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Durst: Thriller (German Edition)

Durst: Thriller (German Edition)

Titel: Durst: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Riva
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sich jedoch nur für eine einzige, simple Information. Er ließ die Seite bis zum Ende durchscrollen und suchte unter dem Stichwort › Kontakt ‹ nach der Adresse. Avenida Faria Lima, tausend und noch was.
    Er schloss die Seite, erhob sich vom Barhocker und bezahlte seinen Kaffee. Die Temperatur draußen war nicht sehr hoch. Er zog sein Jackett enger um sich und ging zur Consolação, wo er einen Bus nahm, der die Rebouças hinunterfuhr. An der Haltestelle Faria Lima stieg Matheus aus und schritt zügig los.
    Etwa auf der Höhe des Shoppingcenters Iguatemi gelegen, besetzte die Unternehmensgruppe Miller-Johannsen einen ganzen Wolkenkratzer. Der Bau war wahrhaft imposant: ein rautenförmig gekippter Würfel aus Stahl und Glas, der auf einem mit dunklem Marmor verkleideten Kubus saß. Der Heliport mit seinen gebogenen Stahlträgern, die an Spinnenbeine erinnerten, thronte unübersehbar auf dem Dach.
    Matheus betrat das Hightech-Café gegenüber und bestellte einen Cappuccino und ein Stück Erdbeertorte. Vor dem Eingang zu Miller-Johannsen, der eher an ein Grandhotel als an einen Bauriesen erinnerte, fuhren immer wieder Autos vor, zumeist große Luxuskarossen, gelegentlich auch Taxen. Ein paar Männer in den obligatorischen dunklen Anzügen, einen Knopf im Ohr, waren für die Sicherheit zuständig.
    Matheus dachte daran, wie Cássia mit ihrem Füller Linien in die Luft gemalt hatte. Punkte und Linien. Auch Augusto Miller hatte dieses Bild verwendet. Eine Linie verbindet die Punkte zu einem schlüssigen Ganzen. Eine bislang noch unsichtbare Linie verleiht einer verborgenen Figur Konturen. So war es auch in der Chemie. Die Reaktion zwischen zwei Elementen konnte vollkommen unerwartet sein, und doch hatte sie stets vollkommen präzise Gründe. Nie war sie ein Ergebnis des Zufalls, ein Ergebnis nebensächlicher, unwiederholbarer Faktoren. Der Kontakt der beiden Elemente führte notwendig zu dieser einen Reaktion, obwohl zuvor nichts darauf hingedeutet hatte.
    Er betrachtete das eindrucksvolle Gebäude vor ihm. War es wirklich möglich, dass von seinem Bruder Nelson eine Linie genau hierher führte? Aber wie konnte das sein? Und warum? Die Sonne schien nicht, und trotzdem wanderte plötzlich ein Schatten über die bläulichen Scheiben des Gebäudes. Matheus schaute hoch. Genau in diesem Moment erhob sich ein cremefarbener Hubschrauber vom Dach, senkte kurz die Nase und verschwand dann aus seinem Blickfeld.
    Plötzlich beschäftigte ihn ein unbestimmter Gedanke, irgendetwas, das Augusto Miller gesagt hatte. Aber was? Jetzt bräuchte er einen Mitschnitt von diesem Gespräch. Matheus stand auf und ging zur Kasse.
    Linien, dachte er. Unsichtbare Linien. Mit einem Mal kam es ihm so vor, als würden diese Linien seinen gesamten Körper durchziehen.

37
    Floriana saß im Dunkeln in ihrer Baracke. In der Favela war es still, und das gefiel ihr, andererseits gefiel es ihr aber auch nicht. Sie blieb lieber im Dunkeln sitzen und schaute aus dem Fenster. Der Bananenbaum vor ihrer Behausung trug kleine, harte, bittere Früchte. Am Ende der Staude hing wie ein herzförmiges, violett changierendes Amulett die Blüte. Floriana fuhr sich mit der Hand über die verschwitzte Stirn. Der Himmel war schwarz und zähflüssig wie kochender Teer. Aus Lúcias Haus hörte man das Gedudel des Radios, aber ihre Nachbarin würde es bald ausstellen, wie jeden Abend um diese Uhrzeit. Floriana dachte, dass die Favela einem Theater glich, in dem jeder penibel seinen Part aufsagte. Im Winter wurde es früh dunkel, aber an diesem Nachmittag waren die Temperaturen plötzlich in die Höhe geschossen. Von den Lichtern in den Gassen wurden die Insekten angezogen. Es klopfte an der Tür. Floriana runzelte die Stirn.
    » Wer ist da? «
    » Carlo, Floriana. Hier ist Carlo. «
    Nervös ging sie zur Tür und öffnete.
    » Aber… Carlo? Was machst du denn hier? «
    » Ich möchte mit dir reden. «
    » Wie hast du mich gefunden? Und wie bist du überhaupt hierhergekommen? «
    » Ich kenne Luciano, den von der Bar unten an der Treppe. Du weißt schon. «
    » Ja… der Säufer. «
    » Er ist kein Säufer. « Carlo lächelte.
    Floriana lächelte jetzt auch. » Und ob er das ist. «
    » Ich bin mit ihm hochgekommen. Er war gerade dabei, seine Bude zu schließen. Ich habe gesagt, dass ich von dir komme, und da hat er mich zurückbegleitet. «
    » Hat dich jemand angehalten? «
    » Nein. «
    Floriana ging zum Fenster und schaute vorsichtig hinaus. » Der Drogenumschlagplatz

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