E-Bike Tour de Suisse (German Edition)
von Achdorf knickt der Fluss ein weiteres Mal ab, nun direkt in Richtung Süden und bildet das Wutachknie.
Donaueschingen – Waldshut entlang der Wutach
Quelle: openstreetmap
‚Erst‘ vor 20.000 Jahren hat die Wutach dieses Knie gebildet. Zuvor floss sie an dieser Stelle als sogenannte Feldbergdonau weiter nach Osten, über Blumberg und das Aitrachtal, wo sie zwischen dem heutigen Immendingen und Geisingen in die Donau mündete. Die Donau gibt also nicht nur an den Donauversickerungsstellen zwischen Fridingen und Immendingen Wasser an den Rhein ab, sondern auch, wie dieses Beispiel zeigt, durch im Lauf der Jahrtausende umgeleitete Zuflüsse. Die lahme Feldbergdonau grub sich tief in den Fels ein. Durch das dadurch verstärkte Gefälle setzte eine intensive Erosion ein. Es entstand die eindrucksvolle Wutachschlucht und die tosende Wutach.
Später knickt die Wutach nochmals leicht nach Südwesten ab zum untersten Teil der Wutachschluchten, den Wutachflühen. Hier verengen sich die Muschelkalkfelsen zu einer 150 m tief eingeschnittenen Schlucht.
Anschließend folgt Martin dem Verlauf des Wutachtals bis zum Rhein. Er kreuzt zunächst die „Sauschwänzlebahn“, die mit Abstand größte Attraktion der Gegend. Ihren Namen hat die Bahn daher, weil sie, ausgehend vom Zollhaus Blumberg, in mehreren Kehrtunnels bis zum Bahnhof Weizen führt. Eine Streckenführung ähnlich einem ‚Sauschwänzle‘, wie jeder in dieser landwirtschaftlich geprägten Gegend sofort erkennt. Zwischen Weizen und Buchbergsattel überwindet die Bahn auf einer Strecke von 9,6 km Luftlinie bzw. 25 km Fahrstrecke eine Höhendifferenz von 231 m. Von 1887 bis 1890 wurde sie gebaut.
Die Sauschwänzlebahn ist Teil der Strecke Waldshut – Immendingen. Deren Zweck war es, militärische Bewegungen an der Südgrenze des Deutschen Reiches auf ununterbrochen deutschem Gebiet zu ermöglichen. Die alternative Streckenführung über die Hochrheinbahn Singen – Basel führte nämlich teilweise über Schweizer Gebiet und stand daher für Transporte von Soldaten und Kriegsmaterial nicht zur Verfügung. Im Kriegsfall wäre diese Strecke versperrt gewesen. Am 22. Mai 1955 wurde der offizielle Betrieb eingestellt. Sie wurde allerdings weiterhin als „Kanonenbahn“ entsprechend den Kriegsszenarien der Nato bis 1977 instand gehalten. Seit 1977 ist es eine reine Nostalgiestrecke und wird heute nur noch als Museumsbahn betrieben. Die Sauschwänzlebahn ist seit 2007 ein anerkanntes technisches Kulturdenkmal.
Ab Grimmelshofen, einem Ort, der sich bis 1806 im Besitz des Klosters St. Gallen befand und heute zu Stühlingen gehört, verläuft die Wutach nahe an der Schweizer Grenze. Martin kann nun sowohl über Deutschland als auch über die Schweiz fahren. Er bleibt auf der deutschen Seite. Er findet einen herrlichen Radweg, der fast ohne Unterbrechung die Wutach entlang führt. Teilweise ist es ein Schotterweg, manchmal auch komfortabel asphaltiert. Aber fast immer ein herrlicher Weg nahe der Wutach.
In Stühlingen schließlich verlässt er den Naturpark Südschwarzwald. Stühlingen ist seit 1262 eine Stadt und heute ein Luftkurort mit verwinkelten Gassen und romantischen Plätzen. Kurz gesagt, mit dem Flair einer romantischen Kleinstadt in malerisch schöner Lage am Rande des Südschwarzwalds. Er erreicht Wutöschingen, ein regionales Zentrum der Aluminiumindustrie und fährt dann weiter über Lauchringen nach Waldshut.
Waldshut-Tiengen wurde 1975 zu einer Doppelstadt zusammengeführt. Die erste mittelbare Erwähnung des Ortes Waldshut findet sich in einer 1256 im Kloster St. Blasien ausgestellten Schlichtungsurkunde. Im Waldshuter Krieg 1468 wurde die Stadt Waldshut 6 Wochen lang beschossen und belagert. An dieses Ereignis erinnert das jährlich begangene Stadtfest, die Waldshuter Chilbi. Die Stadt ist Kreisstadt und Verwaltungssitz des Landkreises Waldshut, aber auch von Industrie, Gewerbe und Tourismus geprägt. Allerdings findet man neben etwas mittelständischer Maschinenbau- und Möbelindustrie heute keine nennenswerte Industrie mehr vor. Viele Arbeitnehmer sind Grenzgänger und arbeiten in der nahe gelegenen Schweiz.
Damit hat Martin sein heutiges Etappenziel erreicht, Waldshut-Tiengen liegt direkt am Rhein. Morgen wird er nach Basel weiterfahren. Der linksrheinische Velo-Weg auf der schweizer Seite soll sehr schön sein. Der rechtsrheinische Weg auf der deutschen Seite ist kürzer. Er überlegt: Soll er jetzt links oder rechts des Rheins fahren?
Dritter
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