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Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Titel: Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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probiert. Er stampft und dampft und kocht. Dann streut er eine Prise aus seiner Kräutertasche drüber, und alles, was matt in den Topf gewandert ist, hüpft keck und munter in unsere Münder. In letzter Zeit haben wir uns mit Grillen und kleinen Eidechsen zufrieden geben müssen, die uns nicht mal ansatzweise satt machen. Bei dem Wolfshund übertrifft Tommo sich selbst, und ausnahmsweise entspannen sich unsere verkrampften Mägen. Komischerweise macht es mir nicht viel aus, hungrig zu sein. Ich weiß, ich bin hungrig, mein Magen sagt’s mir. Bloß kümmert’s mich offenbar nicht. Ich geb die Hälfte von meinem Teller Tommo.
    Der Tag geht zu Ende. Die Kiefern um uns rum kommen zur Ruh. Ihre trockenen Nadeln seufzen müde in der warmen Brise. Ihr süßer Duft macht die Luft mild. Nachdem Tommo mit Kochen fertig ist, halten wir das kleine Antilopenstrauchfeuer weiter in Gang, weniger wegen der Wärme, sondern weil es guttut.
    Ich sitz unter einem Baum, abseits von den anderen. Ich hab drei Töpfe kostbares Wasser gebraucht, um das Wolfshundblut aus meinen Kleidern auszukochen. Ich hock in meinen Untersachen da, in eine Decke gewickelt, während meine Kleider tropfend an einem Ast hängen und trocknen.
    Vor Erschöpfung tut mir alles weh. Ich sehn mich nach Schlaf. Aber der wird nicht kommen. Ich lass ihn nicht. Ich wag’s nicht.
    Ich spür schon, wie die Schatten sich zusammenziehen.
    Vorhin haben Lugh und Tommo ein Gestell aus abgefallenen Ästen gebaut und dünne Scheiben Wolfshundfleisch zum Trocknen dran aufgehängt. Jetzt bewegt das Fleisch sich in der Brise – ein raschelndes, flüsterndes Windspiel.
    Als wir unsere Essnäpfe mit Kiefernnadeln saubergerieben haben, gehen wir an unsere Abendaufgaben. Alle außer mir, heißt das. Tommo schnitzt zwei neue Stangen für sein Schlafschutzdach. Die alten sind gestern mitten in der Nacht durchgebrochen, und das ganze Ding ist über ihm zusammengestürzt. Lugh bessert seine Schuhsohle mit einem Stück Autoreifengummi aus. Emmi spielt mit Nero Würfeln. Es ist sein Lieblingsspiel, aber seit Jack ihm beigebracht hat zu schummeln, ist Em die Einzige, die mit ihm spielen will. Sie hat sich vorgenommen, ihm Manieren beizubringen. Heute Abend hat sie eine gebratene Heuschrecke als Belohnung aufbewahrt.
    »Nein«, sagt sie. »Schummelnde Krähen kriegen keine Heuschrecken. Tja, wenn du eine willst, spiel anständig. So, guck mir zu. Siehst du? Okay, jetzt du. Nein … nein, Nero! Ach, ich geb auf.« Sie lässt ihn die Heuschrecke verschlingen und hockt sich neben mich. »Dein Vogel da ist ein hoffnungsloser Fall«, sagt sie. »Jack ist ein schlechtes Vorbild. Wenn ich ihn seh, sag ich ihm die Meinung. Unschuldigen Krähen das Schummeln beizubringen, also ehrlich.«
    »Er hat auch mal versucht, mir was aus der Tasche zu klauen«, sag ich. »Das geht auch auf Jacks Konto.«
    »Jack ist wirklich ein Halunke«, sagt sie. »Er ist jetzt bestimmt schon am Großen Wasser. Bestimmt schon ewig. Bestimmt denkt er, wir kommen nicht. Meinst du, er … er wartet doch auf uns, oder?«
    Ich hab’s dir schon tausend Mal gesagt, Saba, er wird nicht da sein. Er wird nicht auftauchen am Großen Wasser. Jack ist längst über alle Berge. Ein Kerl wie der hat nur sein eigenes Wohl im Sinn. Wenn er erst mal hat, was er will, zieht er weiter.
    Ich verschließ die Ohren vor Lughs Stimme in meinem Kopf.
    »Er wird da sein«, sag ich. »Du weißt, dass Jack sein Wort hält.«
    »Ja«, sagt sie. »Du vermisst ihn, das merk ich.«
    Ohne nachzudenken, fass ich nach dem Herzstein an meinem Hals. Aber natürlich ist er nicht da. »Eigentlich nicht«, sag ich.
    »Du bist so eine schlechte Lügnerin«, sagt sie. »Jedenfalls, ich hab dich und ihn das eine Mal gesehen, wo ihr euch ganz lieb geküsst habt. Du hast deine Hand auf seinem –«
    »Halt die Klappe, Em!«
    »Also, ich vermiss ihn«, sagt sie. »Ich vermiss ihn unglaublich. Ich wünschte, er wär jetzt hier bei uns. Jack bringt immer alles in Ordnung. Sogar wenn was richtig schlimm ist.«
    »Ja«, sag ich.
    Ihr Blick zuckt zu Lugh. »Ich wette, er wüsste, was wir wegen Lugh machen könnten«, sagt sie. »Neuerdings ist er ständig wütend. Weiß nicht, warum. Wenn ich ihn frag, was los ist, macht es das nur schlimmer. Ich will den alten Lugh zurück. Ich vermiss ihn.«
    Eine Weile ist sie still, rollt nur die Würfel in der Hand. »Er hat mir und Tommo gesagt, wie er dich gefunden hat … mit den toten Wolfshunden und allem. Er hat gesagt,

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