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Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Titel: Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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Glück. Slim hat ihn mit Seilen und Ketten umwickelt, damit er nicht auseinanderfällt. Ich schieb die Füße unter ein Seil. Überprüfe, ob ich auch wirklich gut da drunter festhäng. Dann stütz ich mich auf die Ellbogen.
    Der Siedler kommt schnell näher. Das Mädchen auch. Sie holt zu ihm auf. Jetzt überholt sie ihn. Ich muss warten, bis sie in Schussweite sind.
    Nero fliegt über uns und zetert. »Hau ab!«, schrei ich.
    Sie kommen näher. Noch näher. Bis ich ihre Gesichter gut erkennen kann.
    Ihre glatten Wangen. Ihr rundes Kinn. Ihre langen, hellen Haare, die hinter ihr fliegen. Sie hat noch nicht mehr als vierzehn Sommer erlebt. Und er. Trotz seinem Männerkörper ist er nicht viel älter als Tommo. Zwei Kinder.
    Ich werd sie zuerst erledigen. Ich ziel auf den Kreis mit dem Kreuz drin mitten auf ihrer Stirn. Kalter Schweiß bricht mir aus. Auf der Stirn. Auf der Oberlippe. Macht meine Handflächen feucht.
    Das Mädchen drückt ihrem Pferd die Knie fest an den Körper. Sie hebt ihren Feuerstab.
    Jetzt. Jetzt! Erschieß sie jetzt!
    Epona. Auf dem Dach. Sie lächelt mir zu. Sie nickt.
    Sie rennt auf mich zu.
    Ich kann es nicht. Ich kann sie nicht erschießen.
    Plötzlich fliegt das Mädchen nach hinten. Hat einen Pfeil im Herz. Sie landet schlaff auf dem Boden. Der Junge macht den Mund auf. Hat keine Gelegenheit zu schreien. Ein Pfeil schwirrt in seine Kehle. Er fällt vom Pferd. Jetzt liegen sie beide im Dreck. Keiner von beiden rührt sich. Ihre Pferde drehen um und rennen zusammen weg.
    Ich späh über den Wagenrand nach hinten und seh Maev. Sie hängt mit einer Hand am Türrahmen, in der anderen hält sie die Armbrust. Sie wirft mir einen Blick zu: Was ist los mit dir?, heißt das. Dann schüttelt sie knapp den Kopf und zieht sich in den Wagen zurück. Maev ist doch noch auf Zack.
    Ich befrei mich aus den Seilen. Rutsch vom Dach runter zurück auf den Sitz neben Slim. »Habt ihr sie erledigt?«, fragt er.
    »Ja.«
    »Wir können die Leichen nicht da liegen lassen. Wir müssen zurück.«
    Ich schüttel den Kopf. »Fahr weiter.«
    »Aber –«
    »Ich hab gesagt, fahr weiter!«, brüll ich ihn an.
    Tracker legt den Kopf in meinen Schoß und winselt. Ich kraul ihm die Ohren. »Zwei Kinder«, sag ich. »Ich glaub nicht, dass er sich schon rasiert hat.«
    Ich guck Slim an, aber der guckt geradeaus. Ich weiß nicht, was er denkt.
    Ich hab das Mädchen nicht erschießen können. Meine Hände haben nicht gezittert, aber trotzdem … Ich hab sie nicht töten können.
    Ich hab die Nerven verloren. Ohne Maev wär ich jetzt vielleicht tot. Sie hat mir mal wieder die Haut gerettet.

    W ir finden Lugh und Emmi an der langen Steinmauer. Sie stellen keine Fragen. Das müssen sie gar nicht. Sie können uns ansehen, wie es ausgegangen ist.
    Slims verdammter Umweg. Er führt durch so unebenes Gelände, dass alle aus- und absteigen und zu Fuß gehen, während er Moses führt. Nero reitet auf Moses’ Höcker. Tracker bleibt bei mir.
    Nur mit Schieben und Ziehen, Schubsen und Hieven bringen wir Moses und den Wagen von der Stelle. Über hügeliges Grasland. Auf und ab und um Hügel rum, die dicht mit Felsenbeere und Geißblatt bewachsen sind. Ohne Vorwarnung landen wir in einem Stück Morast. Irgendwie schafft Slim es, Moses in Bewegung zu halten, aber mit dem Wagen ist das nicht so einfach. Er sinkt knietief ein, und wir brauchen ewig, bis wir ihn wieder frei haben. In dem ganzen Kuddelmuddel wird Emmi beide Stiefel los.
    »Wo ist diese verdammte Straße?«, frag ich.
    »Nicht weit«, sagt Slim. »Wohlgemerkt, das ist nicht mein normaler Umweg. Man könnte ihn wohl den Umweg vom Umweg nennen. Wenn ich die Zeichen richtig deute, müssten wir bald auf einen anderen Pfad treffen. Der führt uns zurück zur Straße, dann geht’s gradeaus mitten rein in den Sturmgürtel, und hey, im Nu heißt’s: Willkommen im Lost Cause.«
    »Plapper nicht so viel, geh lieber schneller«, sag ich. »Na los! Weiter geht’s.«
    Ich treib uns an. Die Sonne brennt auf unsere Köpfe runter. Ich guck immer wieder hoch, wo sie gerade steht. Mittags bin ich angespannt wie ein Flitzebogen. Ich marschier zurück zu Slim. Er ist nass geschwitzt. Rot im Gesicht. Ich pack eine Handvoll rosa Kleid und reiß ihn zu mir.
    »Was für ein gottverdammter Umweg ist das? Wo ist die gottverdammte Straße? Wenn wir bei Einbruch der Nacht nicht am Lost Cause sind, dann bist du ein toter dicker Mann im Kleid, das schwör ich dir.«
    Er guckt mich mit seinem einen

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