Durst: Thriller (German Edition)
sich eine goldbraun gegrillte Garnele in den Mund.
» Du bist also wirklich von hier? « , fragte Sarah Clarice, merkte aber, dass sie gegen eine Wand anlief. Matheus nickte bloß.
Sie versuchte, sich zu beherrschen, was ihr natürlich nicht gelang. » Ich hatte den Eindruck « , sagte sie so beiläufig wie möglich, » dass Nelson sich nicht so sicher war, ob du die Analysen machen würdest. «
Matheus’ Blick verdüsterte sich. » Ach ja? Wie du siehst, hat er sich geirrt. «
Sarah Clarice lächelte mechanisch. Ihr lag bereits eine andere Frage auf der Zunge. Schon als Kind hatte ihre Mutter ihr vorgeworfen, dass sie indiskret und aufdringlich sei. Sie war immer stolz auf diese Eigenschaft gewesen.
» Ihr habt euch schon eine Weile nicht mehr gesehen, nicht wahr? «
Matheus starrte sie merkwürdig an, und sie hatte schon Angst, er würde aus der Haut fahren. Stattdessen sagte er einfach: » Ein paar Jahre. «
» Wie kommt’s? «
» Familienstreitigkeiten. Irgendwelche dummen Missverständnisse. « Dann ließ er durchblicken, dass er das Thema wechseln wollte, und griff nach der Flasche. » Noch ein Glas? «
» Nein danke. Ich hätte lieber einen Kaffee. «
Sorgfältig faltete Matheus seine Serviette zusammen. » Beschäftigst du dich häufig mit solchen Sachen wie der Wassergeschichte? «
» Kommt vor. In den meisten Fällen kümmern wir uns aber darum, Informationen unters Volk zu bringen, die sonst untergehen. «
» Informationen, die ihr selbst recherchiert habt? «
» Manchmal ja, manchmal nein. Hängt immer vom Budget ab. «
» Von den Geldgebern also? «
» Klar. Davon, wie viele und welche Geldgeber man hat. Aber auch von der Organisationsstruktur. Greenpeace zum Beispiel arbeitet vor allem auf Basis eigener Recherchen und Aktionen. Das ist aber eine Ausnahme, weil Greenpeace eine starke Marke ist. Das ist ihr Kapital. «
Matheus neigte den Kopf.
» Der Aufbau einer Marke ist einer der wesentlichen Aspekte unserer Arbeit « , erläuterte Sarah Clarice.
» Mhm. «
» Je sichtbarer und damit wiedererkennbarer eine Marke ist, desto mehr Sponsoren treten auf den Plan. «
» Vielleicht irre ich mich, aber vermutlich ist es nicht so, dass die Sponsoren Schlange stehen, oder? «
» Das kannst du laut sagen. Aber bei Umweltfragen weiß man meistens, wen man ansprechen kann. « Sarah Clarice trank ihren Kaffee aus. » Letztlich ist das aber der unangenehmste Teil an der Sache. «
» Was? «
» Das Fundraising. Die Kampagnen. Am Ende arbeitet man nur noch dafür, Sponsoren zu finden. Um etwas anderes geht es nicht. «
» Arbeitest du jetzt im Moment auch nur dafür, Sponsoren zu finden? «
Sarah Clarice ließ sich Zeit und schlürfte erstaunlich dezent auch noch den letzten Tropfen Kaffee aus ihrer Tasse. Eine eindeutige Antwort auf diese Frage gab es sowieso nicht, und so sagte sie schließlich: » Nein, im Moment versuche ich, unbescholtene Leute wie den kleinen Lucas vor dem Tod zu bewahren. «
Als Matheus in seinem Zimmer auf der Bettkante saß, gingen ihm Sarah Clarice’ Worte durch den Kopf. Sie hatte ihn wie einen Dummkopf dastehen lassen, und er fragte sich, was zum Teufel er überhaupt hier machte. Wie hatte er sich nur auf diese Sache einlassen können? Abgesehen davon, dass er Hotelzimmer hasste, hatte seine schlagartig gesunkene Laune einen handfesten Grund. Er hatte Cássia nicht mitgeteilt, dass er zwei Tage fort sein würde, und eigentlich hatte er auch jetzt keine Lust dazu. Schließlich griff er aber doch zum Hörer und drückte die Null.
Cássia meldete sich beim zweiten Klingeln.
» Wo bist du denn? Was meinst du, wie oft ich dich angerufen habe? Ich hab mir Sorgen gemacht. «
» Entschuldige, du hast ja recht. Es ging alles so schnell, und jetzt bin ich schon in Juazeiro. «
» In Juazeiro? Ist irgendwas mit Nelson? «
» Nein, nein, den sehe ich morgen. Ich wurde um ein Gutachten zur Wasserqualität des São Francisco gebeten. «
» Aha. « Cássia hatte eine schöne Stimme. » Verstehe. Hat Nelson etwas damit zu tun? «
» In gewisser Weise schon. Er hat die Leute an mich verwiesen. «
» Wirst du bezahlt dafür? «
» Klar. «
» Gut. Aber so kurzfristig? «
» Tja. Scheint eine wichtige Sache zu sein. Das Ganze wurde von einer Nichtregierungsorganisation aus Salvador initiiert. «
» Wie heißt sie? «
» Health Scanner. Eine Schweizer Organisation, soweit ich verstanden habe. «
» Ist jemand mit dir dort? «
» Ja. Die Person, die Kontakt zu mir
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