Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Titel: Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Paffenroth
Vom Netzwerk:
und nahmen die beiden Stöcke zur Hand, die wir am Tag zuvor gegen den großen Baum gelehnt und dort hatten stehen lassen, und trainierten damit verschiedene Kampftechniken. Ich wusste, dass Dad sich zurückhielt, aber ich hatte auch genügend blaue Flecken, um sicher zu sein, dass ich mir jedes einzelne Mal, das ich ihn mit dem langen, schweren Stock traf, sauer verdient hatte. Nach der langen Trainingseinheit mit den Stöcken tranken wir erneut etwas Wasser aus dem Bach und legten uns unter den Baum, um uns vor dem langen Fußweg nach Hause noch ein wenig zu erholen.
    Ich liebte es, zu den Blättern emporzuschauen und zu sehen, wie sie tanzten und sich vor dem Himmel zu den unterschiedlichsten Mustern zusammenfügten. »Bist du müde?«, fragte mein Dad.
    »Ja.«
    »Gut. Machst du ein Nickerchen?«
    »Nein, schon okay.«
    »Umso besser, dann kann ich das ja tun.« Er faltete seine Hände über seiner Brust und schloss die Augen. Dieses Gebiet war bereits vor Jahren von den Toten befreit worden, aber es lag ein gutes Stück außerhalb des zentralen eingezäunten bzw. ummauerten Bereichs, sodass Dad immer darauf achtete, dass wir unsere Deckung hier nicht vollkommen vernachlässigten.
    Ich betrachtete die Blätter. »Wieso trainieren wir mit den Stöcken, Dad? Es ist ja nicht so, als könnten die Toten irgendetwas Ähnliches gegen uns einsetzen.«
    Er ließ seine Augen geschlossen, als er mir antwortete, hielt jedoch zwei Finger in die Höhe. »Zwei Gründe. Der erste ist taktischer Natur.« Er klappte seinen Mittelfinger wieder ein. »Erstens macht es keinem von uns besonders viel Spaß, wenn du einfach den ganzen Nachmittag lang mit einem großen Stock auf mich einprügelst.«
    Ich schlug seinen Arm nach unten. »Ich weiß nicht, ich finde, das hört sich ziemlich spaßig an.«
    »Hmm-mmm. Genau wie deine Mutter.« Er hielt erneut beide Finger hoch. »Der zweite ist strategischer Natur.«
    »Strategisch?« Ich hatte das Wort zwar früher schon einmal gehört, wusste aber nicht, wie es in diesen Zusammenhang passte. »Was heißt das?«
    »Dass es um den Gesamtzusammenhang geht, nicht nur um das, was im Moment passiert.«
    »Okay. Und was ist das für ein strategischer Grund?«
    »Du wirst einen Eid ablegen, die Lebenden zu beschützen. Die Toten sind nicht die einzige Bedrohung. Deshalb lernst du nicht nur, dich gegen die Toten zu wehren.«
    Ich drehte meinen Kopf, um ihn anzusehen. Ich hatte immer geahnt, dass dies die Antwort sein würde, aber trotzdem fühlte ich mich innerlich eiskalt. Seine Sprüche darüber, dass die Bratpfanne und die Kaffeedosen ungefähr Kopfgröße hatten, erschienen vor dem Hintergrund dieser Antwort gar nicht mehr so komisch. Zuerst versuchte ich, irgendwelche sachlichen Widersprüche zu finden, um Einwände zu erheben. »Aber wieso sagst du mir dann immer, dass ich auf den Kopf zielen soll? Das wäre doch nicht wichtig, wenn die Person noch am Leben wäre.«
    Er faltete die Hände wieder über seiner Brust. »Wenn jemand so böse ist, dass du ihn töten willst, dann ist er auch böse genug, dass du möchtest, dass er tot bleibt. Ich glaube nicht, dass ihr Benehmen sich allzu sehr verbessert, wenn du zulässt, dass sie mit einem Loch in der Brust tot durch die Gegend wandeln.«
    Dann versuchte ich, ihn mit den logischen Widersprüchen dranzukriegen. »Wir töten die Lebenden, um die Lebenden zu beschützen?«
    »Ich hab die Regeln nicht gemacht. Ich bringe dir nur bei, danach zu spielen.«
    Nach einer Pause fragte ich: »Hast du schon mal jemanden getötet? Ich meine, jemanden, der nicht sowieso schon tot war?«
    Er schüttelte ganz leicht den Kopf, die Augen noch immer geschlossen. »Nein. In der Hinsicht hatte ich Glück. Du kannst deinen Onkel Jonah fragen, er kann dir vielleicht etwas darüber erzählen. Wie ich es verstehe, ist es ziemlich kompliziert, denn während man es tut, kann es wohl manchmal passieren, dass man ein bisschen zu viel Gefallen daran findet. Und dann, wenn es vorbei ist, gefällt es einem überhaupt nicht mehr und man fühlt sich ganz krank. So hat er es mir erklärt, und ich glaube, er hat damit wahrscheinlich recht.« Er öffnete die Augen und sah mich an. Seine hellen, lebendigen Augen waren haselnussbraun, ganz anders als meine faden dunkelbraunen. Ich hatte mir immer gewünscht, meine Augen seien so schön wie seine. »Aber ich weiß, wie es ist, darüber nachzudenken, bevor man es tut – wie es ist, wenn man jede Minute seines Lebens daran denken

Weitere Kostenlose Bücher