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Dustlands - Die Entführung

Dustlands - Die Entführung

Titel: Dustlands - Die Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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doch was! Schnell! Ich zieh mir das Shemag über die Augen. Jetzt kann ich wirklich gar nichts mehr sehen.
    Was mach ich jetzt? Was mach ich jetzt bloß?
    Tasten. In die Knie gehen. Und lebendig begraben werden? Dann geh eben weiter, immer weiter. Und mich mitreißen lassen?
    Was mach ich jetzt? Was mach ich jetzt bloß?
    Die Düne unter mir stürzt in sich zusammen. Damit hat sich die Frage dann wohl erledigt. Jetzt hab ich keine Wahl mehr.
    Ich werd mitgerissen.

    D unkel.
    Heiß.
    Ich krieg keine Luft. O Gott, ich krieg keine Luft.
    Gewicht. Auf meiner Brust.
    Ich bin in Bewegung. Rutsch. Kann nicht anhalten. Kann einfach nicht anhalten.
    Kann-nicht-atmen-muss-atmen-muss-atmen-kann-nicht-atmen-kann-nicht-
    Dann bin ich draußen. Werd aus dem Sand rausgeschleudert. Mit dem Gesicht voran flieg ich durch die Luft und stürz wieder runter, lande hart auf der Erde. Ich schnapp nach Luft. Atme. Huste. Roll mich auf die Seite und zerr mir das Shemag vom Gesicht. Ich huste und huste und atme ganz tief durch. Ich atme die Luft ein, ich trink sie, kann nicht genug davon kriegen. Ich nehm meinen Wasserschlauch und spül mir den Mund aus, spuck den Sand aus.
    Nach einer Weile beruhige ich mich langsam. Ich lieg da und guck zum dämmrigen rosa Himmel hoch. Ich fass es nicht, dass ich noch leb.
    Dann kapier ich. Ich guck zum Himmel hoch! Ich kann den Himmel sehen! Das erste schwache Funkeln von Sternen. Ich atme keinen Sand mehr ein. Der Wind ist weg. Ist offenbar genauso schnell verschwunden, wie er aufgekommen ist.
    Langsam steh ich auf, kämpf mich auf die Füße. Ich bürst mich ab, seh nach, ob ich noch alle meine Sachen hab. Dann guck ich mich um.
    Ich steh auf einer weiten flachen Ebene. Die Dünen sind weg. Spurlos verschwunden. Als ob sie nie da gewesen wären. Als ob ich sie nur geträumt hätt.
    Und überall um mich rum stehen Flugmaschinen.

    F lugmaschinen. Flieger.
    Versteckt. Haben unter den Wanderdünen im Sandmeer geschlafen seit wer weiß wann – seit einem Tag, einer Woche, einem Jahr … Vielleicht sogar seit Hunderten von Jahren. Vielleicht seit die Abwracker sie hier zurückgelassen haben.
    Sie stehen in ordentlichen Reihen auf dem Sand. Als ob jemand sie gepflanzt hätt, weil er gedacht hat, vielleicht wachsen sie ja.
    Sie ziehen sich wer weiß wie weit über die Ebene. So viele Reihen, so viele Flugmaschinen, ich wüsst gar nicht, wo ich mit dem Zählen anfangen sollt.
    Ich lauf zwischen ihnen durch.
    Es gibt sie in allen Größen. Groß, klein und alles dazwischen. Sie stehen still da, geduldig, als ob sie auf was warten.
    Sie sind ganz verrostet, die Fensterscheiben sind kaputt und die Reifen aufgeschlitzt. Plünderer haben die Rümpfe zerschnitten, um Teile mitzunehmen. Die Löcher in den Seiten klaffen wie offene Wunden.
    Ein Flugmaschinenfriedhof.
    Ich weiß ein bisschen was über Flieger. Ich hab früher schon Teile von Fliegern gesehen.
    Einmal hat Pa ein gebogenes Blech nach Hause gebracht, das er auf der Müllkippe gefunden hatte. Er hat gesagt, das wär wahrscheinlich ein Teil von einem Flieger. Er hat damit unser Dach geflickt. Aber dann ist was Komisches passiert: Nicht mal zwei Tage später ist ein Heißwind übern Silverlake gefegt, und genau dieses Teil ist in die Luft und auf und davongeflogen. Als ob es gar nicht erwarten könnt, von da wegzukommen. Der Rest vom Dach hat sich nicht vom Fleck gerührt, bloß das eine Teil ist auf und davon. Pa hat gesagt, das würd beweisen, dass es ein Teil von einem Flieger gewesen ist.
    Vor einem der größten Flieger bleib ich stehen. Ich reck mich und stell mich auf die Zehnspitzen, aber ich komm trotzdem nicht dran.
    Nero taucht über mir am Himmel auf, der immer dunkler wird. Er landet auf meinem Kopf und flattert mit den Flügeln.
    Hey, Nero. Ich bring ihn dazu, dass er sich auf meine Hand setzt. Dann reib ich ihm über den Kopf, während ich zwischen den schlafenden Blechriesen rumlauf. Meinst du, Lugh ist hier vorbeigekommen? Meinst du, er hat die gesehen? Er würd bestimmt gerne mal einen ganzen Flieger von nahem sehen.
    Ich komm zu einem kleinen, der eher Menschengröße hat. Ich berühr das Blech mit der verblichenen Farbe. Fühlt sich kühl an. Unter Sand begraben ohne Sonne, die es erwärmt.
    Ich leg die Hand auf die Tür. Wenn ich ganz vorsichtig bin, mach ich bestimmt nichts kaputt.
    Sei brav jetzt, sag ich zu Nero. Pick jetzt hier nicht rum.
    Ich zieh die Tür auf. Sie quietscht. Sand quillt raus. Ich feg den Sand vom Sitz, setz mich

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