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Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Titel: Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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hält er die Zügel fest umklammert. Hat Moses fest im Griff.
    Wir rasen auf die Tonton zu. Sie kommen auf uns zu. Slim winkt und brüllt: »Hilfe! Hilfe!«
    Sie kommen näher. Halten die Richtung. Näher. Immer näher.
    »Wir werden zusammenstoßen!«, brüll ich.
    »Dass ihr Neulinge immer Angst bekommen müsst«, schreit er. »In diesem Spiel geht’s nur darum, wer die Nerven behält. Wer zuerst wegguckt. Das werd nicht ich sein.«
    Sie halten die Richtung.
    Immer noch.
    Immer noch.
    Ich halt den Atem an. Rühr mich nicht.
    Zwanzig Meter.
    Fünfzehn.
    »Kommt schon«, sagt Slim. »Guckt weg, ihr Mistkerle.«
    Zehn.
    Fünf.
    »Guckt weg, ihr gottverdammten Hurensöhne!«, brüllt Slim.
    Wie auf’s Wort teilen sie sich. Als ob sie ihn gehört hätten. Drei nach links. Drei nach rechts.
    Ich duck mich tief. Sie donnern gleich unterhalb von uns auf der Böschung vorbei, ein verschwommenes Durcheinander aus Hufen und Staub und Gewändern und Stiefeln. Ein Schwall Rauch und Schweiß schlägt mir ins Gesicht. Einen Augenblick lang – einen Herzschlag lang – frag ich mich, ob Jack bei ihnen ist.
    Ein Feuerstab knallt. Slim schreit auf. Er fällt nach hinten, liegt quer überm Sitz. Er ist getroffen, in seiner rechten Schulter klafft eine Wunde.
    »Slim!«
    »Nimm die Zügel«, sagt er.
    Ich krabbel auf den Sitz und nehm sie. Werf einen Blick zurück. Die Tonton verschwinden in einer Staubwolke.
    Hermes galoppiert hinter uns her, gleich hinterm Kompendalorium.
    Slim drückt sein Taschentuch auf die Wunde. Beißt vor Schmerzen die Zähne zusammen. Durch die aufgebrochene Wand brüllt er in den Wagen: »Sprengt den Damm!«
    »Was?«, schreit Lugh zurück.
    »Kleine runde Dinger mit Stiften dran!«, schreit Slim. »Zieht die Stifte raus und werft ein paar davon hinter uns!«
    Ich lenk Moses geradeaus. Die Straße führt mitten durch die Lücke in den Bergen. Verschwindet im Qualm.
    Nichts passiert. Nichts. Nichts.
    Plötzlich:
    BUMM ! Ein wuchtiger Donnerknall zerreißt die Luft. Lässt die Erde beben.
    Ich wage einen schnellen Blick zurück.
    Hinter uns steigen Fels und Wasser und Erde in einer gewaltigen Säule in die Luft. Der Damm ist in Trümmer gesprengt. Keine Spur von den Reitern oder ihren Pferden.
    »Haben wir sie erwischt?«, fragt Slim.
    »Ich weiß nicht«, sag ich. »Vielleicht nicht. Sie sind schnell geritten. Vielleicht sind sie vor dem Knall drüben gewesen.«
    »Dann werden sie nach uns suchen«, sagt Slim. »So viel dazu, euch heimlich einzuschmuggeln.« Ich werf ihm einen Blick zu. Er hat Schweißperlen auf der Stirn. Ist grau im Gesicht.
    »Verdammt, Slim. Du bist kein Tonton-Spitzel. Wer bist du?«
    Er verzieht den Mund. Ich glaub, er versucht zu lächeln.
    »Bring uns einfach zum Lost Cause«, sagt er.

Das Lost Cause
    M oses rast in die dicke schwarze Rauchwand. Ich kann nichts sehen. Meine Augen tränen. Ich krieg keine Luft. Wir werden irgendwo gegenstoßen. Aber schon sind wir durch, und das Lost Cause liegt direkt vor uns. Hohe Flammen züngeln daran. Verschlingen es, zischend, prasselnd, tosend. Feuer erleuchtet die einsame Ebene. Die tief hängende Wolke glüht, orange und weiß und gelb und braun. Der schwarze Qualm wabert und windet sich. Hitzewellen schlagen uns entgegen.
    Das Lost Cause ist ein hoffnungsloser Fall.
    Wir rasen auf die Kreuzung zu, an der es steht. Ich fahr so nah ran, wie ich wag, dann zieh ich die Zügel an. Moses wird langsamer, bleibt stehen. Er brüllt und weicht zurück.
    Slim sackt gegen mich. »Such Molly«, sagt er.
    »Maev! Emmi!«, brüll ich. »Slim ist angeschossen!«
    Sie kommen angerannt und klettern vorn rauf, Emmi mit der Medizintasche in der Hand. Maev übernimmt, und Tracker und ich springen runter.
    »Tracker, sitz!« Ich renn auf das brennende Haus zu. Ich muss husten. Der Qualm brennt mir in den Augen.
    »Saba!« Lughs Stimme. Füße – seine und Tommos – stampfen hinter mir. »Komm zurück!«
    »Jack könnt da drin sein!«, schrei ich. Ich prall auf die Hitze. Sie ist wie eine feste Wand, wirft mich zurück. Lugh packt mich an einem Arm, Tommo am anderen. Sie ziehen an mir, versuchen, mich wegzuzerren. Ich stemm mich dagegen.
    »Nein!«, brüll ich. »Lasst mich los!«
    »Falls da drin jemand ist, ist er längst tot«, sagt Lugh.
    »Nein!« Ich winde mich und kämpf gegen sie an.
    Das Haus hat nur ein Stockwerk. Kein Platz, um dem Feuer auszuweichen. Es besteht aus lauter Abwrackerschrott. Die Wände verziehen und biegen sich, ächzen und

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