Dustlands - Die Entführung
weiter in einer Welt leben, die von den Tonton beherrscht wird? Ich nicht. Ike auch nicht. Und Ash und Epona auch nicht. Und ich wette, wenn du Tommo und Emmi fragst, sagen sie das auch. Ihr habt vielleicht Hopetown abgebrannt, aber sie bauen es garantiert schon jetzt wieder auf. Darauf kannst du Gift nehmen.
Und was willst du damit sagen, Jack? Dass du mir nur hilfst, wenn ich mich auf deinen Plan einlasse?
Nein, sagt er. Nein! Ich will sagen, wir müssen weiterdenken. Wir holen Lugh zurück und vernichten gleichzeitig den ganzen Laden. Die Tonton, die Chaalfelder … alles. Aber ohne dich können wir das nicht.
Du versprichst mir, dass wir Lugh da rausholen, sag ich.
Ich versprech’s, sagt er. Ich versprech’s.
Okay, sag ich. Ich mach mit bei deinem Plan. Und wie geht der jetzt?
Ehrlich gesagt, sagt er, ich hab’s noch nie so mit richtigen Plänen gehabt. Es sind eher … Ideen.
Jack!
Ich hab gesagt, ich versprech’s, sagt er.
Wir brauchen mehr Hilfe, sag ich.
Ich pfeif nach Nero. Er kommt angeflattert und hockt sich auf meine Schulter. Ich zieh Maevs kleinen Goldring aus der Tasche.
Falls du mich je brauchst, falls du die Hawks brauchst, schick Nero damit her, und wir kommen. Egal wo, egal wann … schick mir den Ring, und wir kommen.
Der gehört Maev, sag ich. Sie hat gesagt, ich soll ihn ihr schicken, wenn ich sie brauch. Hast du was, womit man ihn festbinden kann?
Er wühlt in seiner Tasche und zieht dann ein langes Stück Schnur raus.
Bind ihn an seinem Bein fest, sag ich. Mach ihn gut fest, aber nicht so fest, dass es einschneidet.
Er arbeitet schnell.
Fertig, sagt er und tritt zurück.
Ich streichel Nero über die Federn. Guck ihm in die klugen schwarzen Augen. Find Maev, sag ich. Ich berühr den Ring, dann berühr ich seine Brust. Nero, find Maev. Find Maev.
Er legt den Kopf schräg. Dann krächzt er zweimal und fliegt weg in die Nacht.
Er hat mich noch nie im Stich gelassen, sag ich.
Ich hätte dir das alles früher erzählen sollen, sagt Jack. Ich hätte …
Was?, frag ich. Mir vertrauen sollen?
Ja, tja …, sagt er. Ich bin’s nicht so gewöhnt, Leuten zu vertrauen.
Ich auch nicht, sag ich.
Wir könnten versuchen, noch mal von vorn anzufangen, sagt er.
Er streckt die Hand aus.
Ich zöger. Dann ergreif ich sie. Sie ist warm. Schwielig. Stark.
Tut mir leid, dass ich so ein Arsch war da in Ikes Gasthaus, sagt er. Es ist nur … ach, verdammt, Saba. Ich bin eifersüchtig gewesen, weil du Tommo angelächelt hast, nicht mich. Du hast kaum mit mir geredet, und gelächelt schon gar nicht, und irgendwie hab ich nicht dagegen ankönnen.
Eifersüchtig?, sag ich. Du? Eifersüchtig? Auf Tommo? Der ist doch noch ein Kind.
Ich bin eifersüchtig auf jeden, den du anlächelst und der nicht ich ist. Er kommt näher. Streckt die Hand aus. Streicht mit dem Handrücken über meine Wange. Eine heiße Welle durchläuft mich. Du guckst mich mit diesen Augen an, sagt er, und ich guck auf deine Lippen … und kann nur dran denken, wie es wohl wäre, dich zu küssen. Du hast keine Ahnung, was? Du hast keine Ahnung, wie schön du bist.
Wir gucken uns an. Der Mond versilbert sein Gesicht. Taucht seine Augen in Schatten. Lässt ihn fremd aussehen. Nicht ganz wirklich.
Ich tret zurück, und seine Hand fällt runter. Ich verdräng, was er gerade gesagt hat. Auch wenn mir das Herz bis zum Hals schlägt. Auch wenn ich kaum Luft krieg und der Herzstein heiß auf meiner Haut brennt.
Ich glaube, wir gehen zurück nach Crosscreek, sag ich. Lugh und Emmi und ich. Erst mal jedenfalls. Wir haben da eine Freundin, Mercy. Hab ich dir mal von der erzählt?
Saba, sagt er.
Sie ist wirklich nett, sag ich. Eine alte Freundin von meiner Mutter. Ja, ich hab mir das alles genau überlegt. Hab ja genug Zeit gehabt, drüber nachzudenken.
Saba, sagt er.
Ich weiß, dass ich dummes Zeug plapper. Aber irgendwie kann ich nicht damit aufhören. Und ich trau mich nicht, ihn anzugucken. Ich hab Angst, dass ich sonst was sag, was ich nicht sagen darf, oder was tu, was ich nicht tun will. Ich weiß nicht genau, was, aber es … ich hab das Gefühl, ich lauf über einen schmalen Grat und könnte jeden Augenblick abstürzen. Ich muss einfach nur an Lugh denken, daran, warum ich hier bin. Dann wird alles gut.
Ich geh lieber wieder zurück, sag ich.
Ich muss an ihm vorbei, und er nimmt meine Hand. Hält mich auf. Wir stehen ganz dicht zusammen. Zu dicht. Bleib hier, sagt er.
Bevor ich mich bremsen kann, guck ich ihn
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