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Durch einen Spiegel, in einem dunklen Wort

Durch einen Spiegel, in einem dunklen Wort

Titel: Durch einen Spiegel, in einem dunklen Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jostein Gaarder
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Badezimmer.«
    »Aber, Mama...«
    »Ja?«
    »Kann Kristine mir nicht einfach die Spritze geben, und fertig?«
    »Ja, sicher.«
    »Sie redet immer soviel darüber, wie es mir geht und wie alles heißt und so. Und ich habe das alles so satt. Es ist doch der Erste Weihnachtstag.«
    »Aber vielleicht muß sie dich ein bißchen untersuchen.«
    »Wenigstens mußt du dabei sein. Und wenn sie anfängt, mich zu trösten oder große Worte zu machen, setzt du sie vor die Tür, versprich mir das! Ich weiß ja doch nicht, was ich ihr antworten soll.«
    »Ich will’s versuchen.«
    »Und, Mama, ich werde ganz bestimmt wieder gesund. Das verspreche ich dir.«
    »Ja, das wirst du.«
    »Aber nur ich darf sagen, daß ich bald wieder gesund werde. Wenn ihr das sagt, habe ich das Gefühl, ihr wollt mich quälen.«
    »Scherzkeks!«
    Cecilie blickte auf.
    »Du weinst doch nicht etwa?«
    Mama wischte sich die Augen.
    »Nein, das nicht.«
    »Du hast jedenfalls Tränen in den Augen.«
    »Ach, ich hab vorhin bloß Zwiebeln geschnitten.«
    »Schon wieder?«
    Nachdem Cecilie ihre Medikamente bekommen und gegessen hatte, besuchte die ganze Familie sie der Reihe nach. Lasse hatte seine Jetskier an der Böschung unten beim Fluß ausprobiert. Der ganze Fluß war zugefroren, er hatte das Wasser unter dem Eis nicht mal plätschern hören. Einige Jungs aus der fünften und sechsten Klasse waren an der breitesten Stelle auf dem Fluß Schlittschuh gelaufen.
    Cecilies Vater brachte eine neue Nummer der »Illustrierten Wissenschaft«. Er hatte ihr schon einen ganzen Stapel davon geschenkt. Als erstes hatte er ihr eine Nummer mit
    einem Artikel über Mineralien und Halbedelsteine gegeben: »Warum die Berge die Schatzkammern der Erde sind«. Sie hatte auch einige andere Artikel gelesen und dann um weiteren Lesestoff gebeten. Das war lange her. Cecilie schaffte es nicht mehr, lange am Stück zu lesen.
    Großvater wollte über die Ferien auf Kreta sprechen. Sie waren allesamt dort gewesen, auch Oma und Opa. Damals hatten sie gerade erfahren, daß Cecilie krank war. Sie war schon zum ersten Arzt gegangen ...
    Es war ein »Traumurlaub« gewesen, da war sich die ganze Familie einig. Vierzehn wunderbare Tage hatten sie in der Sonne, am Strand und in aufregenden Restaurants mit lustigen Kellnern verbracht. Und während der ganzen Zeit hatten andere zur Schule oder zur Arbeit gehen müssen. Eines Tages hatten sie die Vulkaninsel Santorini besucht. Sie waren mit dem Schiff in den großen Krater gefahren, der vor 3500 Jahren entstanden war, als bei einem Vulkanausbruch die halbe Insel unterging. Um die Stadt Thera zu erreichen, hatten sie auf Maultieren den steilsten Weg hinaufreiten müssen, den Cecilie je gesehen hatte. Und dann hatten sie an einem Lavastrand gebadet, wo der Sand pechschwarz und außerdem durch die brennende Sonne feuerheiß war.
    An manchen Nachmittagen war die Familie über den langen Kieselstrand gewandert und hatte nach schönen Steinen gesucht und sich dabei vor den starken Wellen hüten müssen, die die Steine zwischen ihren Füßen kullern, rollen und kugeln ließen. Cecilie war die Richterin gewesen. Nur sie durfte entscheiden, welcher Stein schön genug war, um einen Platz im Reisegepäck zu verdienen. Sie hatten mehrere Kilo mitgenommen. Und jetzt wollte Großvater hören, daß er den allerschönsten Stein gefunden hätte.
    »Das waren wirklich schöne Tage, Cecilie ...«
    Die Traumreise nach Kreta hatte Ende September stattgefunden. So lange war Cecilie schon nicht mehr ganz gesund. Aber sie war bis Anfang November zur Schule gegangen. Danach hatte sie einige Wochen im Krankenhaus gelegen. Später war ihr Lehrer zweimal gekommen, um zu erzählen, was gerade in der Schule durchgenommen wurde.
    Als letzte setzte sich Großmutter zu ihr. Schon als Cecilie noch ganz klein gewesen war, hatte Großmutter ihr Geschichten erzählt. Aber das waren niemals die normalen Märchen gewesen. Sie erzählte von den alten Göttern, an die die Wikinger geglaubt hatten. Manchmal hatte sie aus Snorres Götterlehre vorgelesen, und die Geschichten waren so spannend gewesen wie Märchen. Zuletzt hatte sie aus einer Kinderbibel vorgelesen, die Cecilies Mutter schon als kleines Kind gehabt hatte. So alt war die Bibel!
    Heute erzählte sie über Odins Raben. Die hießen Hugin und Munin und konnten durch die ganze Welt fliegen, um alles im Auge zu haben. »Hugin« bedeutet »Gedanke«, und »Munin« bedeutet »Sinn«. Abends kehrten die beiden Raben zu Odin zurück

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