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Dystopia

Dystopia

Titel: Dystopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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Frau?
    Dyer minimierte die Aufnahme und öffnete per Mausklick das Logbuch des Kontrollpostens. Niemand konnte die Wohnung betreten oder verlassen – nicht einmal Garner selbst –, ohne diesen Posten zu passieren und mit einem Zeitstempel in diesem Buch registriert zu werden.
    In der Datei befand sich kein Eintrag, dass heute jemand gekommen oder gegangen wäre.
    Oder gestern.
    Am Tag davor hatte Garner sich ausgeloggt, um sich mit dem Gouverneur in Midtown zum Essen zu treffen, und sich drei Stunden später wieder eingeloggt, allein.
    Dyer klickte sich rasch durch die Einträge der letzten fünf Tage. Sie betrafen ausschließlich Garner, der allein die Wohnung verlassen und wieder betreten hatte.
    Er minimierte das Logbuch und rief wieder die Aufnahme der Außenkamera auf. Die Frau saß noch immer dort.
    Wie, zum Teufel, war sie unbemerkt in die Wohnung gelangt?
    Dyer konnte dafür nur eine einzige Erklärung finden. Er wollte nur ungern daran glauben. Aber wie sonst hätte das zugehen sollen?
    Er sah sich um. In diesem Raum hatte noch ein weiterer Beamter seinen Arbeitsplatz. Die anderen vier waren in den übrigen Räumen der Suite verteilt, um Garners Wohnung im Notfall durch verschiedene Zugänge stürmen zu können.
    Der andere Beamte im Raum sah gerade nicht in Dyers Richtung.
    Dyer holte sein Handy heraus, schob es in die Dockingstation neben dem Bildschirm und wartete, bis es sich synchronisiert hatte. Dann wählte er einen einzelnen Bildausschnitt der Videoaufnahme aus, auf dem das Gesicht der Frau deutlich zu erkennen war, und schickte ihn auf das Handy. Er nahm es wieder aus der Dockingstation, stand dann auf und verließ den Raum.
    Die Toilette befand sich im Flur gleich gegenüber. Er schloss sich in dem Raum ein, schaltete die Lüftung an und drehte den Wasserhahn auf, um nicht belauscht werden zu können. Dann wählte er eine Nummer auf seinem Handy. Beim zweiten Klingeln meldete sich jemand.
    «Greer.»
    «Hier Dyer. Haben Sie kurz Zeit?»
    «Klar.»
    Dyer berichtete Greer von der Frau und schickte ihm das Bild aufs Handy. Außerdem äußerte er seine Vermutungen dazu, wie sie in die Wohnung gelangt war. Greer missfiel diese Erklärung ebenso sehr wie ihm selbst.
    «Fällt mir sehr, sehr schwer, das zu glauben», sagte Greer.
    «Eine andere Erklärung wäre mir auch lieber», sagte Dyer. «Fällt Ihnen eine ein?»
    Am anderen Ende der Leitung herrschte kurz Stille.
    «Das Motiv will mir nicht einleuchten», sagte Greer dann. «Garner ist ein alleinstehender Mann. Wenn er eine Besucherin bei sich empfangen will, ist das seine Sache. Warum sollte er ein Geheimnis daraus machen wollen?»
    «Vielleicht will
sie
ja ein Geheimnis daraus machen. Vielleicht ist sie jemand Prominentes. Oder die Ehefrau von irgendwem.»
    Wieder längeres Schweigen am anderen Ende.
    Dann sagte Greer: «Falls Garner diese Typen auffordert, eine Besucherin nicht im Logbuch zu registrieren, und sie dieser Aufforderung sogar Folge leisten, können die sich auf was gefasst machen. Dann hängt sich der Direktor ihre Eier als Trophäe an die Anhängerkupplung, noch ehe die Woche rum ist.»
    «Deshalb habe ich Sie ja angerufen», sagte Dyer. «Meine möchte ich nämlich sehr gern behalten.»
    Greer schwieg erneut. Dyer hörte deutlich, dass er mit einem Kugelschreiber oder Bleistift auf seinem Schreibtisch herumklopfte, in einem schnellen, nervösen Rhythmus.
    «Verdammt», sagte Greer. «Na gut. Ich werde die Sache mal einigen Leuten auf der Führungsebene vortragen und mit ein paar Freunden drüben im Justizministerium reden. Um zu sehen, ob es irgendwelche Präzendenzfälle gibt, wie in einer solchen Angelegenheit zu verfahren ist. Und ich werde mich umhören, ob irgendjemand sie erkennt. Ich melde mich wieder bei Ihnen.»

36
    Den restlichen Abend über war Garner damit beschäftigt, eine Liste von Namen zusammenzustellen, teils aus dem Datenbestand seines Computers, teils aus Aktenordnern. Am Ende hatte er an die hundert Namen beisammen, die er sodann systematisch durchzugehen begann, wobei er mit Hilfe seines Computers detaillierte Informationen zu jedem einzelnen Namen aufrief. Anscheinend hauptsächlich Militärangehörige und FBI -Beamte, wie Travis schloss. Neben einigen Namen machte Garner Vermerke in Stenoschrift. Andere wiederum strich er kurzerhand durch.
    Bethany bot ihm ihre Hilfe an. Garner sah sie verdutzt an, als wüsste er nicht recht, was sie genau tun wollte. Nachdem sie in etwa einer halben Minute ihre

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