Durch Himmel und Hoelle
ihren Herrn und Meister willkommen heißt.«
»Für dich gibt es nur Hohn«, konterte Elysia wütend. Sie schritt zur Tür, drehte sich um und warf ihm einen giftigen Blick aus ihren strahlendgrünen Augen zu. »Dann soll dieser Hohn von Ehe auch so bleiben, wie er ist, und keiner von uns fordert oder erwartet ir- gend etwas vom anderen!«
Elysia stürmte aus dem Zimmer und achtete nicht darauf, daß er zornig und herrisch ihren Namen rief.
Elysia rollte sich auf den Rücken und starrte in die Schwärze des Himmels über ihrem Bett. Seit Stunden wälzte sie sich schon hin und her. Es hatte keinen Sinn, sie konnte nicht einschlafen. Sie setzte sich auf und schlang die Arme um ihre Knie. Sie dachte an das endlose Abendessen, das sie über sich hatte ergehen lassen, ohne zu wissen, was sie aß, während Gang für Gang, Gericht für Gericht serviert und wieder abgedeckt wurde. Sie war froh, daß die riesige Tafel sie vom Marquis trennte, der sie mit grimmiger Miene vom an- deren Ende des Tisches anstarrte. Sie bezweifelte, ob sie je gemein- sam ein Mahl genießen würden. Der arme Antoine, der tempera-
mentvolle französische Meisterkoch Seiner Lordschaft, war sicher den Tränen nahe bei dem Gedanken, daß seine kulinarischen Köst- lichkeiten ungekostet dem Personal serviert wurden.
Wie lange würden sie beide diese ständige Kriegsstimmung noch aushalten? In Elysias erschöpften Augen sah es fast so aus, als würde Seine Lordschaft dabei aufblühen. Sie dagegen war ständig ange- spannt und nervös, weil sie auf die nächste Bemerkung wartete, die sie kontern mußte. Ihre geistigen Fähigkeiten waren bis an die Grenzen gefordert.
Sie war beunruhigt und fühlte sich wie am Rande eines Abgrunds, wo jeder falsche Schritt sie in Tiefen stürzen konnte, aus denen es kein Entrinnen gab. Obwohl sie den Charakter Seiner Lordschaft nicht sonderlich gut kannte, wußte Elysia doch instinktiv, daß er vor Wut kochte und mit jeder Stunde noch dämonischer wurde. Sie hatte anscheinend die Fähigkeit, ihn bis aufs Blut zu reizen. Nun ja, der arrogante Marquis hatte in der Tat seinen Meister in ihr gefun- den, dachte Elysia zufrieden grinsend. Sie genoß es, ein Dorn in sei- nem Fleisch zu sein. Wenn sie ihre Trümpfe richtig ausspielte, würde der Marquis schon sehen, wer die besseren Karten in diesem Spiel des Geistes hatte. Aber sie dachte natürlich nicht im Traum daran, ihre Position zu gefährden, indem sie zu weit ging und ihn einmal zu oft reizte. Heute hatte sie sein Blut sicher zum Kochen ge- bracht, und sie hatte einen kurzen Einblick unter sein beherrschtes Äußeres bekommen, unter dem leidenschaftliche Gefühle brodel- ten. Ja, sie hatte allen Grund, sich zu fürchten. Von jetzt an würde sie ganz vorsichtig sein. Sie wollte sich nicht in Gefahr bringen, in- dem sie leichtsinnig mit dem Marquis spielte.
Elysia warf die Decke zurück und glitt aus dem Bett. Sie tastete nach den zierlichen türkisfarbenen Pantoffeln, die genau zu ihrem Samtmorgenmantel paßten. Seine Wärme war sehr willkommen, als sie ihn über das dünne Batistnachthemd mit der hohen Taille, die von zwei Samtbändern gehalten wurde, streifte.
Sie band den Gürtel fest um ihre Taille und zündete sich an der Glut im Kamin eine Kerze an. Dann ging sie den stillen Korridor entlang, wo man nur in der Ferne das gedämpfte Rauschen des Mee- res hörte. Elysia ging langsam und versuchte, nicht in die dunklen Nischen und Ecken zu schauen, in die das flackernde Licht ihrer Kerze nicht vordrang. Sie schützte die Flamme mit ihrer Hand, da- mit kein plötzlicher Luftzug sie löschen konnte.
Als sie am Ende der Treppe angelangt war, hörte sie, wie die Standuhr in der Halle zwei Uhr schlug. Elysia warf einen hastigen Blick auf die Tür von Lord Trevegnes Arbeitszimmer. Kein Licht schien unter der Tür durch, er mußte wohl endlich zu Bett gegangen sein. Er hatte sich nach dem Hauptgericht eine Flasche Portwein von der Anrichte genommen und war, ohne auf den Nachtisch zu warten, gegangen. Dann hatte er sich in seinem Arbeitszimmer ein- geschlossen und war immer noch dort gewesen, als sie sich ein paar Stunden später zurückzog.
Elysia hielt ihre Kerze hoch und studierte die Titel der Bücher- reihe in einem der Regale der Bibliothek. Eines davon würde ihr doch sicher helfen einzuschlafen. Elysia wollte sich gerade einen dicken lateinischen Band herausnehmen, als sie plötzlich das Gefühl hatte, nicht allein zu sein. Sie drehte sich rasch um.
Lord
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