Dying to Live: Vom Überleben unter Zombies (German Edition)
um nach ihnen oder anderen Überlebenden zu suchen, denen wir mit unserer neuen Gabe helfen konnten.«
Er war wochenlang durch die Gegend gezogen, bevor er das Museum gefunden hatte. Es war sein Glück, denn es wurde allmählich kälter, und er hatte, wie er freimütig einräumte, nicht die geringsten Pfadfinderkenntnisse und hätte allein in der Wildnis niemals überlebt, auch wenn er vor den Untoten sicher war.
»Als die Menschen hier meine Gabe erkannten«, sagte er lächelnd, »glaubten sie, ich sei ihre Rettung und könne alles für sie tun. Ich versuchte, ihnen zu erklären, dass es nur an der zufälligen, unvorhersehbaren Nebenwirkung eines mutierten Virus lag, aber ich hörte, was sie sich zuflüsterten – Gott habe mich gesandt, und ich könne Zombies mit einem einzigen Blick töten, und wenn man mich berührte, dann konnten einen die Zombies vierundzwanzig Stunden lang nicht beißen. Natürlich kann ich all diese verrückten Dinge nicht tun. Eigentlich kann ich überhaupt nichts tun. Manchmal sind die Schmerzen so stark, dass ich nicht einmal mit hinausgehen und Vorräte suchen oder den Menschen gegen die Zombies helfen kann. Und selbst wenn ich mitgehe, kann ich nicht alles alleine tragen, und wir müssen auf unseren Beutezügen trotzdem das Leben anderer riskieren. Ich kann sie nicht beschützen. Es ist ja nicht so, als könnte ich die Gedanken der Zombies kontrollieren – sie meiden mich nur.
Ich vermute, das liegt an irgendeinem Duftstoff – vielleicht Pheromone. Sie halten mich für einen der ihren, vielleicht sogar für eine Art Alpha- oder Königszombie – obwohl ich doch, um Gottes willen, hoffe, dass ich nichts derartig Furchtbares bin. Aber wenn ihr euch nicht gerade ganz fest an mich drückt, kann ich die Toten nicht davon anhalten, euch anzugreifen. Ich tue, was ich kann, und ich kann mit Stolz verkünden, dass wir nur ein paar Leute verloren haben, seit ich hier bin. Den Preis meiner Schmerzen zahle ich gern, wenn ich dadurch helfen kann, diese Gemeinde aufzubauen.«
Er seufzte und lehnte sich zurück. »Das ist meine Geschichte, Jonah. Es tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, sie zu erzählen. Und es tut mir leid, dass sie mich so mitgenommen hat, obwohl andere so viel Schlimmeres erlebt haben.«
»Nein«, erwiderte ich, »das ist unglaublich. Und ich weiß, dass du das nicht gerne hörst, aber es scheint wirklich ein Wunder zu sein, dass du hierhergekommen bist, zu diesen Menschen. Und da sie mich gerettet haben, ist es jetzt auch ein Wunder für mich.«
Er lächelte. »Oh nein, nicht du auch noch! Sind nicht überall um uns schon lauter wahre Wunder? Ist das denn nicht genug? Wieso picken sich die Menschen immer willkürlich irgendetwas heraus und belegen es dann mit diesem schrecklichen Druck, mit dem Stigma eines ›Wunders‹? Es ist vielmehr ein Wunder, dass die Menschen hier schon monatelang überlebt hatten, bevor ich kam, sonst hätte es nichts mehr gegeben, das ich hätte ›retten‹ können, und vermutlich wäre ich im Winter erfroren. Einer allein kann niemals der Erretter sein, denke ich. Ich glaube, dass wir uns immer gegenseitig helfen. Oder zumindest sollten wir das tun.«
Wir saßen nur da und sahen zum Fenster hinaus. Es war wieder so ein wunderschöner Frühlingstag, und die Art, wie Milton die Dinge sah, machte mich ziemlich zufrieden, ja, sie gefiel mir sogar ausgesprochen gut.
Nach einem Moment durchbrach Milton die Stille. »Ist es nicht wunderbar, dass der Ort, den sie abriegeln und sichern konnten, ausgerechnet ein Museum ist? Als ich durch die Gegend zog, habe ich immer angenommen, dass ich auf einer Militärbasis, in irgendeinem Warenlager oder sonst irgendeiner Einrichtung mit Betonwänden, Stacheldraht und Neonlichtern Überlebende finden würde. Aber stattdessen sind wir hier, umgeben von all diesen wunderschönen, beeindruckenden Dingen, durch die wir den Kindern zeigen können, wie das Leben einmal war. Und die uns daran erinnern, dass es nicht nur aus Dosenfutter und einer Mauer besteht, die verhindert, dass man gefressen wird. Ich glaube, dieser Ort hält uns davon ab, selbst zu Tieren zu werden.«
»Ja, daran habe ich auch schon gedacht, als ich mich hier umgeschaut habe. Das war wirklich ein Glücksfall.«
»Noch so eins deiner Wunder, nehme ich an?« Er lächelte. »Vielleicht stimmt das ja. Vielleicht haben sich irgendwelche Mächte abgesprochen, die uns ein bisschen mehr als nur das Allernötigste gönnen wollten. Und ich glaube, wir
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