Durst - Roman
entgegen.
«From where do you come?»
«From the Philippines. And you?»
«I’m a native.»
Sie lachte. Ich trank Bier und stellte fest, dass die Blonde inzwischen ihre Brüste freigelegt hatte. Sie warf meiner Philippinin einen ironischen Blick zu. Die Männer, zu meiner Überraschung alle unter vierzig, unterhielten sich mit ihren Damen und nahmen von dem Striptease nur am Rand Notiz.
«Can I have a drink, I’m so thirsty.» Ihre Mandelaugen schmachteten, zwischen ihren Brauen hatten sich vertikale Fältchen gebildet.
Mein Plan, wie ich ihn mir im «Central» zurechtgelegt hatte, sah vor, zuerst ein wenig zu schauen und die Mädchen über Slavkovi ć und die Ereignisse der Mordnacht auszuhorchen. Falls eines mehr wusste und darüber zu sprechen bereit war, sollte dabei der eine oder andere Drink rausspringen. Ich war nicht darauf vorbereitet, dass erwachsene Mädchen einen auf diese Weise ansehen konnten.
«Do you like Champagne?», sagte sie und zwirbelte das langstielige Glas zwischen Daumen, Zeige- und Mittelfinger.
Ich schüttelte den Kopf: «I just drink beer and water. And tea, when I have a cold.»
«What’s your name?»
Ich nannte ihn ihr. Sie sprach ihn nach, akzentfrei.
«I’m Rosalia», sagte sie in einem Ton, als ob es sich dabei um eine Offenbarung handelte.
In einem günstigen Moment sah ich an ihr hinunter, soweit das bei der Nähe ging. Sie schien – für eine Asiatin – ziemlich gross zu sein, trug ein schlichtes, schwarzes Abendkleid und dazu passende Lackschuhe. Im Gegensatz zu einigen anderen Damen, die nur gerade mit einer Art Nachthemdchen bekleidet waren, hätte ich mich mit Rosalia durchaus an einem Diner oder einem klassischen Konzert zeigen können. Als ich wieder auf die Tanzfläche sah, die zwischen den zwei geschwungenen Theken lag, konnte ich gerade noch einen Blick auf den nackten Hintern werfen, bevor dieser in einer Seitentür verschwand.
Ich fragte Rosalia, ob es hier immer so ruhig sei.
«Oh no, normally there is every place taken. But since …» Sie unterbrach sich und blickte ängstlich um sich.
«You wanted to say: since this murder happened, the people don’t come no more?»
Es dauerte eine Weile, bis sie das Lächeln wieder auf ihre Lippen gezaubert hatte. «Yes.»
«How long are you working in this place?»
«Since two weeks.»
Ich trank Bier und bemerkte eine füllige, ältere Blonde, die von ihrem Platz aus den ganzen Raum überblickte. Sie gab einem Mädchen, das mit aufgestützten Ellbogen am gegenüberliegenden Tresen sass, ein Zeichen. Darauf setzte es sich aufrecht hin, wirkte aber genau so gelangweilt wie zuvor.
Ein letztjähriger Sommerhit schwabberte durch den Raum.
«Do you like the music?»
Ich sagte, weil sie das hören wollte: «Oh yes.»
«I like it very much! Do you like to dance?»
«Yes, sometimes. But I keep my clothes on, normally.»
Sie lachte erwartungsgemäss und rückte mir wieder näher. Sie roch gut, irgendwie nach Rosen und nackter Haut.
Ich versuchte mich zu konzentrieren. «Did you know Mister Slavkovi ć ?»
«Yes, of course. He was a very good friend of Mister Müller.»
Ich fragte, ob Herr Müller der Besitzer des Cabarets sei. Rosalia bestätigte.
«Did you know Mister Slavkovi ć ?»
«I was working for him.»
Ich erkundigte mich, ob Slavkovi ć an dem besagten Abend im Cabaret gewesen war. Rosalia nickte. Ich bedrängte sie weiter und fragte, um welche Zeit er wieder gegangen sei.
Sie sah mich misstrauisch an. Ob ich etwa von der Presse sei – sie dürfe nicht mit Journalisten reden. Ich sagte, ich sei Privatdetektiv und würde im Auftrag von Slavkovi ć s Frau arbeiten. Das Wort Privatdetektiv schien sie zu beeindrucken.
Inzwischen waren drei Artistinnen dabei, so was Ähnliches wie einen orientalischen Tanz aufzuführen. Während ich ihnen belustigt zuschaute, war die Frau, die ich für die Geschäftsführerin hielt, an Rosalia herangetreten und wechselte mit ihr ein paar Worte. Nachdem sie sich wieder entfernt hatte, fragte ich Rosalia, ob ich ihr noch ein «Piccolo» offerieren dürfe.
Sie müsse sich nun für ihre Show bereit machen, erwiderte sie. Aber danach nähme sie mein Angebot gern an, wenn ich dann noch möchte.
Bevor sie ging, beugte sie sich zu mir vor. Sie legte ihre linke Hand an meine Schläfe, ihre Lippen berührten mein Ohr: «I do this dance just for you.»
Die drei Artistinnen hatten die Tanzfläche verlassen, ohne dass irgendwelche Hüllen gefallen wären. Ich bestellte
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