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Dystopia

Dystopia

Titel: Dystopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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Audra sich 1995 befunden hatten, nach ihrer Rückkehr aus Ruanda: restlos ernüchtert, vor dem Scherbenhaufen ihres bisherigen Lebenswerks.
    «Lieber Himmel», sagte Travis. «Sie wollten diese Art Satellitentechnik in Gegenden wie Ruanda einsetzen. Das ist es, oder? Wenn man die Kontrolle darüber hätte, wie stark sie sich auf Menschen auswirkt, wäre das möglich. Man könnte die gesamte Region einer schwachdosierten Strahlung aussetzen, gerade ausreichend, um die Menschen in einen leichten Rauschzustand zu versetzen, in Hochstimmung, was auch immer, um die Lage erst mal zu beruhigen. Könnte die Gegend so lange ruhigstellen, bis – bis eine Blauhelmtruppe der UN vor Ort anrücken und die Lage unter Kontrolle bringen könnte? Die Blauhelmsoldaten wären der Strahlung zwar auch ausgesetzt, aber mit der entsprechenden Vorbereitung, wenn sie wüssten, worauf sie sich einzustellen haben …»
    Er verstummte. Dachte weiter darüber nach, ließ sich durch den Kopf gehen, was das im Einzelnen bedeutete. Er sah, wie Garner nickte.
    «Genau das war damals auch meine Vermutung», sagte Garner. «Punkt für Punkt. Auf die technischen Einzelheiten, wie das genau umzusetzen wäre, werden sie sicher nicht näher eingegangen sein – die offenzulegen, wäre Geheimnisverrat gewesen –, aber ansonsten stimme ich Ihnen zu. Die beiden werden eine Maßnahme vorgeschlagen haben, die Ihrem Szenario recht nahe gekommen sein dürfte.»
    Travis sah zu Paige und Bethany hinüber. Fragte sich, ob ihnen wohl gerade dasselbe durch den Kopf ging wie ihm. Vermutlich ja.
    «Hört sich eigentlich gar nicht so übel an, die Idee», sagte Travis.
    Garner lächelte erneut. «Nein. In der Tat. Vorausgesetzt, man setzt die Technik nur dazu ein, um Völkermorde zu verhindern. Aber wie lange würde es dauern, bis alle hehren Grundsätze über Bord geworfen würden? Und betrachten Sie es mal unter dem Aspekt der Menschenrechte. Unter dem Aspekt des Rechts auf Selbstbestimmung. Eine globale Supermacht, die per Satellit Einfluss auf das Bewusstsein von Menschen nimmt. George Orwell lässt grüßen. Ist es da verwunderlich, dass Audras Vater seine Karriere ernsthaft gefährdet sah, als er von der Sache Wind bekam? Welcher Politiker möchte schon mit so einem Projekt in Zusammenhang gebracht werden?»
    «Das also ist des Rätsels Lösung.» Paige blickte einmal in die Runde, sichtlich überrascht darüber, dass ihnen die Antwort so unverhofft in den Schoß gefallen war. «Das also ist Umbra. Inzwischen muss es diese Technologie tatsächlich geben, und in ein paar Monaten wird etwas damit schieflaufen. Und zwar auf katastrophale Weise.»
    Bethany nickte zustimmend. «Wir wissen, dass Audra Harvard 1995 Lebewohl gesagt und bei Longbow Aerospace angefangen hat, um wieder Satelliten zu bauen. Irgendwie muss dieses Unternehmen eingewilligt haben, ihren Entwurf für einen Niederfrequenzsatelliten tatsächlich zu realisieren und die Arbeit daran geheim zu halten. Und selbst nach ihrem Tod hätte Finn das Projekt weiter vorantreiben können. Himmel … wenn Umbra in vier Monaten in die Tat umgesetzt wird, müssen sich diese Satelliten bereits in der Umlaufbahn befinden. Eine ganze Armada davon, mit globaler Reichweite, wie GPS .»
    Garner blickte versonnen drein. «Über die Satelliten der Firma Longbow bin ich gut informiert – zumindest über die Angaben, die Longbow selbst dazu macht. Das System sollte auf niedriger Umlaufbahn ein Netzwerk für Satellitentelefone bereitstellen und mit der Mobilfunktechnik konkurrieren, die damals in den Neunzigern aufkam. Den Angaben des Unternehmens zufolge hat Audra in den letzten beiden Jahren ihres Lebens an dem Projekt gearbeitet. Als sie die Dinger dann letzten Endes in den Orbit geschossen haben, 1999, war die Sache schon so gut wie aussichtslos. Telefonieren über Mobilfunk wurde immer billiger, und damit konnte Longbow nicht konkurrieren. Am Ende haben wir das ganze verflixte System auf Staatskosten übernommen und nutzen es nun für einen Teil des militärischen Fernsprechverkehrs. Dazu taugen die Satelliten tatsächlich, aber nur mit Abstrichen. Was natürlich nachvollziehbar ist, wenn ihr eigentlicher Zweck ein ganz anderer ist.»
    «Alle Puzzlestücke passen zusammen», sagte Paige. «Sogar die lange Verzögerung seit 1999, als man die Satelliten in den Orbit geschossen hat. Finn hat ja zunächst jahrelang das politische Feld bereiten müssen, ehe er sie einsetzen kann. Mal angenommen, er will diese

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