Durch Himmel und Hoelle
wirst du mich anfle- hen, mich, Clara Blackmore, die kleine Schauspielerin, über die all die feinen Damen die Nase gerümpft haben, während ihre Männer mich ausgehalten haben. Du wirst um Gnade winseln, damit ich deinen wunderschönen langen Hals verschone.«
»Niemals!« sagte Elysia in herrischem Ton und schob ihr Kinn vor. »Da ich Euch nicht daran hindern kann, mich umzubringen, werde ich zumindest meine Würde bewahren und nicht mit sol- chem Pöbel wie Euch um mein Leben schachern«, sagte sie mit ei- nem verächtlichen Blick auf Mrs. Blackmore.
Mrs. Blackmores Hand zitterte, aber es gelang ihr, Gleichgültig- keit zu heucheln. »Tapfere Worte, Lady Trevegne, wirklich sehr tapfer. Aber ich frage mich, wie lange diese Würde wohl Bestand hat, wenn der Tod immer näher kommt, bis ihr seinen Odem einat- men könnt?«
»Würde ist etwas, was Ihr nie kennenlernen werdet oder auch nur begreifen könnt. Das ist zu hoch für Euch«, erklärte Elysia kühn, und ihre Augen loderten wie grüne Flammen, »und glaubt ja nicht, daß Ihr Erfolg haben werdet, Mrs. Blackmore. Soll ich Euch etwas prophezeien?«
»Genug! Euer Spiel gefällt mir nicht, ich bin doch keine Närrin. Prophezeiung - ha!« Mrs. Blackmore lachte verächtlich.
»Oh, es sollte Euch aber interessieren. Man hat mich schon öfter bezichtigt, eine Hexe zu sein.« Elysia lachte, als sie sah, daß die an- dere Frau einen Moment lang wirklich überrascht war.
»Ah, ich sehe, Ihr glaubt doch daran, wenn vielleicht auch nur ein bißchen. Laßt Euch Eure Zukunft prophezeien. Ihr werdet vernich- tet und entlarvt, überführt und demaskiert als die Verräterin, die Ihr seid, meine liebe Mrs. Blackmore. Das geschieht sehr bald. All das Geld und die Macht, die Ihr so begehrt, werdet Ihr nicht genießen können, denn mein Tod wird auch nicht ungesühnt bleiben«, ver- sprach Elysia mit leiser Stimme, die klang wie ein Fluch, den sie her- aufbeschwor.
Die beiden großen Männer hinter Mrs. Blackmore traten nervös von einem Bein aufs andere und starrten fasziniert das Farbenspiel in Elysias Haar an, das aussah, als würden die Flammen der Fackeln darin tanzen.
»Tötet sie!« kreischte Mrs. Blackmore und wich erschrocken vor Elysia und dem seltsamen grünen Leuchten aus ihren schrägen Au- gen zurück. In diesem schönen Gesicht war keine Spur von Todes- angst zu sehen, nur ein Lächeln, als sie die Zweifel und Angst von Mrs. Blackmore erkannte. »Du wirst sterben!« zischte Mrs. Black- more und ging zur Mündung der Höhle. »Bringt sie schnell um - auf uns wartet heute nachmittag viel Arbeit. Adieu, Lady Tre- vegne«, fügte sie lachend hinzu, dann verschwand sie durch den Ausgang.
Elysia stand schweigend den beiden Männern gegenüber, die sie abschätzend musterten. Sie fragten sich anscheinend, ob sie sich wehren würde. Na ja, sie würden bald feststellen, daß sie kein wehr- loser Feigling war. Wenn sie schon sterben mußte, dann wenigstens nicht kampflos.
Aber die beiden hatten zuerst noch andere Pläne mit ihr. Sie sollte nicht gleich sterben und wenn, dann ohne einen Fetzen Würde. Ely- sia stockte das Herz, als sie begriff, was sie planten. Sie beobachtete, wie sie sich erwartungsvoll ihre dicken Lippen und faulen Zähne leckten.
»Du wirst doch dem alten Jack jetzt keinen Ärger machen, was?« fragte einer von ihnen, als er ihre geballten Fäuste bemerkte. »Du kannst gar nichts dagegen machen, meine Hübsche. Und ich denke, wir sollten noch ein bißchen Spaß mit dir haben, bevor wir dir den Garaus machen.«
»Ja, ich hab' gehofft, daß du so denkst, Jack mein Alter«, fügte sein Freund hinzu und begann, sich anzuschleichen wie ein Jäger an seine Beute.
»Nicht so schnell, Freundchen. Ich krieg' sie zuerst«, warnte Jack
seinen kleineren Kumpanen.
»Und wer sagt das?«
»Ich. Das ist wohl Antwort genug, wenn du weißt, was gut für dich ist«, drohte er knurrend.
Elysia wich einen Schritt zurück. Es wäre wohl zu vermessen, sich der Hoffnung hinzugeben, daß die beiden sich gegenseitig um- bringen würden, ehe sie sie vergewaltigten. Wenn es doch nur ir- gendeine Möglichkeit gäbe zu fliehen, aber die beiden waren zu groß und zu stark. Sie hatte keine Chance. Sie konnte sie nicht be- stechen - welche Verlockung wäre schon groß genug, daß sie dafür den Galgen riskierten? Sie laufen zu lassen würde die Schurken in Gefahr bringen, als Schmuggler entlarvt zu werden, oder noch schlimmer, als Verräter und möglicherweise Mörder.
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