Durch Himmel und Hoelle
vorteilhaft, wenn man dann auf einen Araber trifft. So zivili- siert diese alte Rasse auch sein mag, in London hält man sie für Hei- den. Die feine Gesellschaft findet ja jeden Fremden heutzutage be- drohlich.«
»Ja, aber du vergißt, wie sehr die gute Gesellschaft Geheimnisse und Romanzen liebt. Wir sind, oder wenigstens Alex ist berüchtigt, und man redet über uns. Kannst du dir nicht vorstellen, wie es die Gerüchteküche anheizen würde, wenn eine arabische Prinzessin als Ahnfrau auftauchte?«
»Ist es nur ein Gerücht?« wollte Elysia wissen.
»Nein, es ist wirklich wahr. Und das, meine liebe Schwägerin, würde die gute Gesellschaft in den Grundfesten erschüttern, wenn die Leute erführen, daß es wahr ist. Es würde zu der Legende um die Trevegnes beitragen. Sie wären vor Angst sprachlos, wenn sie die Geschichte unserer etwas abenteuerlichen Familie genau kennen würden.«
»Jetzt hast du meine Neugierde angestachelt, und es ist nur fair, wenn du mir die Geschichte erzählst. Du kannst mir vertrauen. Ich bin schließlich auch eine Trevegne, oder?«
»Ja, das ist wahr, aber du mußt dein Ehrenwort geben, nie ein Wort über den Makel in unserer Blutlinie verlauten zu lassen«, flü- sterte er.
»Ich verspreche es«, sagte Elysia mit einem Augenzwinkern, das die Tränen aus ihren Augen verscheuchte.
Peter lächelte anerkennend, führte sie zu einem Stuhl, setzte sich auf den Teppich vor dem Kamin und streckte seine langen Beine der Wärme entgegen. Er lächelte gewinnend. »Wir haben eine sehr un- feine Vergangenheit, mußt du wissen.«
»Ja, ich habe von dem Freibeuter gehört.«
»O ja, das war ein toller Kerl«, meinte Peter stolz. »Ich hätte gar nichts dagegen, in diese abenteuerliche Zeit zurückzukehren - vol- ler Fechtkämpfe und kühner Rettungen schöner Jungfrauen«, sagte er verträumt und sah sich im Geiste mit Degen und Dreispitz. »Die- ser Vorfahre war ein richtiger Abenteurer. Er muß die Welt einige Male umsegelt haben während seiner Reisen, und er hat für die nachfolgenden Generationen den Weg gewiesen.«
»Einschließlich des Freibeuters, der die große Halle mit seinen Trophäen ausgeschmückt hat?« hänselte ihn Elysia.
»Er war doch ein gutes Vorbild, oder?«
»Vorbild für wen, muß man sich da fragen?«
»Nun, man kann sagen, er hat neue Horizonte erschlossen, uns
dazu ermutigt, unser Wissen über Land und Leute zu erweitern und fremde Länder zu besuchen«, fuhr Peter dramatisch fort und genoß die Rolle des Geschichtenerzählers. »Also, zurück zum ersten Alexander, von dem natürlich mein Bruder seinen Namen hat«, grinste er.
»Natürlich. Ich habe nichts anderes erwartet«, stimmte Elysia ein.
»Während er entdeckenderweise unterwegs war, wurde er in ein Gefecht mit einem arabischen Sklavenschiff verwickelt, das schwer- beladen mit dem Erlös vom Verkauf der armen Teufel war und ei- nen ganz besonderen Passagier, um den noch gefeilscht werden mußte, an Bord hatte. Das war eine besonders wertvolle Ladung - die Tochter eines Scheichs aus einem der vermögenden Wüstenrei- che. Ich habe gehört, die leben dort wie Könige in ihren Zelten. Der Prinz of Wales könnte nicht einmal mithalten mit dem vielen Gold und den Juwelen, die sie besitzen. Diese Sklavenhändler hatten die Tochter eines Wüstenkönigs entführt, um Lösegelder zu erpressen, und sie dann wahrscheinlich an den Meistbietenden versteigern las- sen. Ihr Schicksal war besiegelt, bis mein säbelrasselnder Vorfahre auftauchte und sie für sich beanspruchte. Ihre dunklen Haare und goldenen Wüstenaugen haben ihn dann so verzaubert, daß er sie als seine Braut mit nach Hause brachte. Deswegen tauchen die Goldau- gen in jeder zweiten Generation wieder auf«, schloß Peter befriedigt und kam sich wie ein Märchenerzähler aus dem alten Bagdad vor.
»Das ist ja eine wunderbare Geschichte, Peter, aber ich bezweifle, ob es in Wirklichkeit so romantisch zuging, wie du sie erzählt hast. Dein Vorfahr war ein Pirat, der sich genommen hat, was ihm gefiel, ohne auf die Gefühle des armen Mädchens Rücksicht zu nehmen. Sie hatte wahrscheinlich Todesangst. Erst von Sklavenhändlern ent- führt zu werden und dann von einem Piraten, der aus einem Land stammte, von dem sie nie etwas gehört hatte, dazu verurteilt, ihre Familie nie wiederzusehen.«
»Das ist auch möglich. Er soll ein ziemlicher Schuft gewesen sein. Besagte Dame gebar ihm jedoch acht Söhne und drei Töchter und lebte hier in Westerley bis ins
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