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Durst - Roman

Durst - Roman

Titel: Durst - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Limmat-Verlag <Zürich>
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machen. Was ich bisher herausgefunden hatte, war, dass Slavkovi ć Geld aus dem Drogenhandel gewaschen hatte und deswegen von der Justiz ins Visier genommen worden war. Zudem soll er bei einigen Kosovaren nicht gerade beliebt und mit Müller vom Cabaret Paradise befreundet gewesen sein.
    Bemerkenswert erschien mir der Umstand, dass der Mörder seine Tat – verschlüsselt in Andri ć -Zitate – im Voraus ankündigt, um dann sein Opfer tatsächlich nach osmanischer Art hinzurichten.
    Bis auf die Sache mit dem Penis. Faruk hatte erwähnt, die Tänzerinnen würden es erzählen. Aber woher sollten sie das wissen, wenn Slavkovi ć s enthauptete Leiche im Wehr von Rathausen gefunden worden war? Sie hätten es von der Polizei erfahren müssen.
    Viel wahrscheinlicher war, dass dieses Detail der Fabulierlust einer Animierdame entsprungen und vom «Blick»-Journalisten dankbar aufgegriffen worden war. Vielleicht hatte ebendiese Frau den heimlichen Wunsch gehegt, Slavkovi ć um ein oder auch zwei Glieder zu kürzen – aus welchem Grund auch immer.
    Ich machte mir starken italienischen Kaffee und trat damit ans Fenster. Die Gerliswilstrasse duckte sich unter dem Regen und dem üblichen Zwei-Uhr-Nachmittagsverkehr. Ich rauchte eine Zigarette an und blies den Rauch durch den Spalt des angelehnten Fensters.
    Bisher liess sich die Sache gut an. Wenn mich nicht alles täuschte, war das genau der richtige Stoff für einen Krimi. Aber es war noch zu früh, ausgehend von den Ingredienzen die Geschichte weiterzuspinnen.
    Ich versuchte, ein Profil des Täters zu erstellen. Eigentlich kam dafür nur ein Landsmann in Frage: Als solcher kennt er Andri ć s Werke und beherrscht die kyrillische Schrift. Wobei, wie mir Adnan erklärt hatte, diese im Zug der Nationalisierung von den Serben vereinnahmt worden war. Kein Kroat oder bosnischer Muslim würde diese Schriftzeichen heute noch verwenden. Gut möglich also, dass Slavkovi ć daraus den Schluss gezogen hatte, der «Türke» wolle ihn auf eine falsche Fährte locken.
    Wie auch immer, es ging dem Mörder nicht einfach darum, Slavkovi ć zu beseitigen. Nein, an ihm sollte ein Exempel statuiert werden: «Ja, Bosnien ist das Land des Hasses.» Eine Abrechnung aus dem Krieg vielleicht … Eine Antwort darauf musste in Slavkovi ć s Vergangenheit zu finden sein.
    Das «Sportcentar» befand sich im Parterre und im Anbau eines schlichten Wohnblocks an der Emmenweidstrasse. Noch in den Siebzigern soll sich darin ein Kino befunden haben. Nun war es ein Ausländertreffpunkt, der in Wirklichkeit vor allem von Serben genutzt wurde. Der Wirt, ein Gastarbeiter der ersten Stunde, hiess in seinem Sport- und Kulturzentrum ausdrücklich alle Ethnien willkommen – sprich alle Jugoslawen. Während des Krieges jedoch begann es plötzlich eine Rolle zu spielen, dass er selbst ein bosnischer Serbe war, und so hatte sich das «Sportcentar» zu einem reinen Serbentreff gewandelt.
    Slavkovi ć s Frau hatte mir am Telefon erzählt, ihr Mann habe einen Mitgliedsausweis gehabt. Er habe sich dort oft eingefunden, um Karten zu spielen und die Kundschaft zu pflegen.
    Es war etwas nach neun, als ich mich von der Emme her über die Industriegeleise dem «Sportcentar» näherte. Der Wirt hatte auf das Trottoir zwischen die bepflanzten Betontröge einige Gartentische gestellt, an denen eine Handvoll Männer sassen und Karten spielten. Es brauchte mehrere Versuche und den Ratschlag eines Spielers, bis ich begriff, dass die Glastür nach innen aufging.
    Der längliche Raum erinnerte entfernt an die Empfangshalle eines einfachen Hotels. Dem Eingang gegenüber führte eine breite Treppe ins Obergeschoss. Davor gingen auf beiden Seiten Türen in weitere Räume. Im Empfangsraum selbst standen mehrere runde Tische und daran Stühle von verschiedenem Aussehen. Die Wände waren schmucklos bis auf die Abbildung einer Meereslandschaft bei Sonnenuntergang. Auf den weissen Fliesen hatten dunkle Gummisohlen ihre Spuren hinterlassen. Dort, wo sich – um im Bild zu bleiben – die Rezeption befunden hätte, stand eine Bar.
    Niemand war zu sehen. Ich versuchte, mich mit Auf- und Abgehen bemerkbar zu machen. Nach einer Weile steckte ich mir eine Zigarette an und lehnte mich an die Theke.
    «Dobro Ve č e.»
    Ich fuhr herum.
    «Guten Abend …»
    Der etwas dickliche Mann mit Vollbart und Brille war durch eine der Seitentüren unbemerkt hinter die Bar getreten.
    «Was mechten Sie, bitte sehr.»
    «Ich hätte gern was getrunken … Ein

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