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Dystopia

Dystopia

Titel: Dystopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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Travis. Dennoch leuchtete ihm der Reiz einer solchen Technologie unmittelbar ein. Man könnte die eigenen Siegchancen in einer Panzerschlacht oder bei einem Seegefecht erheblich erhöhen, wenn die Gegner auf der anderen Seite plötzlich in einen Zustand versetzt wurden, der an einen Crack-Rausch erinnerte.
    «Hat man denn solche Systeme tatsächlich entwickelt?», fragte Paige.
    «Man hat es versucht. Wir haben es versucht, die Briten, die Russen. Die in Frage kommenden Frequenzen hatten alle Seiten schnell herausgefunden. Und auch Methoden entwickelt, die Wirkung zu steigern, durch Zweipunktmodulation oder schnelle Schwingung zwischen Frequenzen. Furchterregende Sachen. Selbst Testpersonen, die genau wussten, was mit ihnen geschah, und den Wellen maximal eine Stunde lang ausgesetzt waren, zeigten extreme Reaktionen. Es war eine verdammt wirksame Waffe. Doch es gab zwei große Probleme: Man konnte sie weder bewegen noch irgendwie damit zielen.» Er nickte Bethany zu. «So ein Niederfrequenzsender ist, wie Sie schon sagten, sehr groß. Das ist keine Parabolschüssel, die man drehen und auf ein Ziel ausrichten kann. Sondern eine gerade Antenne, ein Bodendipol mit einer Spannweite von Dutzenden Meilen. Die Wirkung beschränkt sich auf die Zone um die Signalquelle herum. Solange man also den Gegner nicht dazu überreden kann, sich in dieser Zone fein säuberlich aufzustellen, kann man mit einer solchen Waffe nicht viel ausrichten. Und sehr viel weiter ist die Sache nicht gediehen. In den Sechzigern und Siebzigern haben wir noch eine Weile in der Richtung geforscht, nach Möglichkeiten gesucht, sie selektiv einzusetzen, zielgerichtet. Haben wohl an die fünfhundert Millionen Dollar in das Projekt gesteckt. Die anderen Länder dürften wahrscheinlich ähnlich verfahren sein. Aber wenn über einen so langen Zeitraum keinerlei Fortschritte erzielt werden, muss man die Sache irgendwann beenden. Da lassen sich die Mittel des Verteidigungsetats wirklich sinnvoller einsetzen.»
    Er blickte hinaus auf die Stadt, zog einmal kurz die Augenbrauen in die Höhe und sah dann wieder seine drei Besucher an.
    «Entsprechend hellhörig wurden wir also, als Audra Nash sich 1986 bei uns meldete und sagte, sie hätte eine Idee. Eine Möglichkeit, Niederfrequenzwellen über Satellit zu senden. Hätte das irgendjemand anderes geäußert, noch dazu ein bloßer Student, hätte der Ausschuss in ein Treffen wohl kaum eingewilligt. Aber Miss Nash verfügte über glänzende Referenzen, die ihre Behauptung glaubwürdig erscheinen ließen. Ihre Arbeit als Doktorandin hatte bereits Einfluss auf die Gestaltung einer neuen Generation von Kommunikationssatelliten gehabt. Sie war hochintelligent und kannte sich auf dem Gebiet so gut aus wie kaum ein Zweiter. Was sie von uns wollte, war die Erlaubnis, Einblick in die Ergebnisse der Forschung zu nehmen, die über die Jahre auf dem Gebiet der Niederfrequenztechnik durchgeführt worden war, sie wollte die Rohdaten der Experimente auf dem Gebiet der Steuerung und Ausrichtung sichten. Darüber mussten wir gar nicht lange nachdenken. Zunächst einmal waren die Daten nicht allzu sensibel, im Grunde bloß eine detaillierte Auflistung aller Verfahren, die nicht funktionierten. Und dass irgendwelche anderen Nationen sich in den Besitz dieser Liste bringen wollten, war auch nicht zu befürchten: weil sie ja aus ihren eigenen fehlgeschlagenen Experimenten bereits über solche Daten verfügten. Zweitens hielten wir es durchaus für denkbar, dass ihre Idee Hand und Fuß haben könnte. Sie war hochbegabt, sie hatte beste Referenzen, und sie näherte sich dem Problem mit unbefangenen Augen. Das Konzept, das ihr vorschwebte, war jedenfalls ausgesprochen unorthodox. So etwas hatten wir in all den Jahrzehnten noch nicht ausprobiert.»
    «Aber wie sollte das denn gehen?», fragte Bethany. «Schon aus Gründen der einfachsten Physik dürfte das mit einem Satelliten nicht funktionieren. Die Größe eines Senders muss mit den Wellenlängen korrespondieren, die er erzeugt, und Niederfrequenzwellen sind unwahrscheinlich lang. Hunderte Meilen lang.»
    Garner nickte. «Ihre Idee war radikal. Ich will nicht behaupten, dass ich sie bis in alle Einzelheiten verstanden habe, aber sie lautete etwa wie folgt: Niederfrequenzwellen kommen ganz natürlich in der Erdatmosphäre vor. Die Sonne strahlt sie aus, und auch von Blitzschlägen werden sie erzeugt. Alles ganz ungesteuert und wahllos natürlich. Viel Lärm, kein Signal. Und selbst wenn

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