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Durch Zeit und Raum

Durch Zeit und Raum

Titel: Durch Zeit und Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine L'Engle
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das ist bloß eine Legende. Fest steht hingegen, daß im Jahr 1865 eine Gruppe aus Wales nach Patagonien auswanderte und sich in der unfruchtbaren Ebene am Ufer des Chubut niederließ.«
    »Dann könnte also Mad Dog Branzillo walisisches Blut in den Adern haben?«
    »Das wäre durchaus denkbar, obwohl Branzillo nicht gerade ein walisischer Name ist.«
    »Wann, sagst du, haben diese Leute Wales verlassen?«
    » 1865 .«
    »Und es gibt keine andere Verbindung zwischen Wales und Vespugia?«
    »Im Lexikon steht jedenfalls nichts darüber.«
    Meg überlegte. »Auch gut. Dann sag mir genau, was 1865 geschehen ist.«
    Dennys feixte. »Wenn du von Sandy Geschichtsunterricht haben willst, mach es dir lieber erst einmal bequem, Meg. Kommt deine Neugierde vielleicht von der Schwangerschaft, so wie deine plötzliche Vorliebe für Erdbeeren?«
    »Für Himbeeren, Bruderherz. Nein, ich glaube, mit meiner Schwangerschaft hat das nichts zu tun.«
    »Warte, ich hole das Historische Tagebuch .« Sandy ging zum Bücherregal, zog einen dicken, bereits ziemlich abgegriffenen Band heraus und begann zu blättern. »Ah, da ist es schon. 1865 . Am 9 . April streckte Lee in Appomatox die Waffen, und am 14 . wurde Abraham Lincoln ermordet. Der Amerikanische Bürgerkrieg endete am 26 . Mai.«
    »Es tat sich also einiges in diesem Jahr.«
    »Kann man wohl sagen. In England starb Lord Palmers ton, und Lord John Russell folgte ihm als Premierminister.«
    »Der Name sagt mir gar nichts.«
    »Zurück in die jetzt wieder vereinigten Vereinigten Staaten. Mit dem dreizehnten Zusatzartikel zur Verfassung wurde die Sklaverei abgeschafft.«
    »Ob es die auch in Vespugia gab?«
    »Keine Ahnung. Simon Bolivar starb bereits 1830 , aber sein Einfluß könnte bis Vespugia gewirkt haben. Ich glaube also nicht, daß man sich dort Sklaven hielt.«
    »Das wäre schön.«
    »Tja, was gab es da noch? 1865 wurde das erste Transatlantik-Kabel verlegt… Oh, und da ist auch etwas für dich, Den: Der englische Chirurg Joseph Lister erregte einen Skandal, weil er bei seinen Operationen auf Antisepsis hielt und offene Wunden mit Karbol behandelte.«
    Dennys applaudierte zum Spaß. »Du bist tatsächlich das wandelnde Lexikon. Wie Charles Wallace.«
    »Irrtum. Charles hat alles im Kopf, und ich muß immer erst in den Büchern nachschlagen. Mein Allgemeinwissen ist wesentlich bescheidener ausgefallen. – Gregor Mendel veröffentlichte 1865 seine Vererbungslehre, der Ku Klux Klan wurde gegründet, und Edward Whymper bestieg als erster das Matterhorn.«
    »Du hast recht«, sagte Dennys, » 1865 tat sich wirklich einiges. Bist du jetzt zufrieden, Meg?«
    »Ziemlich. Ich habe eine Menge gelernt. Vielen Dank euch beiden.«
    »Aber jetzt ab ins Bett!« kommandierte Dennys. »Wenn du noch lange mitten in der Nacht in dieser zugigen alten Scheune herumgeisterst, holst du dir noch eine Erkältung.«
    »Mir ist nicht kalt.« Sie wies auf ihren dicken Schlaf rock und die Filzpantoffeln hin. »Ich paß schon auf mich auf. Trotzdem: vielen Dank.«
    »Sollen wir dir eine Tasse heiße Schokolade machen und aufs Zimmer bringen?«
    »Über das Alter bin ich hinaus.«
    »Es kann ja auch eine Bouillon sein.«
    »Nein, danke, wirklich nicht. Ich möchte am liebsten gar nichts. Ich gehe jetzt wieder ins Bett.«
    »Außerdem wurde 1865 Rudyard Kipling geboren!« rief Sandy ihr nach. »Und Verlain schrieb die Poèmes saturniens , und John Stuart Mill Auguste Comte und den Positivismus . Und in Amerika wurden die Universitäten von Purdue, Cornell und Maine gegründet.«
    Sie winkte lächelnd ab, blieb aber wie angewurzelt stehen, als er fortfuhr:
    »Und Matthew Maddox brachte seinen ersten Roman heraus, Wieder vereint .«
    Meg bemühte sich, ihrer Stimme nichts anmerken zu lassen, als sie fragte: »Maddox? War das ein Dichter? Ich glaube nicht, daß ich von dem je gehört habe.«
    »Das kommt davon, daß du dich in der Schule nur mit Mathe beschäftigt hast.«
    »Schon möglich. In Literaturgeschichte habe ich mich immer auf Calvins Hilfe verlassen. Was hat denn dieser Matthew Maddox sonst noch geschrieben?«
    Sandy blätterte eifrig. »Mal sehen. 1866 , 1867 . Nichts. 1868 – ah, da ist er! Das Horn der Freude .«
    »Ach, das!« sagte Dennys. »Das kenne ich. Ja, jetzt fällt es mir wieder ein! Ich habe im vierten Semester Amerikanische Literatur des 19 . Jahrhunderts belegt; da lasen wir das Buch. Das Horn der Freude . Sein zweiter und zugleich letzter Roman. Unser Dozent sagte, wäre Maddox

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