Durch Himmel und Hoelle
hohe Alter, umgeben von einem Hau- fen Enkelkinder, Ihr Gatte war ergebener Diener, und seine Vaga- bundenjahre waren wohl vergessen.«
»Wie's aussieht, gibt's in dieser Familie häufiger Schufte«, kom- mentierte Elysia säuerlich.
»Entdeckst du gerade, was für ein böser Bube mein Bruder sein kann?« fragte Peter, der ihre gemurmelten Worte gehört hatte.
»Das habe ich gewußt, seit ich ihn kennengelernt habe«, erklärte Elysia gereizt.
»Ach ja? Und warum hast du ihn dann nicht gemieden wie die Pest?« fragte er und überlegte, ob das, was der Joker gesagt hatte, nicht vielleicht doch die Wahrheit gewesen war. Was für ein wilder Auftritt das gewesen sein muß, dachte er belustigt, als sich die bei- den Hitzköpfe an die Kehle gingen.
Er wußte nicht, welches Spiel Alex spielte, aber wenn er nicht vorsichtig war, würde er Elysia verlieren, und das wäre wirklich schade. Zum Teufel mit ihm, warum spielte er den Liebhaber bei Mariana? In London war er sehr froh gewesen, sie loszuwerden. Alex versuchte, Elysia eifersüchtig zu machen, und das bedeutete, daß er sie wirklich liebte. Sonst hätte er sich nicht die Mühe gemacht - das war nicht sein Stil. Aber irgend etwas stimmte nicht dabei; und wenn Alex sich nicht in Acht nahm, ging der Schuß nach hinten los. Er traute dieser falschen Katze Mariana nicht.
Soll ihn der Teufel holen, dachte er bei sich, als er sah, wie Elysia die Stirn runzelte und ins Feuer starrte. Wahrscheinlich überlegte sie, was Alex und Mariana trieben.
Elysia stand plötzlich auf und nahm das Buch, in dem sie eigent- lich hatte lesen können. »Ich reite aus - ich halte es nicht mehr aus!« sagte sie und rannte mit rauschenden rosafarbenen Röcken aus dem Zimmer.
Peter wollte widersprechen, dann zuckte er mit den Achseln, als die Tür zuschlug, bevor er ein Wort hervorgebracht hatte. Er stand langsam auf und ging zum Fenster, innerlich seinen Bruder verflu- chend. Er sah hinaus und betrachtete nachdenklich den zerfließen- den weißen Nebel, der um die Felsen wirbelte und das Meer ver- hüllte. Nebel - o Gott, was für ein deprimierender Tag. Er hoffte, Elysia würde zurückkommen. Aber sie war in einer so unberechen- baren Stimmung, daß sie zu allem imstande war. Sie war sehr dick- köpfig und ritt mit Ariel, ihrem phantastischen Pferd, jeden Nach- mittag aus, ohne Rücksicht auf das Wetter zu nehmen. Kein Wun- der, daß zwischen ihr und Alex dauernd die Funken sprühten. Peter schüttelte den Kopf und goß sich einen Schluck Brandy ein, bevor er sich der Kälte und Elysias Zorn stellte.
Elysia schob den dicken Band zwischen die anderen Bücher auf dem Regal zurück und merkte sich den Platz. Sie würde es noch ein- mal lesen müssen. Ihr Kopf war so voll Gedanken gewesen, daß sie sich nicht einmal an die Hälfte dessen erinnern konnte, was sie am Morgen gelesen hatte.
»Mein Liebling, endlich sind wir einmal allein. Müssen uns im- mer unerwünschte Blicke und Ohren verfolgen«, beschwerte sich eine verdrießliche Stimme.
Elysia erstarrte, als die Tür zur Bibliothek zuging und sie das Ra- scheln von Röcken hörte.
»Oh, Alex. Warum hier? Du weißt, daß ich Bücher hasse! Und hier sind so ungeheure Mengen davon.«
»Du wolltest doch allein sein, Mariana, oder?« erwiderte Alex mit seiner tiefen Stimme.
»Natürlich, das wollte ich, und das war mein Grund dafür.«
Es war ganz still im Zimmer. Elysia wagte nicht, sich zu bewegen. Von ihrem Platz auf der oberen Etage hätte sie das ganze Zimmer überblicken können, aber sie stand ganz ruhig in der Ecke und preßte den Rücken gegen das kalte Glas des Fensters. Sie hörte einen
langgezogenen Seufzer, dem ein leises, verführerisches Lachen folgte. Elysia drückte ihre Handknöchel fest gegen ihren Mund, um den Schmerzensschrei zu ersticken, der ihr in der Kehle aufstieg.
»Ich habe dich so vermißt, mein Geliebter«, murmelte Mariana. »Du mußt mir teuer dafür bezahlen, daß du mich in London hast sitzenlassen und diese Person geheiratet hast.«
»Ich werde mehr als bereit sein, jeden Preis zu zahlen, den du ver- langst«, entgegnete Alex träge, seine Stimme jagte eine Welle von Schmerz und Sehnsucht durch Elysias Körper, als sie sie hörte.
»Mmmm, da muß ich mir irgend etwas Teuflisches ausdenken, was meine verletzten Gefühle beruhigen könnte. Du warst ziemlich brutal zu mir, und eigentlich sollte ich mit dir kein Wort mehr spre- chen, Alex.«
»Wenn das dein Wunsch ist«, erwiderte Alex gelangweilt.
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