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Durst - Roman

Durst - Roman

Titel: Durst - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Limmat-Verlag <Zürich>
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Bier.»
    Er musterte mich eingehend. Dann bückte er sich und entnahm einer Schublade, die er seufzend hervorrollte, eine Flasche. Die übrigen Getränke in dem gekühlten Kasten schlugen geräuschvoll aneinander, als er ihn wieder zurückschob.
    «Haben Sie kein jugoslawisches Bier?», hinderte ich ihn am Öffnen.
    Er hielt in seiner Bewegung inne und durchbohrte mich mit seinen schwachsichtigen Augen.
    «Es gibt kein Jugoslawien mehr, Jugoslawien ist tot!», sagte er und liess den Flaschenöffner aus geringer Höhe auf die Ablage fallen.
    Obwohl zu der Zeit Serbien-Montenegro offiziell noch Jugoslawien hiess, glaubte ich zu verstehen, was er meinte.
    «Wenn Sie unbedingt mechten …», er bückte sich – wieder mit einem Seufzer – und tauschte das heimische Bier gegen ein anderes, «hier haben Sie bosnisches Bier.» Er öffnete und reichte mir die gedrungene Flasche.
    Ich betrachtete die Etikette mit der kyrillischen Aufschrift, die sich so etwas wie «Hektap» las, nahm einen Schluck und stellte die Flasche ab.
    «Sind Sie Miroslav Tadi ć ?»
    Wieder guckten die Äuglein hinter den dicken Brillengläsern, prüfend oder feindselig. Dann wandte er sich ab und begann an der Kaffeemaschine zu hantieren. Irgendwann dazwischen hatte er ein «Mhm …» gemurmelt. Für Sekunden unterband das Lärmen der Mühle jegliche Konversation.
    Das Bier schmeckte malzig und erfrischend zugleich und hatte einen hohen Alkoholgehalt. Nachdem der Mann eine Espressotasse unter den Kolben gestellt hatte, machte ich einen neuen Anlauf.
    «Herr Tadi ć , ich würde Sie gern über einen Ihrer Kunden befragen.»
    Dem breiten Rücken und dem dichtbehaarten Hinterkopf war keine Reaktion anzumerken. Als die Bedienung der Maschine ihm keinen Vorwand mehr lieferte, drehte er sich langsam um. Er stellte die Tasse auf die Ablage, gab Zucker dazu und rührte mit einem silbernen Löffelchen. Er führte die Tasse an seine Lippen, blies hinein und nippte daran. Dabei liefen seine Brillengläser an. Umständlich begann er, sie mit seiner Schürze zu reinigen. Während der ganzen Zeit beachtete er mich nicht. Nachdem er die Brille wieder aufgesetzt hatte, sagte er schläfrig: «Was wollen Sie?»
    «Haben Sie Herrn Slavkovi ć gekannt?»
    Er zuckte mit den Schultern und blickte durch die Glastür nach draussen.
    «Ich weiss, dass er zu Ihrer Stammkundschaft gehört hat …»
    «Wer sind Sie …»
    «Ich bin Privatdetektiv. Ich will herausfinden, wer Slavkovi ć ermordet hat.»
    Keine Reaktion.
    «Hören Sie, ich will Ihnen nur ein paar Fragen stellen.»
    Ich griff in meine Tasche und legte eine Fünfzigernote auf die Theke. «Niemand wird erfahren, dass Sie mit mir gesprochen haben.»
    Tadi ć öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Nach einer Weile begann er zu sprechen: «Ich brauche kein Geld von Ihnen. Ich lebe seit mehr als zwanzig Jahren hier, habe immer mein eigenes Geld verdient.» Sein Deutsch war eine kuriose Mischung aus Schriftsprache und Dialekt.
    Er trank seinen Espresso in einem Zug und versuchte meinem Blick auszuweichen, was ihm diesmal nicht gelang.
    «Was wollen Sie wissen?»
    «Können Sie mir etwas über Slavkovi ć s Vergangenheit erzählen?»
    «Nein.»
    «Nein? Er war regelmässig in Ihrem Lokal!»
    «Ich frage meine Gäste nicht aus.»
    «War er oft im ‹Sportcentar›?»
    «Zwei-, dreimal in der Woche …»
    «Schon lang?»
    «Ich weiss nicht, seit einigen Jahren – seit er in der Schweiz ist vermutlich.»
    «Wann ist Slavkovi ć in die Schweiz gekommen?»
    «Woher soll ich das wissen?»
    «Vor oder nach dem Krieg?»
    «Ich glaube danach, er hat von einem Kommando erzählt, das er angefihrt hat.»
    «Kommando?»
    «Richtig, Kommando. Ich glaube, er hat Karriere gemacht in der Armee. Aber ich weiss dariber nichts Genaues. Hat mich nicht interessiert.»
    Eine Gruppe Jugendlicher mit umgehängten Sporttaschen kam aus einer der Türen und verabschiedete sich höflich von Tadi ć . Ich bemerkte ein Leuchten in seinen Augen, das kurz aufflackerte, um gleich wieder zu erlöschen. Nachdem die Glastür ins Schloss gefallen war, war es wieder still im Raum. Ich trank und hielt Tadi ć eine Zigarette hin, gab ihm Feuer und steckte mir selbst eine an.
    «Mal ganz unter uns: Haben Sie Slavkovi ć gemocht?»
    Er zog die Augenbrauen hoch und schwieg. Ich wusste inzwischen, dass er Zeit brauchte, um seine Gedanken in Rede umzusetzen.
    «Gemocht?»
    «Ich will Ihre persönliche Meinung hören.»
    Tadi ć fuhr sich mit der Rechten durch den

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