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Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Titel: Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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gezwängt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Dämme brechen.
    Alle tanzen. Sie hüpfen Hand in Hand, haben Kreise gebildet. Fassen sich um die Taille und drehen sich. Sie kreischen vor Lachen. Rufen sich was zu. Mann, Frau und Kind. Verschwunden sind die ausgelaugten Tagesgesichter. Die Musik ist ihnen unter die Haut gegangen. Aus ihr schreit Leben und Lebendigkeit. Sie brüllt den Tod nieder und tritt ihm in den Hintern.
    Nero stürzt sich mitten rein. Ich hinterher. Ich duck mich unter fliegenden Armen, schlüpf zwischen Leuten durch, jag ihn, brüll ihn die ganze Zeit an.
    »Nero! Komm sofort her!«
    Jemand packt meine Hand. Es ist Tommo. »Hey, Tommo«, sag ich. »Könntest du –« Schon liegt sein Arm um meine Taille, er wirbelt mich rum, um und um. In seinem Blick liegt Hitze, mit seinen dunklen Augen guckt er mich fest an. Ich runzel die Stirn, erinner mich an das, was Auriel gesagt hat.
    Der taube Junge. Pass gut auf, Saba. Er ist in dich verliebt.
    Dann tanz ich mit einem Fremden, einem Mann. Ich reiß mich los. »Nero!«, ruf ich. Ich seh Emmi. Und Lugh. Er ist rot im Gesicht. Seine Augen glänzen. Er tanzt so wild und zapplig, dass er fast fiebrig wirkt.
    Plötzlich wird die Musik schneller. Die Kreise lösen sich auf. Jetzt gilt jeder mit jedem. Jemand packt meine Hand und wirbelt mich im Kreis. Ich stolper und taumel, werd von einem Körper zum nächsten geschleudert, bis es mich direkt aus der wogenden Menge trägt. Nero ist auf das Dach geflogen, das die Bühne schützt. Er krächzt triumphierend. Da oben komm ich nicht an ihn ran. »Verdammt!«, brüll ich.
    »Ärger mit dem Vogel?« Es ist Maev. Sie und Auriel stehen ein paar Schritt abseits und gucken den Tänzern zu. Maev sieht blass und erschöpft aus, aber sie hat sich gewaschen. Ihre frisch gewaschenen Haare locken und kräuseln sich und hängen ihr schimmernd auf den Rücken. Sie sehen fast aus wie was Lebendiges.
    Ich bin immer noch tropfnass. Bitterböse auf Nero. Ich funkel ihn an da oben auf dem Dach und sag zu Maev: »Du hast mal gesagt, falls ich den je satt hab, würdest du ihn mir abnehmen. Du kannst ihn haben.«
    Sie tut überrascht. »Hab ich das gesagt? Ich glaub nicht. Ich hab’s eigentlich gar nicht so mit Vögeln.«
    Lugh kommt zu uns. Vor Maev bleibt er stehen. Das Fackellicht küsst seine Lippen, glättet seine Haut, lässt seine Haare golden glänzen. Ich bin so an ihn gewöhnt, dass ich manchmal vergess, wie schön er ist. Heute Abend ist es eine glitzernde, fickerige, fiebrige Schönheit.
    Dieser Blick. In Hopetown hab ich den ständig gesehen.
    »Du hast Chaal genommen«, sag ich.
    »Was? Red keinen Quatsch.« Er lacht, schüttelt den Kopf und sagt: »Du kannst es bloß nicht ertragen, wenn ich auch nur ein bisschen Spaß hab, oder?« Er streckt Maev die Hand hin. »Lass die beiden Miesepeter stehen. Komm, wir tanzen, du und ich.« Er nimmt ihre Hand. »Na komm, Maev«, sagt er und lächelt. »Tanz mit mir.«
    Sie seufzt ganz leise. Ich seh’s. »Ich … ich kann nicht«, sagt sie. »Tut mir leid.«
    Sein Lächeln verblasst. Er presst die Lippen zusammen. Lässt ihre Hand fallen, dreht sich um und geht weg. Sein Rücken ist steif vor Kränkung.
    Maev guckt ihm hinterher. »Ich hab kein Recht zu tanzen«, sagt sie.
    »So hab ich ihn noch nie gesehen«, sag ich. »Ich könnt schwören, dass er auf Chaal ist, aber –« Ich dreh mich zu Auriel um. »Hast du nicht gesagt, das Lager ist sauber?«
    »Ja«, sagt sie, »ist es auch, ich meine, das hab ich gedacht, aber anscheinend sollte ich –«
    »Da seid ihr ja!« Emmi. Mit glänzenden Augen tanzt sie von einem Fuß auf den anderen, die Wangen vor Aufregung rosig. »Du hast den ganzen Tag verschlafen. Lugh hat nicht gewollt, dass wir dich wecken. Hey, Saba, ist das nicht lustig?«
    »Nein, ist es verdammt nochmal nicht«, sag ich. In dem Augenblick kreischt Nero mich wieder an. »Und der verdammte Vogel da ist ein Dieb. Er hat meinen Herzstein geklaut und gibt ihn nicht wieder her.«
    Lachend zeigt Emmi auf ihn. »Oh, guckt ihn euch an da oben! Er ist wirklich ein böser Junge.« Während sie schon wieder zu den anderen zurückhüpft, ruft sie noch über die Schulter: »Ich hab’s dir doch gesagt, er ist ein hoffnungsloser Fall.«
    Die Worte hallen in meinem Kopf wider. Er ist ein hoffnungsloser Fall. Ein hoffnungsloser Fall.
    Maev sagt was zu mir. Ich antworte. Was, weiß ich nicht.
    Vergiss es, es ist hoffnungslos, Hochmut kommt vor dem Fall. Ihr hättet uns

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