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Dustlands - Die Entführung

Dustlands - Die Entführung

Titel: Dustlands - Die Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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raue Gegend. Eine Gegend voller Geheimnisse.
    Vor Emmi, als Ma noch am Leben und alles gut gewesen ist, hat Pa Lugh und mir immer Geschichten aus der Zeit der Abwracker erzählt. Ein paar davon sind übers Sandmeer. Er hat uns von ganzen Siedlungen voller Leute erzählt, die von Wanderdünen begraben worden sind. Und dann dreht sich eines Tages der Wind, und die Düne wandert weiter, und alles, was übrig ist, sind die Hütten. Keine Menschen. Alle weg. Keine Spur von denen übrig, nicht mal Knochen. Nur die toten Seelen. Die sind zu Sandgeistern geworden. Nachts heulen die und weinen um ihr verlorenes Leben. Pa hat immer gesagt, er würd uns da aussetzen, wenn wir nicht brav sind.
    Ich häuf ein paar Steine auf. Damit ich die Stelle hinterher wiederfind.
    Dann geh ich zurück zum Pfad.
    Em sitzt auf der Erde und lässt den Kopf hängen. Sie hat die Stiefel ausgezogen.
    Wir müssen weiter, sag ich.
    Ich seh auf sie runter. Auf ihre kurzen feinen braunen Haare, die in Wirbeln wachsen. Mit ihrem dünnen kleinen Hals und den wuscheligen Haaren sieht Emmi eher wie ein Vogelküken aus als wie ein Mädchen.
    Ein Wunder, dass ich ihr mit meiner Ohrfeige nicht den Hals gebrochen hab. Bei dem Gedanken wird mir übel, also versuch ich, nicht daran zu denken. Ich weiß genau, dass Em noch nie in ihrem Leben geschlagen worden ist, bevor ich die Hand erhoben hab. Lugh hätt das nie getan, egal was los ist. Nie. Er würd schäumen vor Wut, wenn er wüsste, was ich getan hab.
    Ich hock mich neben sie. Was ist los?, frag ich.
    Dann seh ich ihre Fersen. Sie sind blutig gescheuert. Sie ist es nicht gewöhnt, so weit zu laufen. Muss fies wehtun, aber sie hat keinen Mucks von sich gegeben.
    Warum hast du mir nichts gesagt?, frag ich.
    Ich hab Angst gehabt, dass du mich wieder anbrüllst, sagt sie.
    Ich guck sie an, ihr Gesicht ist so klein und schmal. In meinem Kopf hör ich Lughs Stimme.
    Sie ist erst neun, Saba. Versuch doch zur Abwechslung mal, nett zu ihr zu sein.
    Du hättst was sagen sollen, sag ich. Ich mach die offenen Blasen sauber und wickel ihre Füße in saubere Stoffstreifen. Okay, sag ich, leg die Arme um meinen Hals.
    Ich heb sie hoch. Für den Rest des Tages trag ich sie so viel, wie ich kann, aber sogar ein mageres neunjähriges Mädchen wird irgendwann schwer. Ich trag auch unsere Beutel, deshalb muss ich sie hin und wieder absetzen. Am Ende muss sie doch ein gutes Stück selbst laufen.
    Nachts weint sie leise vor sich hin.
    Es gibt mir einen Stich, als ich das hör. Ich berühr sie am Arm, aber sie schüttelt meine Hand ab und dreht sich weg.
    Ich hasse dich!, ruft sie. Ich wünscht, sie hätten dich statt Pa getötet!
    Danach zieh ich mir den Umhang übern Kopf, damit ich sie nicht mehr weinen hör.
    Wir müssen weiter.
    Ich muss Lugh finden.

    D ritter Tag. Morgendämmerung.
    Ich säuber Emmis Blasen noch einmal, dann machen wir uns auf den Weg. Sie geht zwei kleine Schritte und fällt hin. Heute wird sie kein Stück laufen. Eigentlich bin ich nicht überrascht darüber. Ich heb sie hoch und leg sie auf ein Fleckchen mit Gras, wo es ein bisschen Schatten gibt.
    Ich fahr mir durch die Haare. Guck zum Himmel hoch. Ich möcht schreien oder rumrennen oder … irgendwas, um die ganze Anspannung in mir loszuwerden. Ich tret so feste gegen den Boden, dass ich mir den Zeh anstoße. Ich fluch lauthals.
    Tut mir leid, Saba, flüstert Emmi.
    Ich versuch zu lächeln, so zu tun, als ob es mir nichts ausmacht, aber ich krieg es nicht hin. Ich dreh den Kopf weg.
    Ist nicht deine Schuld, sag ich. Ich lass mir was einfallen.
    Den Rest vom Vormittag verbring ich damit, so eine Art Schlepptrage zu bauen. Ich säg zwei von den biegsamsten und stärksten Ästen ab, die ich finden kann. Die leg ich nebeneinander auf die Erde und dann kleinere Äste quer drüber. So ergeben sie eine gute, stabile Liegefläche für Em. Mit Nesselschnur bind ich alles zusammen. Dann bastel ich noch ein Geschirr, das ich mir umlegen kann, und polster es mit unseren Hemden zum Wechseln aus.
    Irgendwann am Nachmittag ist die Schlepptrage fertig. Ich bind Emmi und unsere Beutel darauf fest. Wickel Tücher um meine Hände. Die rechte ist immer noch wund von dem Schuss. Deshalb mach ich zuerst einen sauberen Verband drum. Will nicht, dass es schlimmer wird.
    Dann zieh ich mit der Schlepptrage los. Sie holpert und rumpelt über den Boden, aber Emmi beschwert sich nicht und wimmert und weint auch nicht. Sie gibt keinen Mucks von sich.
    Die Sonne brennt auf uns

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