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Durst - Roman

Durst - Roman

Titel: Durst - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Limmat-Verlag <Zürich>
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Bart, seine Augen wurden schmal und verschwanden fast hinter den dicken Gläsern.
    «Slavkovi ć war eine Grossmaul, wenn Sie mich fragen. Hat nie richtig gearbeitet, hat sich auch nicht Mihe gegeben, Deutsch zu sprechen. Viele sagen, er hat mit krummen Dingen sein Geld gemacht … Aber das geht mich nichts an. Wenn die Schweizer lieber ehrliche Familien zurickschicken, so ist das nicht meine Sache …»
    «Kennen Sie jemanden hier, der mir mehr über Slavkovi ć s Vergangenheit erzählen könnte? Jemand, der ihn kannte, bevor er in die Schweiz kam?»
    Tadi ć bewegte langsam den Kopf hin und her. «Ich weiss nicht. Vielleicht, wenn er Verwandte hier hat. Wir kommen von iberall her, wissen Sie, Krajina, Slawonien, Bosnien, Mazedonien, Serbien und Montenegro. Manchmal kommen zwei aus dem gleichen Dorf und haben sich erst hier kennengelernt … Die meisten, die während oder nach dem Krieg gekommen sind, sprechen nicht iber die Vergangenheit. Ich frage auch nicht danach …»
    Tadi ć blickte unruhig nach draussen.
    «Noch eine letzte Frage, dann lass ich Sie in Ruhe.»
    Er sah mich müde an.
    «Hat die Polizei Sie bereits zum Mordfall Slavkovi ć befragt?»
    Seine Augen weiteten sich, er öffnete den Mund – dann schüttelte er energisch den Kopf, und ich stellte mit Erstaunen fest, dass dieser Mann auch zu schnellen Bewegungen fähig war.
    «Warum sollte die Polizei? Ich hab damit nichts zu tun!»
    Ich nickte.
    «Haben Sie vielen Dank.»
    Ich wies auf die leergetrunkene Flasche: «Übrigens – ausgezeichnetes Bier. Wie viel bin ich Ihnen schuldig?»
    Ich bezahlte und gab ihm ordentlich Trinkgeld. Dann schrieb ich meine Telefonnummer auf einen Zettel.
    «Falls Ihnen doch noch jemand in den Sinn kommt, der Slavkovi ć von früher her kannte …»
    Tadi ć nahm den Zettel entgegen und legte ihn neben der Kasse auf die Ablagefläche.
    Ich war überzeugt, dass er ihn bei der nächsten Gelegenheit in den Abfall werfen würde.
    Draussen hatte es inzwischen eingenachtet. Die Dächer, Türme und Hochbauten des Fabrikareals zeichneten sich als Silhouetten vor dem Marineblau des Westhimmels ab. Die Männer sassen im Schein der Strassenbeleuchtung und spielten weiterhin Karten. Einige blickten auf, als ich das Lokal verliess.
    Ich folgte den Industriegeleisen und überquerte den Centralplatz. In der Gartenbeiz des «Centrals» sassen die Leute unter farbigen Glühbirnen und genossen die laue Sommernacht.
    Weiter zur Bahnhofstrasse.
    Die Angestellten des Kebabstandes hatten soeben den Rolladen heruntergelassen. Ein Mann wischte den Abfall zusammen, ein anderer verstaute eine graue Plastikkiste im Kofferraum eines alten Mercedes. Ich grüsste, der Mann grüsste zurück.
    Das «Bahnhöfli» war diesmal etwas belebter. Ich zählte an die dreissig Gestalten. Auf der Bühne war ein Mann im pinken Sakko dabei, zum Tönen seines Keyboards die Sonne Spaniens zu besingen, die dort Tag und Nacht scheinen soll. Ich setzte mich an die Bar.
    Es traf sich gut: Hinter dem Ausschank stand dieselbe Frau, die an jenem Abend Slavkovi ć und mich bedient hatte. Ich trank Bier und wartete einen günstigen Augenblick ab. Bis dahin wollte ich die Zeit nutzen, um ein wenig Milieustudie zu betreiben.
    Zusammen mit der Thailänderin, die wohl um zwanzig Jahre jünger als ihr Begleiter war, lag ich deutlich unter dem Altersdurchschnitt. Ein Paar tanzte schwerfällig zu den Schlagern, zur eigenen und der Belustigung der anderen Gäste. Eine Tischrunde von Männern und Frauen unterhielt sich ausgelassen, begleitet von schrillem Gelächter und unkontrollierten Gebärden.
    Ich fühlte mich in der ausgesprochen untrendigen Gesellschaft bestens aufgehoben. Ich bestellte ein nächstes Bier. Die Bardame – besser gelaunt als das letzte Mal – war so weit beschäftigt, dass sie nicht darauf verfiel, in einer der Illustrierten neben der Kasse zu blättern. Nachdem sie mir die Tulpe hingestellt hatte, sprach ich sie an.
    «Hast du das von Slavkovi ć gehört?»
    Ich hatte mir inzwischen angewöhnt, Frauen, die mich mit Bier versorgten, zu duzen.
    Sie nickte betroffen.
    Ob sie ihn gut gekannt habe.
    «Nicht unbedingt …»
    «Aber er war Stammkunde hier?»
    «Er war mit dem Chef befreundet.»
    Das hatte ich doch schon mal gehört.
    «Befreundet?»
    «Geschäftsbeziehungen, glaube ich.»
    Wir sahen den Tanzenden zu, die sich nur noch mit Mühe auf den Beinen hielten.
    «Was war Slavkovi ć für ein Typ?»
    «Warum fragst du?»
    «Nur so … Ich hab ihn ein einziges

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