Dying to Live: Vom Überleben unter Zombies (German Edition)
über den Kopf ziehen.
Sarah verfiel schneller in eine traurige Stimmung, aber es war auch leichter, sie aufzuheitern, während Tanya ganz offensichtlich einen so großen Quell des Kummers und des Zorns in sich trug, dass man sich in ihrer Nähe beinahe unwohl fühlte, unerschrocken und lebendig, wie sie war.
Aber so nervös oder traurig sie auch sein mochten, war ihre Gesellschaft unendlich tröstlich – auf emotionale ebenso wie auf sexuelle Weise – und ich verstand nun, was Jack mir zu erklären versucht hatte: Auch ihre Attraktivität war durch unsere schreckliche Situation noch gewachsen.
Jack spielte den Gastgeber und schenkte den Bourbon ein. »Auf neue Freunde.« Wir stießen an und genehmigten uns den ersten Schluck seit Monaten.
Es überraschte mich wenig, dass sich die beiden Frauen auch beim Trinken unterschieden: Sarah nippte nur ein wenig, während Tanya das Glas in einem Zug hinunterstürzte. Bevor der Bourbon seine Wirkung tat, sprachen wir nur wenig. Als Jack das Treffen vorgeschlagen hatte, war mir klar gewesen, dass er es auch deshalb tat, weil der Alkohol einen schönen Nebeneffekt hatte – er brachte die Leute zum Reden.
Als wir die Flasche etwa zur Hälfte geleert hatten, brach Sarah das Schweigen: »Also, Jonah, erzähl uns deine Geschichte. Wie bist du hierhergekommen? Die Leute munkeln, du seist aus einem geheimen Untergrundbunker gekrochen oder hättest dir den Weg aus einer überrollten Militärbasis freigekämpft und Gott weiß, was noch so alles.«
»Ich war auf einem Schiff, als es begann«, erwiderte ich. Offensichtlich hatte der Bourbon auch bei mir seine Wirkung nicht verfehlt, denn normalerweise wäre ich ihr mit irgendetwas Vagem ausgewichen.
»Warst du in der Navy oder so?«, fragte Sarah. »Wie heißt diese Truppe noch? Navy SEALs? Das hat auch schon jemand vermutet.«
Jack brach in schallendes Gelächter aus. »Nein, er war ganz bestimmt kein SEAL. Das sollte keine Beleidigung sein, Jonah.«
»Ich weiß … Nein, nichts Militärisches. Ich bin … ich war Englischprofessor am College, an einem einfachen Community College, und den Sommer über arbeitete ich auf Frachtschiffen, um mir ein bisschen was dazuzuverdienen.«
»Familie?«, fragte Tanya zwischen zwei Schlucken.
»Ja, Frau und zwei Kinder. Auf den Schiffen verdiente ich mehr als bei Sommerkursen, und ich wollte so lange dort arbeiten, bis ich eine bessere Anstellung fand. Die Seuche muss ausgebrochen sein, als wir gerade an Bord gegangen waren. Einen Tag, nachdem wir L. A. verlassen hatten, berichteten sie schon im Fernsehen und im Radio darüber. Wir dachten, es handele sich nur um einen lokalen Ausbruch und wir könnten unbesorgt nach Honolulu weiterfahren, weil ansonsten alles in Ordnung war. Aber natürlich war es das nicht. Dann ließ der Kapitän die Maschinen stoppen, und wir folgten der Berichterstattung im Fernsehen und im Radio. Bis sie irgendwann aufhörte. Manchmal empfingen wir noch etwas über Kurzwelle, aber wir hatten keine Ahnung, was los war. Wir hörten immer nur diese wirren Hilferufe.
Wir fuhren bis in Sichtweite der Docks zurück. Überall brannte es, und zum ersten Mal sahen wir … sie. Zuerst hielten wir sie natürlich für Menschen, aber als wir sie durchs Fernglas sahen, wurde uns klar, wovon sie im Fernsehen gesprochen hatten. Wir fuhren an der Küste entlang und hofften immer noch, die Berichte hätten sich geirrt und es sei nur diese Stadt betroffen, aber sie waren einfach überall – Brände und diese Dinger, die uns vom Ufer aus anstarrten. Am Ufer schien es nichts Menschliches mehr zu geben, aber eines Tages trafen wir auf ein paar Überlebende in Booten. Wir hatten zum Glück von den Bissen gehört, sodass wir keine Infizierten an Bord ließen.
Nach und nach wuchsen wir zu einer kleinen Flotte oder Kolonie an, die vor der Küste im Meer trieb. Aber nach ein paar Wochen kam niemand Neues mehr dazu; Jack hat mir erzählt, dass es bei euch hier genauso war. Wir teilten unsere Vorräte und fingen Fische, und ein paar Männer bauten eine richtige kleine Destille, um das Wasser zu entsalzen. Ich schätze, wir waren dort so sicher, wie wir eben sein konnten, aber denjenigen, die Familie hatten, war das nicht genug. Wir mussten wissen, ob sie noch lebten, ob sie es geschafft hatten.«
»Ich weiß«, seufzte Jack. »Es zerrt mit aller Macht an dir, so stark, dass manche es nicht aushalten. Es ist stärker als der Wille, zu überleben. Uns haben auch Leute verlassen, um nach ihren
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