Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Durst: Thriller (German Edition)

Durst: Thriller (German Edition)

Titel: Durst: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Riva
Vom Netzwerk:
kommen.
    Suelys Vorspeisen aus dem Meer folgte eine Reihe weiterer Spezialitäten, die neben vielen anderen auch den Vorteil hatten, dass sie die Anwesenden gelegentlich zum Verstummen brachten. Das Essen verlief glatt und wurde ausgiebig mit Champagner begossen. Paulo lenkte die Konversation und versuchte, das Thema Arbeit zu vermeiden, unterstützt von seiner Schwägerin, die wilde Geschichten von ihren Töchtern erzählte. Der alte Josef, der sich entsetzlich langweilte, brach schließlich das Tabu und erkundigte sich bei Bruno, wie es mit den Supermärkten lief. » Bestens « , sagte der nur liebenswürdig und wusste, dass die Antwort eher an seinen Vater als an seinen Großvater gerichtet war.
    Der Nachtisch hob Paulo Johannsens Stimmung: Baisers mit einer Füllung aus geeister Mango und lauwarmer Bitterschokoladencreme. Irgendwann würde ihm Suely noch von einem seiner Lieblingsrestaurants weggeschnappt werden. Er ertappte sich bei dem Gedanken, dass er in dem Moment gerne allein oder bestenfalls bei einem seiner Geschäftsessen wäre, da er nur zu solchen Gelegenheiten die Kontrolle über die Situation hatte.
    Paulo verlor sich in der Betrachtung der perlenden Bläschen in seinem Champagnerkelch, als sich ihm plötzlich eine Frage aufdrängte: Sollte sich seine Existenz tatsächlich darin erschöpfen, das Kommando zu führen? Diesem Ziel hatte er sein Leben geweiht, aber woher kam dieses Geltungsbedürfnis? Da saß sein Vater, stocksteif, ein alter Herr, der mit zittriger Hand seine Kuchengabel umklammerte und vor lauter Müdigkeit und Langeweile nicht einmal mehr reden mochte. War das Bedürfnis, besser zu sein als andere, nicht das Erbe dieses Mannes?
    » Wollen wir die Geschenke öffnen? « Die Stimme seiner Frau holte ihn brutal in die Wirklichkeit zurück.
    » Fang mit meinem an « , sagte der alte Josef. » Die langweiligen Dinge sollte man schnell hinter sich bringen… «
    Das Gelächter war etwas gezwungen. Paulo lächelte. Irgendjemand legte ihm das Päckchen in seine fetten Finger. Er konnte sich schon vorstellen, was es enthielt: goldene Manschettenknöpfe. Davon hatte er bereits eine ganze Sammlung, alles Geschenke von seinem Vater. Er wickelte das Päckchen auf der schneeweißen Batistdecke aus. Es war ein Segelschiff aus Kristall, das bläuliche Reflexe aussandte.
    » Das ist wunderschön. «
    » Nichts von Belang. Aber ich dachte, es gefällt dir vielleicht « , sagte der alte Josef zerstreut.
    Alle Anwesenden taten ihre Begeisterung kund. Nach diesem raffinierten Schmuckstück hatte Sofia einige Schwierigkeiten, ihrem tausendsten Kaschmirpullover die gebührende Geltung zu verschaffen. Paulo würdigte ihn höflich. Elisabetta stand mit leeren Händen da und erklärte, dass sie ihr Geschenk später überreichen würde. Am Tisch brach Gelächter aus.
    » Verschont mich mit diesen Dingen, dafür bin ich zu alt « , grunzte Josef und strich sich das Jackett glatt.
    » Es ist nicht das, was ihr denkt « , stellte Elisabetta klar.
    » Nun, da bin ich aber neugierig « , sagte Paulo lächelnd.
    » Umso besser « , schloss sie und reichte den Stab an Antônio Netto weiter, der neben ihr saß. Der Anwalt räusperte sich und überreichte ein Geschenk, das leicht zu identifizieren war: eine Flasche.
    » Mein Geschenk ist wirklich nicht von Belang, aber ich hoffe, es sagt Ihnen zu. «
    Elisabetta bemerkte, mit welcher Sicherheit der Anwalt den Part des Unsicheren gab. Das hätte sie eigentlich irritieren sollen, weckte aber stattdessen ihr Interesse.
    Paulão öffnete das Geschenk mit ernster Miene. Es war eine Flasche Bowmore, sechzehn Jahre alt, einer der besten schottischen Whiskys im Umlauf. Johannsen, der ein Faible für Luxusspirituosen hatte, lächelte seinen Mitarbeiter an. » Wenn alles, was nicht von Belang ist, dieses Kaliber hätte, dann wären wir fein raus. «
    Das Gelächter folgte auf dem Fuße. Dann richteten sich alle Blicke auf Bruno. Der schluckte schnell seinen Champagner herunter.
    » Ich hoffe, es gefällt dir, Papa « , sagte er und überreichte sein rechteckiges Päckchen.
    Paulo packte es langsam aus. Es war ein Buch mit einem tristen grauen Einband: die Geschichte des Kriegs zwischen Uruguay und Brasilien, der einzige Kampf um Grenzen, in den sich Brasilien je gestürzt hatte. Das Thema wurde für gewöhnlich in der Schule behandelt und dann für immer vergessen. Paulão musterte seinen Sohn eindringlich. Was soll ich damit?, hätte er am liebsten gefragt. Stattdessen sagte er:

Weitere Kostenlose Bücher