Durst: Thriller (German Edition)
Marianne.
Slopoj setzte sich. » Marianne ist an den Hauptsitz zurückgekehrt. Sie übernimmt jetzt andere Aufgaben. «
Ob Sarah Clarice sich ebenfalls setzen sollte, war nicht ersichtlich, deshalb blieb sie einfach stehen.
» So plötzlich? «
Er musterte sie. » Das war keine spontane Entscheidung. Es war schon seit geraumer Zeit klar, dass es zu einem Wechsel kommen würde. Ich hoffe, du hast kein Problem damit. «
Die Zweifel standen Sarah Clarice ins Gesicht geschrieben, was ihm nicht entging. Er beugte sich zur Schublade hinunter und holte den Kalender heraus. Ihr kam es so vor, als würde Peter Slopoj eine übertriebene Emphase in diese Bewegung legen, als würde er es vor allem für sie tun. Konnte er wirklich von ihrer Schnüffelaktion wissen? Sarah Clarice spürte plötzlich eine gewisse Unruhe. Der Mann blätterte im Kalender, der auch als inoffizielles Anwesenheitsverzeichnis diente. » Sag mir doch bitte, an welchen Tagen du nicht da warst. Ich werde es so hinbiegen, dass ich sie dir nicht als Fehltage anrechnen muss. Eintragen muss ich sie aber, sonst vergesse ich es wieder. «
Sarah Clarice nickte verblüfft und nannte ihm die Tage. Slopoj schrieb mit und sagte dann abschließend: » Irgendwann in den nächsten Tagen setzen wir uns mal zusammen, um uns ein wenig kennenzulernen, okay? Im Moment bin ich noch dabei, mich zu orientieren. « Er lächelte. » Nicht gerade eine leichte Übung. «
Sie rührte sich nicht vom Fleck.
» Gibt’s noch etwas? « , fragte Slopoj.
» Nun, ja. Ich arbeite an einem ziemlich wichtigen Projekt, seit Monaten schon. Ich würde gern wissen, wie es damit weitergeht. «
» Welches denn genau? Wir haben so viele Projekte. «
» Das zur Wasserqualität des São Francisco. «
Peter Slopoj sah plötzlich aus wie eine Eidechse, die direkt hinter dem Insekt auf der Lauer liegt.
» Das wird nicht weiterverfolgt. Danke, du kannst jetzt gehen. «
Sarah Clarice stand sekundenlang wie angewurzelt da, dann verließ sie das Zimmer.
Joyce folgte ihr zu ihrem Schreibtisch. » Was ist denn passiert? Du ziehst ein Gesicht… «
» Was ist denn das für ein verdammter Wichser? « , zischte Sarah Clarice, damit es die Kollegen, die nur ein paar Meter weiter saßen, nicht hören konnten.
Ihre Freundin zog sich einen Stuhl heran. » Was hat er denn gesagt? «
» Dass Marianne nicht wiederkommt. «
» Na ja, das ist letztendlich auch besser so. Aber das wussten wir doch ohnehin schon. «
» Und dann hat er noch gesagt, dass die Sache am São Francisco gekippt ist. Sie wird nicht weiterverfolgt. «
» Was? « Joyce riss die Augen auf. Sie hatte Wimperntusche aufgelegt, was ihren Blick noch intensiver wirken ließ.
» Wie kann man die Arbeit von Monaten einfach in den Papierkorb werfen, so teuer, wie das war? «
» Das ist wirklich sonderbar « , stimmte Joyce zu. » Ich kann mich nicht erinnern, dass so etwas schon einmal passiert wäre. Ein Projekt, das bald an die Öffentlichkeit gehen soll, Knall auf Fall einfach gekippt? Nein, so etwas habe ich noch nie erlebt. «
Sarah Clarice schaute ihre Freundin an. » Weißt du etwas darüber? «
» Was? «
» Weißt du etwas, das du mir nicht erzählen willst? «
» Aber was redest du denn da, bist du bescheuert? «
» Du klingst so ironisch. «
» Was heißt hier ironisch, Sarah Clarice. Ich mache mir nur meine Gedanken. Was ist los, leidest du plötzlich unter Verfolgungswahn? Oder hat Matheus dir den Kopf verdreht? «
» Vergiss es. Die Sache kommt mir nur so unlogisch vor. Ausgerechnet Sobradinho! Da steckt doch irgendetwas hinter. « Ein deutliches Unbehagen hatte sich ihrer bemächtigt.
» Woran denkst du? «
» An nichts. «
» Was machst du heute Abend? Möchtest du zu mir kommen? «
Sarah Clarice’ Unbehagen verwandelte sich in ein physisches Unwohlsein. Sie hatte das Gefühl, dringend aufs Klo zu müssen. Joyce beobachtete sie.
» Also? Oder wollen wir essen gehen? «
» Entschuldigung. « Sarah Clarice sprang auf. » Ich muss aufs Klo. « Und weg war sie.
Im selben Moment stellte Matheus in São Paulo eine Tasse mit dampfendem Kaffee auf die Theke des Planalto, einer eleganten Bar mit Internetzugang an der Bela Cintra. Matheus setzte sich an den erstbesten Rechner, ging auf Google und tippte › Miller-Johannsen ‹ ein. Die Website war gigantisch und mit einer winzigen Schrift vollgeschrieben, vermutlich um die Myriaden von Geschäftsbereichen des Unternehmens alle unterzubringen. Matheus interessierte
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