Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dystopia

Dystopia

Titel: Dystopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
Vom Netzwerk:
Unglück nach der anderen, ohne sichtbare Ursache –»
    «Es passt, Sie haben ja recht», beschwichtigte Garner. «Sicherlich spielen diese Satelliten eine zentrale Rolle bei dieser Angelegenheit. Und offenbar unterläuft irgendwem bei der Sache ein kolossaler Schnitzer. Aber was das genau sein soll, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.»
    «Müssen wir das überhaupt so genau wissen?», wandte Travis ein. «Was wir wissen, ist schließlich schon Grund genug, gegen diese Leute vorzugehen. Mit Ihren Verbindungen, Sir, muss es doch Kanäle geben, die wir nutzen können.»
    Garner nickte. «Absolut. Wir sollten die Sache aber in Ruhe und mit Bedacht angehen. Fangen wir mit Leuten an der Peripherie an, kleinen Fischen, mit denen Finn sich erst gar nicht abgegeben hätte. Prüfen wir in jedem einzelnen Fall, wem wir vertrauen können. Versichern wir uns nach und nach einer breiten Unterstützung, bis die Schar unserer Helfer groß genug ist, und dann treten wir in Aktion, jawohl. Wenn wir umsichtig agieren, klappt das. Meine Güte, wir haben schließlich noch ein paar Monate Zeit.»

35
    Rudy Dyer war der jüngste Neuzugang in der Gruppe der Personenschützer, er war erst seit drei Wochen dabei. Wobei er beileibe kein Anfänger war – er hatte vier Jahre als Sicherheitsbeamter für den auswärtigen diplomatischen Dienst gearbeitet und zwei Jahre zum Personenschutz des Vizepräsidenten gehört. Gleichwohl gab es Aspekte seiner neuen Rolle, an die er sich erst gewöhnen musste. Für den Schutz eines ehemaligen Präsidenten zu sorgen war für einen Beamten des Secret Service vermutlich nicht ganz so stressig wie der Schutz eines amtierenden Präsidenten. Dennoch kam eine laxe Dienstauffassung nicht in Frage, mochte der Job selbst auch vergleichsweise lässig sein.
    Womit Dyer sich besonders schwertat, war die ungewohnte Vertraulichkeit, die hier zwischen den Beamten und dem Mann in ihrer Obhut herrschte, Richard Garner. Die abendlichen Pokerrunden etwa kamen ihm doch sehr befremdlich vor. Gegen irgendwelche Dienstvorschriften wurde dabei natürlich nicht verstoßen – die Beamten, die mit Garner pokerten, befanden sich stets außer Dienst, während im Wachbereich gleichzeitig das vorgeschriebene Mindestkontingent von sechs Beamten Dienst tat. Trotzdem, so etwas wäre im Weißen Haus wohl eher nicht vorgekommen, weder außerdienstmäßig noch sonst wie.
    Doch so langsam gewöhnte Dyer sich an den Job. Hier herrschten eben einfach etwas andere Gebräuche, mehr nicht. Der Professionalität und Disziplin seiner Kollegen vom Secret Service tat dies keinen Abbruch, und er verstand sich gut mit ihnen. Wie im Übrigen auch mit Garner. Was für ihn aber noch lange kein Grund war, an seinen Pokerrunden teilzunehmen.
    Es war gerade 18.44 Uhr. Das Licht der Abendsonne fiel in langen, rötlichen Strahlen durch die Fenster im Westen. Der Wachbereich – tatsächlich eine ganze Folge von Zimmern – befand sich, wie auch das Treppenhaus und die Aufzüge, im südwestlichen Quadranten des Stockwerks. Auf dem Bildschirm vor sich auf dem Schreibtisch konnte Dyer die Aufnahmen sämtlicher Sicherheitskameras aufrufen, die in Garners Wohnung und darum herum installiert waren. Wobei die Aufnahmen aus dem Wohnungsinneren auf einer separaten Spur liefen und aus Rücksicht auf die Privatsphäre in der Regel nicht aufgerufen wurden.
    Pünktlich jede Viertelstunde klickte Dyer sich durch die Aufnahmen aller übrigen Kameras, die die Hausflure, Aufzüge, Treppenhäuser und sogar einige neuralgische Punkte an der Außenfassade des Gebäudes überwachten; sogar hier oben wurde die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass sich jemand vom Dach aus zu dieser Etage abseilen könnte.
    Der Zeiger auf Dyers Uhr rückte auf 18.45 Uhr vor.
    Er rief die Kameraaufnahmen auf, wechselte routiniert per Tastendruck von einer Kamera zur nächsten. Musterte jede Aufnahme genau drei Sekunden lang. Alles klar in den Hausfluren. Alles klar bei den Aufzügen. Alles klar in den Treppenhäusern.
    Bei der Aufnahme der dritten Außenkamera, die die östliche Gebäudeseite mitsamt den Fenstern von Garners Arbeitszimmer überwachte, hielt er unvermittelt inne.
    In einem Sessel ganz nahe bei den Fenstern saß eine junge Frau. Dunkelhaarig, mit großen dunklen Augen. Etwa um die dreißig. Sehr attraktiv. Garner selbst war am Bildrand eben noch zu sehen, auf seinem Schreibtischstuhl. Er wirkte ganz gelassen. Starrte gedankenverloren aus dem Fenster.
    Wer war diese

Weitere Kostenlose Bücher