Durst: Thriller (German Edition)
Ich verstehe ja, dass du deine Gründe haben magst, nach São Paulo zu ziehen, und dass du Stress hast, aber ich bitte dich doch nicht um wer weiß was. Ich bitte dich lediglich um ein Gutachten, das vermutlich ziemlich einfach anzufertigen ist… «
» Warum ausgerechnet ich? «
Sarah Clarice hatte es nicht sagen wollen, fühlte sich aber dazu gezwungen. » Weil du der Beste bist. «
Matheus schüttelte den Kopf. » Quatsch. Du wirst doch wohl nicht jeden Unsinn glauben, den mein Bruder so von sich gibt… «
Sie ließ ihn nicht ausreden. » …und weil das Schicksal es so gewollt hat, denn sonst wäre ich ja wohl nicht hierhergekommen, oder? Vermutlich glaubst du nicht an solche Dinge. Ich für meinen Teil aber schon. Nichts geschieht zufällig. «
Matheus schüttelte den Kopf. » Dieses Wasser kann ich sowieso nicht analysieren. « Er nahm die Flasche, die vor ihm stand, und schüttelte sie.
Sarah Clarice verschränkte die Arme. » Warum? «
» Wie kann ich denn sicher sein, dass es sich wirklich um Wasser aus dem Velho Chico handelt? Außerdem macht man keine Wasseranalysen, indem man Wasser in Plastikflaschen füllt! «
Sarah Clarice lächelte in sich hinein. Das war genau ihr Mann. Bald hatte sie ihn.
» Du hast recht « , gab sie zu. » Wir könnten aber innerhalb von vierundzwanzig Stunden losziehen und neue Proben nehmen. Morgen Abend wärst du schon wieder hier. Selbstverständlich alles auf unsere Kosten. Darüber hinaus steht es dir natürlich frei, deine Forderungen für das Gutachten zu stellen. «
Matheus Braga schüttelte den Kopf. » Das meinst du doch wohl nicht ernst? Nach Juazeiro fahren, gleich heute? « Erneut stand er auf, trat ans Fenster und wandte der Frau den Rücken zu. Nachdenklich betrachtete er die Blätter des Mandelbaums.
Jetzt ließ sie die Falle zuschnappen. » Genau. Wir fahren heute los, und morgen bist du wieder zurück. Das garantiere ich dir. Ernsthaft, Matheus, ich begreife dein Problem nicht. Genau darin besteht doch deine Arbeit, oder? «
Matheus drehte ihr weiterhin den Rücken zu und wusste nicht, was er sagen sollte. Die Gedanken überschlugen sich in seinem Kopf und ließen sich einfach nicht entwirren.
» Wenn ich mit meinen Vermutungen richtigliege « , fuhr Sarah Clarice fort, » tust du diesen Leuten einen großen Gefallen. Zählt das nicht? «
Matheus seufzte. » Okay, in Ordnung. Und wie hast du dir die Sache konkret vorgestellt? «
Sarah Clarice öffnete die Flasche und trank einen großen Schluck.
» Was machst du da, bist du verrückt geworden? « , rief er entsetzt und versuchte, sie davon abzuhalten.
Sarah Clarice kicherte. » Du hast doch wohl nicht im Ernst geglaubt, dass da Wasser aus dem São Francisco drin ist? «
3
» Entschuldige mal– freust du dich denn gar nicht, Matheus wiederzusehen? «
» Das ist nicht der Punkt. «
Sandra Bittencourt wusste nur zu gut, wann ihr Mann nervös war, und in diesem Augenblick war Nelson sogar hochgradig nervös.
Sie trat zu ihm und strich ihm sanft die Haare aus der Stirn.
Sandra und Nelson befanden sich in der geräumigen Küche ihres Hauses. Es war Sonntagmorgen und noch sehr früh. Am Himmel hingen erstaunlich viele Wolken. Die beiden schwarzen Labradore Jonas und Maré hatten die Schnauzen auf die Vorderpfoten gelegt und schauten zur Küchentür hinaus. Im Türrahmen konnte man einen Teil des weitläufigen Gartens mit seinen Feigenbäumen, Kakteen und Mandelbäumen sehen; im Hintergrund die hohe, weiß gekalkte Mauer, die das Grundstück umgab. Der graue Himmel verlieh dem Garten etwas Düsteres, und das Wasser in dem kleinen Teich glänzte wie Stahl.
» Was ist denn dann der Punkt? «
» Der Punkt ist, dass er hier ist, weil dieses Mädchen ihn mitgeschleppt hat. Sonst wäre er nie gekommen. «
» Was hat das schon zu bedeuten, was oder wer ihn hergeführt hat? « , fragte Sandra lächelnd. » Das Wichtigste ist doch, dass er hier ist. Das ist eine gute Gelegenheit, sich mal wiederzusehen. Sei nicht so kleinlich, Nelson. Möchtest du noch eine Tasse Kaffee? «
Ihr Mann nickte wortlos und setzte sich an den prächtigen Eichentisch, der das Zentrum der Küche bildete. Sandra stellte ihm eine weiße Keramiktasse hin, aus der ein wunderbares Aroma emporstieg. Ihr herbes Gesicht verlor nicht einmal dann an Reiz, wenn es deutliche Spuren einer bewegten Nacht trug. Sandra lehnte sich mit ihrem Kaffee an den Küchentresen und lächelte, als würde ihr gerade ein amüsanter Gedanke durch den
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