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Durch einen Spiegel, in einem dunklen Wort

Durch einen Spiegel, in einem dunklen Wort

Titel: Durch einen Spiegel, in einem dunklen Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jostein Gaarder
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lachte.
    »Stimmt, das ist ein seltsamer Gedanke.«
    »Wenn Gott den Gesichtssinn nicht erschaffen hätte, hätte er seine Schöpfung nicht mit euch teilen können. Und dann würde der Garten Eden noch immer in ägyptischer Finsternis liegen.«
    »>In ägyptischer Finsternis««, wiederholte Cecilie, weil es sich so traurig anhörte.
    »Jedes einzelne Auge ist ein kleiner Zipfel des göttlichen Mysteriums«, sagte Ariel. »Der Gesichtssinn ist der Treffpunkt zwischen Dingen und Denken, er ist das Perlentor zwischen Sonne und Sinn. Das Menschenauge ist der Spiegel, wo sich der erschaffende Raum in Gottes Bewußtsein mit dem erschaffenen Raum draußen begegnet.«
    Sie hob den Arm, um ihn zum Schweigen zu bringen.
    »Ich glaube, das letzte habe ich nicht verstanden.«
    Und der Engel Ariel erklärte:
    »Einige Engel im Himmel halten jedes einzelne Auge, das Gottes Schöpfungswerk sieht, für Gottes eigenes Auge. Denn wer behauptet, Gott kann nicht viele Milliarden Augen haben? Vielleicht hat er Milliarden kleiner Fotozellen über seiner Schöpfung ausgestreut, um zu jeder Zeit seine eigene Schöpfung aus Milliarden verschiedenen Winkeln sehen zu können. Aber die Menschen können nicht viele hundert Meter unter der Wasseroberfläche herumschwimmen, deshalb hat er auch den Fischen Augen gegeben. Und die Menschen können auch nicht fliegen, aber in jedem Moment liegt unter dem Himmel ein lebendiger Teppich aus Vogelaugen und blickt auf die Erde hinab. Doch das ist noch nicht alles .«
    »Erzähl weiter!«
    »Es kommt vor, daß ein Mensch seine Augen zu seinem himmlischen Ursprung erhebt. Und das ist dann so, als ob Gott sich selbst im Spiegel erblickte.«
    Cecilie schnappte nach Luft.
    »Himmel und Erde!« rief sie.
    »Wie Himmel und Erde, ja.«
    »Was denn?«
    »Der Himmel spiegelt sich im Meer. Und genauso kann Gott sich in zwei Menschenaugen spiegeln. Denn das Auge ist der Spiegel der Seele, und Gott kann sich in der Menschenseele spiegeln.«
    Sie war tief beeindruckt:
    »Du hättest Pastor werden sollen, wenn das nicht alles eine Irrlehre ist.«
    Er lächelte schelmisch.
    »Wir nehmen so was im Himmel nicht so genau. Dort wissen wir seit jeher, daß die Schöpfung ein großes Rätsel ist, und wenn etwas ein Rätsel ist, dann ist Raten erlaubt.«
    Sie zog die Schultern hoch.
    »Wenn du so feierlich wirst, läuft es mir jedesmal kalt den Rücken runter. Vielleicht habe ich auch Fieber. Müssen wir wirklich noch mehr über die Sinne reden?«
    »Es sind doch nur noch zwei übrig. Magst du Gesang und Musik?«
    »Im Moment höre ich am liebsten Weihnachtslieder von Sissel Kyrkjeb0. Ehe ich dich kennengelernt habe, fand ich immer, sie sieht wie ein Engel aus. Aber jetzt weiß ich ja, ihre >Engelhaare< beweisen nur, daß auch sie von den Affen abstammt. Manche Leute sagen übrigens, ich hätte Ähnlichkeit mit ihr.«
    »Ah ja.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich kann die Ähnlichkeit sehen.«
    »Hast du denn Sissel Kyrkjeb0 schon mal gesehen?«
    »Läßt sich ja fast nicht vermeiden.«
    »Von welchem Sinn sprechen wir eigentlich jetzt?«
    Ariel lachte.
    »Es macht wirklich Spaß, mit dir zu reden, Cecilie! Ich frage dich, ob du Musik magst, damit du mir erzählst, was es für ein Gefühl ist, etwas zu hören. Für die Engel im Himmel ist es nämlich ganz unbegreiflich, daß Fleisch und Blut über diese Fähigkeit verfügen.«
    »Wieso ist das unbegreiflich?«
    »Hältst du es denn nicht für ein kleines Geheimnis, daß die Vögel dermaßen drauflos zwitschern, daß andere Vögel den Gesang noch über viele Kilometer Entfernung hören können? Diese kleinen Wuschel sind quicklebendige Flöten, die unablässig auf sich selber spielen. Und fast genauso verwunderlich ist es, daß alles, was ich jetzt sage, dich erreicht.«
    »Ich finde, jetzt übertreibst du den Unterschied zwischen euch und uns wieder. Du kannst doch auch hören, was ich sage.«
    Ariel stieß einen lauten Seufzer aus.
    »Wenn du uns noch ein einziges Mal vergleichst, nur, um dir die Sache leichter zu machen, besuche ich lieber eine andere Patientin. Es gibt sehr viele kranke Menschen, zu denen kein einziger Engel kommt.«
    Cecilie sagte schnell:
    »Du willst sicher sagen, du hörst nicht mit lebendigen Ohren, so wie ich, sondern unsere Gedanken vermischen sich gewissermaßen ...«
    »So ungefähr. Entschuldige übrigens, daß ich das mit der anderen Patientin gesagt habe. Es ist ja nicht deine Schuld, daß du nur Bruchstücke verstehst. Du siehst alles durch einen

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