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Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Titel: Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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Schaft ist völlig zersplittert. Sie ist nicht mehr zu retten.
    Kein Töten mehr. Nicht für mich.
    Ich guck hoch.
    Epona ist weg.
    Tracker ist weg.
    Und Emmi steht da.

    S ie steht am Waldrand. Jetzt kommt sie auf mich zu.
    »Hast du sie gesehen?«, frag ich. »Das ist Epona gewesen, sie ist hier gewesen. Tracker auch.«
    Emmi liest die Trümmer von meiner Armbrust auf und versteckt sie in einem Steinspalt ganz in der Nähe. Nero hockt sich obendrauf und guckt ihr zu. Dann nimmt sie meine Hand. Ihre Hand ist klein und warm. Meine ist kalt.
    »Na komm, Saba«, sagt sie. »Du brauchst ein bisschen Schlaf.«
    »Genau hier haben sie gestanden. Du musst sie doch gesehen haben.«
    »Jetzt sind sie weg«, sagt sie.
    Sie führt mich zurück zum Lager. Ich guck mich um. Als ob sie noch mal auftauchen könnten.
    Irgendwo weit draußen im Niemandsland heult ein Wolfshund. Weit weg und traurig. Ich bleib stehen.
    »Hörst du das?«, frag ich. »Das ist Tracker.«
    »Komm weiter«, sagt Em.
    Im Lager ist alles still. Lugh und Tommo schlafen immer noch tief und fest. Nero setzt sich wieder auf seinen Ast. Ich leg mich auf den Boden und wickel mich in meine Decke. Em holt ihr Bettzeug und legt sich neben mich.
    »Ich sag Lugh nichts davon. Ich sag nichts. Du musst wieder in Ordnung kommen, Saba. Wir brauchen dich alle.«
    Sie guckt mich an. Ich guck sie an. Guck ihr in die blauen Augen, die genauso sind wie Lughs. Augen so blau, dass man am liebsten auf ihnen davonsegeln würde, das hat Ma immer gesagt.
    »Du siehst anders aus«, sag ich.
    »Ich bin größer geworden. Ich bin gewachsen. Kinder tun so was. Ich bin schon fast zehn.«
    »Oh.«
    »Hey, Saba?«
    »Hm-hm?«
    »Hast du wirklich Epona gesehen?«
    »Ja.«
    »Ich wünschte, ich könnte Pa sehen. Ich vermiss ihn. Vermisst du ihn?«
    So eine einfache Frage. Sieht Em so ähnlich. Und aus dem Hinterhalt überfällt mich die Traurigkeit. Ich kann nicht gleich antworten.
    »Als ich in deinem Alter gewesen bin«, flüstere ich, »ist er anders gewesen. Du hast ihn nie so kennengelernt. Er ist … weiß auch nicht. Er ist mein Pa gewesen, fertig. Und den vermiss ich.«
    »Traurig zu sein ist in Ordnung«, sagt sie.
    Ich wisch die blöden Tränen weg.
    »Ich wünschte, ich könnt Ma treffen«, sagt sie. »Nur ein Mal. Meinst du, sie würd kommen, wenn ich sie drum bitte?«
    »Ich glaub nicht, dass das so läuft.«
    Sie schweigt eine Weile. Dann sagt sie: »Du stirbst doch nicht, oder, Saba?«
    »Eines Tages schon. Aber nicht heute. Schlaf jetzt.«
    »Nacht.« Sie kuschelt sich in ihr Bettzeug.
    Ich dreh mich auf den Rücken und guck in den Himmel. Ich denk an Pa und guck zu, wie die letzten Sterne verblassen, während verstohlen der Morgen dämmert.
    Deut die Sterne für mich, Pa. Erklär mir, was sie sagen.
    Als Pa klein war, hat er einen Reisenden getroffen. Einen Mann, der vieles wusste. Der hat Pa beigebracht, wie man die Sterne deutet. Von klein an haben wir von Pa gesagt bekommen, dass unser Schicksal, die Geschichte unseres Lebens, am Nachthimmel steht. Er hat uns nie gesagt, was er da gesehen hat. Aber es hat schwer auf ihm gelastet, das hat man gemerkt. An der Art, wie er Lugh manchmal angesehen hat. Oder mich.
    Lugh glaubt nicht mehr ans Sternedeuten und all das. Wahrscheinlich hat er recht. Aber trotzdem, irgendwas hat Pa gewusst. Wirklich. Ich bin dabei gewesen. Ich hab gehört, wie er’s gesagt hat.
    »Pa!«, brüll ich. »Sie haben Lugh!« Ich pack ihn an den Armen und schüttel ihn heftig. »Das ist kein Traum! Du musst kämpfen!«
    Da wird er wieder lebendig. Er richtet sich auf, seine Augen funkeln, und der Pa, den ich kenn, ist wieder da. Er zieht mich an sich und hält mich so fest, dass ich fast keine Luft mehr krieg.
    »Meine Zeit ist fast abgelaufen«, sagt er schnell.
    »Nein, Pa!«
    »Hör zu. Was danach kommt, weiß ich nicht. Ich hab nur flüchtige Bilder gesehen. Aber sie werden dich brauchen, Saba. Lugh und Emmi. Und da werden noch andere sein. Viele andere. Gib der Angst nicht nach. Sei stark, ich weiß ja, dass du stark bist. Und gib niemals auf, hörst du? Niemals. Egal was passiert.«
    Ich starr ihn an.
    »Werd ich nicht«, sag ich. »Ich bin kein Schisser, Pa.«
    »So ist’s recht.«
    Dann haben sie ihn getötet. Die Tonton. Sie haben meinen Pa getötet und Lugh mitgenommen und die Schatten dagelassen.

    S obald Lugh wach ist, springt er auf, guckt nach Bucks Bein und verkündet, dass wir weiterziehen. Einfach so.
    Als wir das Lager abbrechen und

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