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Durst - Roman

Durst - Roman

Titel: Durst - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Limmat-Verlag <Zürich>
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phlegmatischer Typ meinen Barhocker unter den Hintern klemmte. Die unmissverständliche Botschaft, die meine zur Hälfte getrunkene und von Markus beschützte Stange vermittelte, schien nicht durch die Fettschichten gedrungen zu sein.
    «Scheisse. Also, warte mal … Elf Uhr beim oberen Friedhofportal.»
    «Wo ist das?»
    Der Kerl legte sich mit beiden Unterarmen auf die Theke und schob dabei mein Bier ein wenig zur Seite.
    «Wo das ist? Bei der Kirche natürlich!»
    «Welche Kirche?»
    Die zweite Halbzeit hatte in dem Moment begonnen.
    «Gerliswiler! Hör mal, erkundige dich woanders, ich muss jetzt gehen.»
    Der Fettsack machte keinen Wank, als ich mein Bier wieder in Besitz nahm. Ich steckte mir eine Zigarette an und überlegte, wie ich zu meinem Recht käme.
    «Ich mag es nicht, wenn mir jemand den Platz wegschnappt.»
    Unendlich langsam drehte er den Kopf und beglotzte mich aus bebrilltem Mondgesicht.
    «Wusste nicht, dass dieser Platz jemandem gehört …»
    «Jetzt weisst dus.»
    Markus hatte eine ruhige Minute und folgte, hinter der Theke zurückgezogen, dem Geschehen auf dem Bildschirm.
    «He, Markus, gehört der Platz dem da?»
    Ich betrachtete den dicken Daumen, der auf mich gerichtet war.
    Markus erfasste mit einem Blick die Situation und meinte diplomatisch: «Würd schon sagen …»
    Zu meinem Erstaunen erhob sich der Kerl, griff kommentarlos seine Cola und liess sich an einem leeren Zweiertisch nieder. Markus zuckte die Schultern und wandte sich wieder dem Spiel zu. Ich setzte mich auf den angewärmten Barhocker, trank und versuchte, meine Aufmerksamkeit dem Treiben der winzigen Männer in kurzen Hosen zuzuwenden.
    Das Spiel hielt nicht, was es noch zur Halbzeit versprochen hatte. Auf einmal war es nicht mehr so wichtig, wer den Platz als Sieger und wer als Verlierer verlassen würde. Ich euphorisierte mein Hirn mit einem letzten Bier und brach dann auf.
    An das Gefühl, beobachtet zu werden, musste ich mich erst noch gewöhnen. Wer sich beim Verlassen eines Lokals umschaut, machte sich verdächtig; was beim Überqueren des verkehrsreichen Sonnenplatzes schon weniger der Fall war. Ich bestieg den Kirchenhügel nicht über die breite Treppe von der «Piazza» her, sondern machte einen Umweg über die Haldenstrasse. Ich betrat das Friedhofgelände durch den Westeingang und näherte mich über einige Treppen dem Hauptportal.
    So sehr ich mich auch bemühte, verriet mich doch jeder meiner Schritte auf dem Kies durch ein helles Knirschen. Auf einigen Gräbern brannten Kerzen, warfen flackerndes Licht auf Grabsteine, Engel- und Heilandstatuen.
    Ich erschrak zu Tode, als mich eine der Figuren ansprach und sich zu bewegen begann.
    «Faruk, wir haben doch beim Portal abgemacht!»
    In der Dunkelheit konnte ich nicht erkennen, ob er meinen Schrecken bemerkt hatte.
    «Wollte auf Nummer sicher gehen …»
    Er kam über die Einfassungsmauer des Grabes auf mich zu und hielt mir die Rechte hin.
    Das terrassierte Friedhofgelände erstreckte sich über den Nordhang des Kirchenhügels. Die verschiedenen Ebenen waren durch Treppen miteinander verbunden. Wir setzten uns auf die Stufen der höchstgelegenen Treppe. Von hier aus hatten wir eine gute Übersicht. Ich wollte mir eine Zigarette anstecken, aber Faruk hielt mich davon ab.
    Wir unterhielten uns flüsternd: «Richtig – dann lass es uns kurz machen: Ich kenn den Namen des Polizisten, der die Ermittlungen geleitet hat.»
    «Und, wie heisst er?»
    «Furrer, Ruedi Furrer.»
    «Sagt mir nichts …»
    «Schade. Ich hatte gehofft, er könnte dir bekannt vorkommen… »
    Da Faruk nichts erwiderte, fuhr ich fort: «Im Computer der Polizei finden sich keine Informationen zum Fall Slavkovi ć . Die Ermittlungen, falls es überhaupt welche gegeben hat, wurden verdeckt geführt.»
    «Ich hab doch gesagt, dass die Zeitungsmeldung ein Täuschungsmanöver war. Der Mörder ist weiterhin auf freiem Fuss.»
    «Genau. Aber das ist noch nicht alles: Ruedi Furrer, der sich der Sache ange…»
    «Woher willst du das wissen, wenn es nicht mal im Computer drin ist.»
    «Ein Polizist hat es mir verraten … Aber lass mich ausreden: Ruedi Furrer arbeitet nicht etwa bei der Mordkomission, die sich naturgemäss mit dem Fall Slavkovi ć befassen müsste …»
    Ich machte eine Kunstpause und wartete Faruks «Sondern?» ab.
    «Ist Chef der Drogenfahndung.»
    «Drogenfahndung … Ja qifsha nonon!»
    Schritte im Kies liessen uns verstummen. Ein Mann durchquerte den Friedhof vom unteren östlichen

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