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Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Titel: Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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aus. Als ob sie nicht von dieser Welt wär mit ihren Wolfshundaugen und ihrer mondweißen Haut und ihrem hellfeuerroten Haar.
    »Du bist wunderschön«, haucht Emmi, »wie ein Stern.«
    Auriel gibt Lugh den Schöpflöffel zurück. Dann guckt sie uns an. Einen nach dem anderen. Lässt bloß den Blick eine Weile leicht auf uns ruhen. Es ist eine trügerische Leichtigkeit. Ich bin die Letzte.
    Sie steht auf. Kommt rüber und stellt sich vor mich. Mit kühlen Fingern streicht sie über meine Geburtsmondtätowierung.
    »Ich bin froh, dass du mich gefunden hast«, sagt sie. »Gerade noch rechtzeitig.«
    »Das war eine ganz hübsche Schau da draußen«, sagt Lugh. Sein Tonfall ist spitz und herausfordernd. »Die haben das alle geschluckt«, sagt er. »Was für Einfaltspinsel, fallen auf deinen faulen Zauber rein.«
    »Lugh!« Emmi schnappt nach Luft. »Sei nicht so ein Rüpel.«
    »Eine Schamanin, ja?«, sagt er.
    »Das stimmt«, sagt Auriel.
    Sie hat eine ruhige, stille Mitte, diese Auriel. So anders als die ganze Sturmraserei eben. Lughs plumpe Grobheit lässt mich zusammenzucken. Ich weiß, worauf er hinauswill.
    »Lugh«, sag ich.
    »Was kannst du sonst noch für Tricks?«, fragt er. »Wie wär’s mit … Sternedeuten? Bist du eine Sternedeuterin, Auriel Tai?« Lughs Stimme ist wie die Erdlöcher im Ödland. Glatte Erde obendrauf. Gefahr drunter. Eine Falle für die Unvorsichtigen.
    Sie fällt mitten rein. »Ja. Das Licht ist mein elementarer Führer. Die Sonne, der Mond, die Sterne, ja, sogar der Gewitterblitz.«
    »Ach was?« Er wirft ihr einen langen, grimmigen, feindseligen Blick zu. Dann: »Du bist erbärmlich, weißt du das? Du und die staubfressenden Verlierer da draußen. Unser Vater hat auch gedacht, er wär ein Sternedeuter.«
    »Ich weiß«, sagt sie. »Willem. Als er klein war, hat er einen Reisenden getroffen, der ihm beigebracht hat, wie man die Sterne deutet.«
    Mit großen Augen starrt Emmi sie an. »Woher weißt du das?«
    »Der Reisende war mein Großvater«, sagt Auriel. »Er hieß Namid. Man hat ihn den Sternentänzer genannt. Ein weiser und kundiger Mann.«
    »Weise und kundig«, sagt Lugh. »Wenn’s nicht so tragisch wär, würd ich lachen. Unser schwachsinniger Vater, immer die Sterne im Blick, wo er besser uns hätt angucken sollen. Er … hat uns in dieser gottverlassenen Gegend festgehalten und … uns hungern lassen. Nicht nur beim Essen, obwohl das kärglich genug war. Auch bei seiner Fürsorge. Oder Hoffnung. Jeden Abend hat er die Sterne gedeutet, und jeden Abend hat er gesagt, morgen gibt’s Regen. Ich hab’s in den Sternen gelesen, mein Sohn. Aber der Regen ist nie gekommen. Er ist nie gekommen. Weißt du, was gekommen ist? Das Verderben. Unser Verderben. Meins und das meiner Schwestern. Alles nur wegen dem Sternedeuten.«
    Er hat leise gesprochen. Seine Stimme bezähmt. Jetzt, wo er schweigt, spür ich die Wurzeln unseres Lebens fast körperlich. Sie bedrängen mich. Bedrücken mich. Ersticken mich.
    »Meine Schwester braucht deine Hilfe nicht«, sagt Lugh. »Kommt schon, ihr alle, wir hauen von hier ab.«
    Emmi sagt: »Aber Lugh –«
    »Halt die Klappe, Em«, sagt er. »Tommo, hilf Saba.«
    Tommo legt mir den Arm um die Taille. Hilft mir hoch. Tracker ist aufgestanden. Er winselt, guckt von mir zu Auriel. Nero macht krächz, krächz, krächz.
    »Wir können nicht gehen!«, ruft Emmi. »Nein, Lugh, das ist falsch!«
    Auriel nimmt meine Hand. »Saba, ich kann dir helfen. Ich kann dich heilen. Die Toten bannen, dir deine Waffe wieder in die Hand legen. Ich kann dich auf das vorbereiten, was vor dir liegt.«
    »Der Westen ist das, was vor ihr liegt«, sagt Lugh. »Das Große Wasser.«
    »Du wirst nicht nach Westen gehen«, sagt sie. »Tut mir leid, das ist nicht das, was ich seh.«
    »Was du siehst, was du siehst! Das ist doch alles nur ein großer Schwindel!« Er stürzt zum Tisch und greift nach was. Plötzlich zerreißt ein Lichtstrahl wie ein Speer das Halbdunkel im Zelt. Auriel zuckt zurück und drückt sich die Hand auf die Augen.
    Lugh hält eine Spiegelscherbe in der Hand. Er hat sie ins Licht von einer der Lampen gehalten. Jetzt wirft er sie ihr zu Füßen. »Warum sagst du deinem elementaren Führer nicht, er soll deine gottverdammten Augen in Ordnung bringen?«
    Als er gerade aus dem Zelt gehen will, spricht Auriel.
    »Sie ist eine ungewöhnliche Schönheit gewesen, diese Allis, von innen wie von außen. Augen wie ein Frühlingshimmel und langes goldenes Haar, genau wie

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