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Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Titel: Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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geschüttelt – gesagt, er soll ihr Lager nicht verlassen, soll sich nicht von der Stelle rühren. Das war das Letzte, was Tommo je von ihm gesehen hat. Vermisst, wahrscheinlich tot. Von dem Tier getötet, das er gejagt hat, oder verletzt, und dann hat er nicht mehr zurückgefunden.
    Tommo ist nie drüber weggekommen, hat Ike gesagt. Er hat gesagt, er wird immer nach seinem toten Pa suchen. Ich hab nie viel drauf gegeben, was Ike da gesagt hat, aber jetzt, wo ich seh, wie Tommo Lugh nachmacht, frag ich mich, ob da nicht doch was dran ist.
    Unser Pa ist bei uns geblieben. Bis die Tonton ihn an jenem Tag getötet haben. Aber er hätte genauso gut nicht da sein können, so wenig, wie wir davon gehabt haben. Lugh ist für Em und mich Bruder, Mutter und Vater gewesen, alles in einem.
    Lugh spinnt sein Garn in die Nacht. »Das Große Wasser ist wie was aus einem Traum«, erzählt er. »Denkt an den besten Traum, den ihr je gehabt habt, und es ist noch tausend Mal besser. Zehntausend Mal schöner. Es ist so ein fruchtbares und grünes und schönes Land, dass man am liebsten gleich da sterben würde, wenn man’s zum ersten Mal sieht.«
    Lugh fängt seine Geschichten übers Große Wasser immer gleich an, mit denselben Worten. Ich gähn, klapp die Augen zu und mach’s mir gemütlich. Das ist der Lugh, den wir kennen. Der, der Geschichten erzählt. Der uns zum Lächeln bringt. Uns zusammenhält.
    »Erzähl das mit den Kaninchen«, sagt Em. Das ist Tommos Lieblingsstelle.
    »Schon wieder? Okay«, sagt Lugh. »Tja, da sind überall Kaninchen am Großen Wasser. So weit man gucken kann, Unmengen von Kaninchen. Man kann keinen Schritt tun, ohne über sie zu stolpern. Und solche Burschen habt ihr noch nie gesehen. Sie sind groß. Fett und saftig und faul, weil sie nichts anderes zu tun haben, als den ganzen Tag am süßen grünen Gras zu knabbern. Und sie sind so zahm und so dumm, wenn ihr sie essen wollt, müsst ihr nur das Wasser zum Kochen bringen und ›Zeit fürs Abendessen!‹ rufen, und schon marschieren die Kaninchen zum Topf, hüpfen rein und ziehen den Deckel über sich zu. Und dabei pfeifen sie vor sich hin.«
    »Kaninchen pfeifen nicht!«, sagt Emmi.
    »Tja, das sagst du«, sagt Lugh, »aber ich hab’s von einem Mann gehört, der es von einem anderen Mann gehört hat, und der hat’s selbst gesehen …«

    L
icht blitzt auf. Epona steht allein da. Dunkelheit überall um sie rum.
    Das einzige Geräusch ist das, was mein Herz macht. Poch, poch, poch.
    Sie guckt hinter sich. Als ob da was wär. Dann dreht sie sich wieder um. Sieht mich. Nickt. Ich guck runter auf meine Hände. Ich halt einen Bogen in Händen. Ich hab ihn noch nie gesehen, aber ich weiß, es ist meiner. Helles Holz, silbrig weiß.
    Ich heb ihn. Leg einen Pfeil ein. Ziele. Sie rennt auf mich zu. Breitet die Arme aus.
    Ich schieß.
    Licht blitzt auf.
    Und ich steh über der Leiche. Guck auf sie runter.
    Aber es ist nicht Epona.
    Es ist DeMalo.
    Er macht die Augen auf.
    Er lächelt.

    I ch fahr hoch, setz mich auf, das Herz klopft mir bis zum Hals. Er ist hier. DeMalo ist hier. Hektisch guck ich mich um: Lugh und Tommo und Emmi liegen unter ihren Schlafschutzdächern. Alle schlafen tief und fest. Nero auf seinem Ast. Die Pferde dösen auch.
    Okay. Er ist nicht hier. Beruhig dich. Es ist bloß ein Traum gewesen. Ich hab die Hände in meine Decke gekrallt. DeMalo. Seit ich ihn das letzte Mal gesehen hab – am Pine Top Hill –, hab ich’s geschafft, nicht an ihn zu denken. Aber er hat sich in meine Träume geschlichen. Sein starker Körper. Seine langen dunklen Haare. Die breiten Wangenknochen. Die Augen mit den schweren Lidern. Dunkelbraun, fast schwarz, im Licht der Fackeln im Zellentrakt von Hopetown haben sie gefunkelt.
    Haben tief in mich reingeguckt. Meine finstersten Gedanken gefunden, meine schlimmsten Ängste. Als würde er mich kennen. Am komischsten war, dass es mich so … zu ihm hingezogen hat. Es hat sich echt angefühlt. Körperlich. Obwohl er der einzige Mensch ist, den ich je getroffen hab, von dem was Warmes und zugleich was Kaltes ausgegangen ist. Und ich kapier immer noch nicht, warum er mein Leben verschont hat. Zweimal hat er das getan. Ich bin froh drüber, ich bin dankbar, aber er ist ein Tonton. Mein Feind. Das hat mir damals nicht eingeleuchtet, und das tut es immer noch nicht.
    Und seine letzten Worte an mich. Als er die Fesseln an meinen Händen durchgeschnitten hat, direkt vor Vikar Pinchs Augen.
Bis zum nächsten Mal.
Als

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