Durst: Thriller (German Edition)
Kopf gehen.
» Warum lachst du? « , fragte Nelson und blies in seinen Kaffee.
» Nichts… Ich verstehe das nur nicht ganz. Hast du Sarah Clarice nicht selbst vorgeschlagen, dass sie sich an deinen Bruder wenden soll? «
» Ja, schon. Ich habe mich einfach dazu verpflichtet gefühlt. Sie brauchte einen Biochemiker, und er ist nun mal einer der besten. Ich war mir allerdings sicher, dass er niemals zusagen würde. «
Sandra zog eine Augenbraue hoch. » Vielleicht solltest du dir besser eingestehen, mein Schatz, dass Matheus auf deinen Wunsch hier ist. «
Er warf ihr einen fragenden Blick zu. » Was soll das denn heißen? «
» Mir scheint, dass du ihn wiedersehen wolltest. «
Bevor er antworten konnte, hatte Sandra schon nach den beiden Labradoren gerufen, die sofort mit dem Schwanz zu wedeln begannen.
Sie trat zu ihrem Mann und küsste ihn auf die Stirn. » Ich geh ein wenig mit den Hunden in den Garten. « Dann ließ sie ihn mit seiner finsteren Miene sitzen. Nelson trank den letzten Schluck Kaffee und schaute durch die offene Tür in den Himmel. Ja, es würde regnen. Merkwürdig.
Etwa zwölf Stunden zuvor waren Sarah Clarice und Matheus auf dem Flughafen von Petrolina gelandet, nach nicht einmal einer Stunde Flugzeit von Salvador. Vor zwei Jahren hatte es diesen winzigen Landeplatz noch gar nicht gegeben. Jetzt starteten hier täglich Transportflugzeuge mit riesigen Ladungen an exotischen Früchten in Richtung Europa und Vereinigte Staaten.
Als sie den Terminal verließen, war es bereits dunkel, und die Hitze schien wie Dampf aus dem Boden emporzusteigen. Sarah Clarice hatte zwei Zimmer im Palace gebucht, einer blau gekachelten, klobigen Pyramide, die auf das sandfarbene Wasser des São Francisco hinabschaute. Wie die anderen Hotels, die sich an diesem Flussabschnitt eng aneinanderreihten, war das Palace mit dem Boom der intensiven Bewässerungslandwirtschaft entstanden. Noch vor ein paar Jahren war Petrolina nur ein abgelegenes Städtchen inmitten einer halbtrockenen Wüste gewesen. Jetzt aber erlebte es den Ansturm der Agrobusiness-Pioniere, der Großhändler aus São Paulo und der Weinbauern aus Rio Grande do Sul. Und bot die Kulisse für ein exotisches Gemisch aus Geschäftemachern und ausländischen Importeuren.
» Du bist wohl schon lange nicht mehr hier gewesen? « Sarah Clarice versuchte, im Taxi in Richtung Stadtzentrum ein Gespräch anzufangen.
» Das letzte Mal vor ein paar Jahren. « Matheus wandte den Blick nicht vom Wagenfenster ab.
Die Gegend hatte sich sehr verändert. Was er sah, konnte jede x-beliebige brasilianische Peripherie sein: eine trostlose Abfolge von gewaltigen Holzverarbeitungsfabriken und Ford-, Renault- und Fiat-Händlern mit ihren bunten Fähnchengirlanden auf dem Hof.
Da alle ihre Versuche, Matheus in ein Gespräch zu verwickeln, erfolglos waren, wandte sich Sarah Clarice wieder der abstoßenden nächtlichen Szenerie zu. Die Dinge lagen in ihrer Hand. Sie hatte ein Ziel, und im Laufe der Zeit hatte sie gelernt, sich nicht ablenken zu lassen.
» Weißt du schon, wie wir das morgen anstellen? « Matheus’ Stimme ließ sie hochschrecken.
» Klar. Morgen früh bringt uns ein Flugzeug an den Fluss, und zwar in die Gegend der beiden Dörfer. Wir entnehmen die Proben und machen uns dann sofort wieder auf den Heimweg. Vorher fahren wir aber noch nach Juazeiro und besuchen deinen Bruder. Ohne ihn wären wir nämlich nicht hier. Einverstanden? «
Matheus nickte und betrachtete wieder die Schilder der großen Lagerhallen, die am Fenster vorüberzogen.
» Wir sind fast da « , verkündete Sarah Clarice.
Wenig später hielt das Taxi vor dem Hotel. Sarah Clarice hatte Hunger, nahm sich aber vor, auf dem Zimmer zu essen, um die Situation nicht noch weiter zu verkomplizieren. Matheus verabschiedete sich und wünschte ihr eine gute Nacht.
Nachdem sie geduscht hatte, besann sie sich jedoch anders und fuhr ins Restaurant hinunter. Als sie den großen Speisesaal betrat, sah sie Matheus an einem Tisch sitzen.
Sie verzog das Gesicht. » Wie ich sehe, hatten wir dieselbe Idee. «
Er sprang auf. » Ich wollte dir eigentlich Bescheid sagen, wollte dich aber nicht stören. «
» Entschuldigung angenommen « , sagte Sarah Clarice und setzte sich.
» Gott sei Dank « , erklärte er mit einem Seufzer.
» Was hast du bestellt? «
» Die Spezialität des Hauses sind Garnelen. Ich habe Gamberi alla Milanese mit Kartoffelsalat genommen. Das klang gut. «
» Redest du von den Garnelen,
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