Durst - Roman
Rosalia darauf, die Küche aufzuräumen. Wieder standen wir in dem engen Raum. Dabei liess es sich nicht vermeiden, dass sich unsere Körper gelegentlich berührten. Ich hatte darüber hinaus den Eindruck, Rosalia berühre mich mit Absicht.
Wir sassen im Wohnzimmer am offenen Fenster. Ich hatte die zweite Flasche entkorkt. Nachdem wir angestossen hatten, sprach ich Rosalia auf ihre Arbeit an. Ob sie den Job gern mache.
Sie hatte an jenem Abend keinen unglücklichen Eindruck gemacht – aber ihr verständnisloser Blick bewirkte, dass ich die Frage am liebsten zurückgenommen hätte.
«I can make a lot of money, you know.»
Sie erklärte, sie unterstütze ihre Familie, die seit dem Tod des Vaters in grosse Not geraten sei. Ein Bruder habe dank ihrer Hilfe ein Studium beginnen können. Sie wolle mit dieser Arbeit aufhören, sobald er es abgeschlossen habe. Dann sei sie ohnehin zu alt dafür.
Sie trank und sah zum Fenster hinaus.
Ich fragte mich, was diese junge Frau wohl schon alles durchgemacht hatte. Seltsam, man sah es ihrem Gesicht nicht an. Eine gewisse Nachdenklichkeit vielleicht – aber Ähnliches war ja auch bei Säuglingen zu beobachten.
Als sie sich mir wieder zuwandte, war davon nichts mehr zu sehen.
Ob man als Privatdetektiv gut verdiene, wollte sie wissen.
Das komme ganz auf den Fall und den Auftraggeber an, erklärte ich.
Es sei bestimmt sehr gefährlich. Ob ich eine Waffe mit mir trage.
Ich schüttelte den Kopf und meinte, ihre Arbeit sei wohl gefährlicher.
Ich rauchte eine Zigarette an. Dann fragte ich, ob sie mir etwas über die Beziehung zwischen Müller und Slavkovi ć erzählen könne.
Sie machte ein ängstliches Gesicht.
Sie habe mir doch erzählt, Slavkovi ć sei mit Müller befreundet gewesen, half ich ihr auf die Sprünge.
Sie führte das Glas an ihre Lippen und zögerte. Nachdem sie einen Schluck genommen hatte, sagte sie, sie wisse auch nur das, was man sich im Cabaret so erzähle, nämlich dass Slavkovi ć am Geschäft beteiligt gewesen sei.
Ich war überrascht. Demzufolge hatte Adnans Vater auch in diesem Punkt nicht ganz Unrecht, wenn er behauptete, Slavkovi ć hätte mit Prostitution zu tun.
«Why don’t you have a girlfriend?», fragte Rosalia unvermittelt.
Ich sah sie verwundert an. Woher sie denn das wisse.
Sie lächelte geheimnisvoll. «I can tell by your apartment, that there wasn’t a girl in here for a long time.»
Ich grinste und meinte, sie habe wohl recht.
Sie insistierte.
Ich erklärte, eine Freundin zu haben bedeute eine Menge Arbeit, und da ich von Natur aus ein fauler Kerl sei, erübrige sich das.
Sie lachte.
Ich schenkte Wein nach. Wir lauschten eine Weile den Geräuschen der Strasse.
Was es mit dem Mann auf dem Sonnenplatz auf sich gehabt habe, nahm sie das Gespräch wieder auf. Warum ich denn so wütend geworden sei.
Ich wollte nicht daran erinnert werden.
«I know him …», sagte sie.
«You really do?»
Rosalia liess nun jede Vorsicht beiseite. Sie sagte, der Mann sei oft im Cabaret gewesen; die Mädchen behaupteten, er habe reichlich abartige Wünsche.
Da ich mich dafür interessierte, fuhr Rosalia fort und erzählte, der Mann habe sich mit Müller und Slavkovi ć gestritten. Er habe die Mädchen im Cabaret belästigt, sie dauernd angefasst, was nicht erlaubt sei. Müller habe ihm darauf Hausverbot erteilt. Er sei trotzdem wiedergekommen, und da habe Slavkovi ć , der gerade anwesend war, ihn eigenhändig vor die Tür gestellt. Der Mann habe getobt und wie ein Verrückter geschrien – zur grossen Belustigung der Tänzerinnen.
Ich horchte auf. Ob der Mann in der Mordnacht im Cabaret gewesen sei.
Rosalia erschrak. Nein, sie habe ihn an diesem Abend nicht gesehen. Ob ich jetzt denke, er sei Slavkovi ć s Mörder. Überhaupt dürfe niemand erfahren, dass sie mit mir darüber gesprochen habe.
Ich begleitete Rosalia nach Hause. Es hatte zu regnen begonnen, nicht stark, trotzdem hatte ich den Regenschirm aufgespannt. Rosalia hatte sich bei mir eingehakt. Vor dem renovierten Wohnhaus, wo die Tänzerinnen ihre vom Cabaret gemieteten Studios bezogen, blieben wir stehen.
Ob ich noch auf ihr Zimmer kommen möchte, fragte sie beiläufig.
Ich sagte, ich müsse morgen früh raus.
Ich hatte tatsächlich vor, früh aufzustehen. Die Vorstellung, Rosalia empfinge dort oben schon bald wieder Kundschaft, tat ein Übriges.
«I would like to see you again. I really enjoy to be with you», sagte sie, bevor sie mich zum Abschied kurz umarmte.
Ich trug
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