Im Gegenteil, Dreck und Elend, zog seine Aufmerksamkeit unweigerlich an. Ihm blieb nur die Hoffnung, dass der Kaffee, auf dem Weg in den Becher keiner schwerwiegenden Verschmutzung ausgesetzt war.
Mit dem Kaffee und einer Tageszeitung verkrümelte er sich an den letzten Tisch in der hintersten Ecke.
Hier an der Bushaltestelle fanden sich doch erstaunlich viele Arbeitnehmer ein. Dauernd kamen Leute in den Laden, um Brötchen und eine Zeitung zu kaufen. Eine Drehtür wäre um diese Uhrzeit sinnvoll gewesen.
Auf diese Weise bekam Henry einen Eindruck von den grundverschiedenen Nationalitäten, die sich hier niedergelassen hatten.
Aber heimeliger wurde ihm dadurch auch nicht.
Kapitel 29
Helga begann zu quengeln, weil sie schon seit einer Stunde keine Zigarette geraucht hatte. Ihr Mann hatte sich wieder einmal in der Stoßzeit zum Einkauf verabschiedet.
„Immer die ungünstigste Zeit“, fluchte sie, „da ist an
Weitere Kostenlose Bücher