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Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Titel: Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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einen Augenblick, nur so lang, dass ich krächzen kann: »Nein, Nero! Hau ab.«
    Nero zieht sich zurück. Er kreist über uns und schreit.
    »Du bist keine Hausiererfrau«, sagt Eli.
    Er reißt mir das Shemag runter. Als er meine Tätowierung sieht, reißt er die Augen auf. Dann lächelt er.
    Ich steh mit Blick zum Kompendalorium. Hinter dem Belüftungsgitter regt sich was.
    »Hey, RiverLee«, sagt Eli, »guck mal, wer –«
    Der dumpfe Schlag eines Bolzenschießers.
    Elis Kopf fliegt nach hinten. Seine Arme fliegen in die Luft. Er stürzt zu Boden.
    »Eli!« RiverLee fängt an zu schreien. Ich fall auf die Knie, schnapp nach Luft. Lugh springt hinten aus dem Wagen, den Bolzenschießer in der Hand.
    RiverLee feuert blindlings auf ihn.
    Er schießt sie tot.
    Und es ist still.
    Einfach so.
    Entsetzlich still.
    Nach Lärm und Chaos und Angst.
    Lugh stürzt zu mir. Hilft mir hoch. »Alles in Ordnung?«, fragt er.
    Ich nick. »Ja.«
    Maev, Emmi und Tommo klettern aus dem Wagen. Sehen Eli und RiverLee tot daliegen. Em fängt an zu weinen.
    »Wein nicht wegen denen, Kleine«, sagt Slim.
    »Was jetzt?«, fragt Maev.
    »Ich würde am liebsten den ganzen Hof abbrennen, und die beiden gleich mit«, sagt Slim.
    »Rauch ist zu auffällig«, sagt Tommo.
    »Dann müssen wir sie vergraben«, sagt Slim. »Ihr macht das. Ich kann es nicht.«
    Und das machen wir. Wir graben eine Grube im Wald, wo Billy Six sich versteckt hatte. Emmi muss nicht dabei helfen. Sie weint still, mit dem Rücken zu uns, und schüttelt Tommo ab, als er sie in die Arme nehmen will. Wir anderen arbeiten schweigend. Die Gesichter angespannt, jeder in seine Gedanken versunken. Lugh ist bleich. Er ist nicht so wie wir anderen an plötzliche Gewalt gewöhnt. An schnellen, brutalen Tod. Es ist noch nicht so lang her, dass ich gedacht hab, Hopetown hätte mich abgehärtet dagegen. Aber das bin ich nicht. Und wenn ich mir die anderen anseh, geht’s ihnen ungefähr so wie mir. Außer Slim.
    Als wir anfangen, Eli mit Erde und Laub zuzudecken, hält Slim Lughs Schaufel auf. Mit der anderen Hand greift er nach dem Bolzenschießer, aber ich halt seine Hand fest. Halt ihn auf. »Du kannst ihn nicht zweimal töten«, sag ich.
    Slim sieht mich lang an. Dann spuckt er Eli ins Gesicht und sagt: »Das ist für Billy, du Scheißkerl.«
    Als wir RiverLee gerade mit einer dünnen Schicht Erde bedeckt haben, sagt er: »Wartet«.
    Er rutscht runter ins Grab, durchsucht ihre Taschen und holt irgendwas raus. Er steckt es in den Lederbeutel, den er an der Taille trägt, dann hält er die Hände hoch und lässt sich von Tommo, Lugh und Maev raushelfen. Ich hab das Ding kurz gesehen, bevor es in seinen Beutel gewandert ist. Es ist das kleine braune Fläschchen mit der Tinktur. Zwei Tropfen zweimal am Tag, damit RiverLee ein Kind bekommen kann.
    Das hat er ihr jedenfalls erzählt.

    A ls alle wieder hinten in den Wagen klettern, bricht die Abenddämmerung herein.
    »Nur noch drei, vier Meilen«, sagt Slim. »Hab ich dir nicht gesagt, ich bring euch bis Einbruch der Nacht hin?«
    Die Berge, die aus der Ferne so klein ausgesehen haben, ragen jetzt hoch und finster auf. Der Sturmgürtel mit dem Lost Cause, allein mitten auf der Ebene.
    Triff mich am Lost Cause. Sei bis zum nächsten Vollmond da.
    Ich komme, Jack.
    Ich will mich wieder neben Slim vorne hinsetzen. »O nein«, sagt er. »Du ziehst den Ärger an wie ein Misthaufen die Fliegen. Du willst in einem Stück beim Lost Cause ankommen? Dann fahr mit den anderen hinten.«
    Ich zöger. Ich kann nicht denken, kann mich nicht erinnern, wo er gewesen ist, als Eli meine Tätowierung gesehen hat. Es ist alles so ein Durcheinander gewesen. Aber wenn Slim sie auch gesehen hat, dann kann er –
    Er zeigt auf die Berge. »Guck, da ist es!«, sagt er. »Ich hab euch alle hierher gebracht. Ich hätte euch längst ausliefern können, mit oder ohne Waffe an meinem Kopf. Na komm, die Zeit vergeht.«
    »Na gut«, sag ich. »In Ordnung.«
    »Wir fahren gleich wie der geölte Blitz«, sagt er. »Haltet euch gut fest.«
    Tracker bleibt bei Slim. Nero ist in der Luft. Hermes wird hinterherlaufen, diesmal nicht angebunden. Ich kletter hinten in den Wagen und quetsch mich zwischen Maev und Emmi.
    Slim brüllt: »Hüä!«, und Moses geht ab wie ein Pfeil.
    Das Kosmische Kompendalorium fliegt die Straße lang. Wir drücken uns an die Wände. Die Straße mag ja ganz anständig sein, aber sie ist trotzdem uneben. Zu uneben für einen wackligen, klapprigen

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