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Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Titel: Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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Staubfahne schlängelt sich langsam auf uns zu.
    »Schmeiß mir den Weitgucker zu«, sagt er. Seine ersten Worte, seit wir den Hügelkamm verlassen haben. Er guckt durch. »Wieder eine Wagenkolonne. Wie viele haben wir schon gesehen, seit wir hier sind?«
    »Vier – nein, fünf«, sag ich.
    Jede Menge Leute unterwegs in letzter Zeit, sogar in diesem Höllenloch. Er beobachtet sie eine Weile. »Genauso wie immer«, sagt er. »Sehen kränklich aus. Alt. Unbrauchbar.«
    »Lass uns mit denen da reden, Lugh. Vielleicht können sie uns helfen. Wir könnten mit ihnen reisen.«
    »Ich kümmer mich um diese Familie, seit ich acht gewesen bin. Ich glaub, ich weiß, was am besten ist. Willst du etwa behaupten, ich weiß es nicht?«
    »Nein, nein, das will ich nicht behaupten –«
    »Wir brauchen keine Hilfe von niemandem«, sagt er. »Tja, die sollen bloß nicht ankommen und Wasser haben wollen. Wir haben keins übrig.«
    »Ich beobachte sie, bis sie vorbei sind.«
    Er nickt. Wirft mir den Weitgucker zu. »Ruf mich, falls sie hier lang kommen.«
    »Hey, Lugh?«
    »Ja?«
    »Du und ich, wir … zwischen uns ist doch alles in Ordnung, oder?«
    Das Lächeln kommt nicht bis zu seinen Augen. »Klar«, sagt er. Er schnalzt Rip zu, und sie verschwinden um den Hügel rum.
    Wir haben unser Lager im Schatten vom besten Windschutz meilenweit aufgeschlagen: einem großen Autoberg aus der Abwrackerzeit. Am Silverlake hatten wir auch einen ganz in der Nähe. Pa hat gesagt, Autoberge wären irgendso eine Technoverehrungssache von den Abwrackern. Diesen hier hat sich das Land längst geholt. Hat ihn überall mit Erde und Gras zugedeckt, so dass er nicht mehr zu sehen ist. Aber auf der dem Wind zugewandten Seite kann man Teile von zermalmten, verrosteten Autos sehen. Hier eine Schnauze, da ein Heckteil. Auf der anderen Seite sind ein Wäldchen mit spindeldürren Kiefern und ein Wasserloch, und da sind wir. So dicht am Autoberg würde man meinen, dass das Wasser rostig ist, aber das ist es nicht. Allerdings ist es nur eine Pfütze, gerade genug für uns und die Pferde.
    Ich steig ab und krabbel den Hügel rauf. Dann richte ich den Weitgucker auf die Staubfahne. Es dauert nicht lange, bis man die Leute erkennen kann. Die Kolonne besteht aus drei Teilen. Als Erstes kommt eine gebeugte alte Frau mit wilden Haaren, die auf einem Eber reitet. Als Nächste kommen ein Mann und eine Frau auf einem Maultierwagen. Sie vertreibt die Fliegen von dem Kind, das schlaff auf ihrem Schoß liegt. Die Nachhut ist ein Mädchen in meinem Alter, das einen kleinen Karren mit drei Rädern und Pedalen fährt.
    Ich warte. Sie kommen in großem Abstand an mir vorbei, und ich bin gut versteckt. Trotzdem hebt der Fahrer des Maultierwagens den Kopf und guckt in meine Richtung. Vielleicht spiegelt sich die Sonne auf dem Weitguckerglas. Ein kurzer Blick, dann dreht er den Kopf wieder nach vorn.
    Er hat ein verbittertes Gesicht mit kränklicher gelber Haut. Sieht aus, als hätte er alle Hoffnung längst irgendwo an der Straße zurückgelassen. Sie sind ein trauriger Haufen. Sie sehen aus, als hätten sie eine Krankheit. Vielleicht die Blutlunge, vielleicht Schlimmeres. Jedenfalls sollen sie bloß nicht bei uns Halt machen und uns um Wasser bitten.
    Alte Leute. Schwache Männer und Frauen. Kränkliche Kinder. Genau wie bei den anderen Wagenkolonnen, die wir im Ödland gesehen haben. Nicht ein einziger Mensch, der gesund genug ausgesehen hätte, um über gute Straßen zu reisen, geschweige denn über die hier. Lugh hat recht. Die Leute ziehen nach Westen.
    Ich frag mich, warum.
    Nicht nur Wagen, auch einzelne Reisende. Neulich haben wir die Überreste von einem Burschen gefunden. Na ja, Nero hat ihn gefunden. Die Totenfresser waren schon an ihm dran gewesen, Schakale und Aasgeier, deshalb ist nicht viel zu erkennen gewesen. Nur Haarfarbe und Schuhgröße. Die Schuhe sind gut und passen Tommo. Man hat immer ein schlechtes Gefühl, wenn man was von den Toten nimmt. Aber er wird nicht mehr laufen, und Tommo schon. Wir haben Steine über seinen Überresten aufgehäuft, und Lugh hat ein paar feierliche Worte gesagt.
    Ich beobachte die Kolonne, bis klar ist, dass sie nicht anhält. Dann lauf ich um den Hügel rum ins Lager.

    E in Gutes hat das alles. Es hat sich nämlich rausgestellt, dass Tommo ein richtig guter Koch ist. Ike hat ihm das Kochen in der Küche vom One-Eyed Man beigebracht, wo sie Tag für Tag die Reisenden verköstigen mussten.
    Er brät und rührt. Er wendet und

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