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E-Book - Geisterritter

E-Book - Geisterritter

Titel: E-Book - Geisterritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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schwöre ich, so wahr mir Gott helfe . Aber dann ist er plötzlich gestorben, und angeblich versucht er immer noch, seinen Eid zu erfüllen.«
    Ella sah mich auffordernd an.
    »Was?«, flüsterte ich. »Das ist total verrückt! Nicht alle Toten kommen zurück, Ella!«
    Zumindest hoffte ich das.
    Ella verdrehte die Augen und blickte sich um, als flehte sie sämtliche Heilige, die uns umgaben, um Hilfe an.
    »Hast du etwa eine bessere Idee?«, flüsterte sie. »Wer kann dich vor diesen Geistern besser beschützen als ein anderer Geist?«
    »Das ist keine Idee!«, zischte ich zurück. »Das … das ist Wahnsinn!«
    Aber Ella beachtete mich nicht. Sie hatte sich umgewandt. Mehr und mehr Leute kamen den Mittelgang herunter. Natürlich. Die Choristen würden bald die Abendmesse singen und Angus würde auch dabei sein. Was, wenn er den Popplewells erzählte, dass er mich in der Kathedrale gesehen hatte?
    Ich griff nach Ellas Arm und zog sie hastig zwischen die Säulen hinter Longspees Sarg.
    »Dein Ritter ist vermutlich nicht mal hier begraben!«, raunte ich ihr zu, während ich mich gegen den grauen Stein lehnte. »Oder hat Bonapart euch etwa nicht erzählt, dass sie die Gräber in derKathedrale ständig verlegt haben? Manchmal haben sie sogar die Knochen verloren oder sie vertauscht!«
    Da. Die Choristen tauchten in ihren grünen Gewändern zwischen den Stuhlreihen auf. Angus war einer der ersten und hatte wie immer die Finger in den hohen weißen Kragen gesteckt. Er stöhnte ständig darüber, wie sehr das steife Ding ihm den Hals abschnürte.
    »Nun, in diesem Sarg liegt auf jeden Fall William Longspee!«, zischte Ella, während die Choristen, gefolgt von den Priestern, an uns vorbei auf den Altar zuschritten. »Und weißt du, warum? Weil sie, als sie das Grabmal hierher verlegt haben, eine tote Ratte in seinem Schädel gefunden haben. Du kannst sie im Museum von Salisbury anschauen!«
    Ich unterdrückte einen Anflug von Übelkeit und gab mir alle Mühe, unbeeindruckt dreinzublicken. »Und?«
    Ella seufzte über so viel Begriffsstutzigkeit. »Longspee ist so plötzlich gestorben, dass alle glaubten, er wäre vergiftet worden. Aber man konnte es nicht beweisen. Bis sie die Ratte fanden! Sie war voller Arsen!«
    Die Geschichte schien ihr zu gefallen. Mir gefiel sie nicht. Mörder und Ermordete. Was war mit meinem Leben passiert? Für einen Moment malte ich mir aus, den Vollbart so ausgebleicht und versteinert auf seinem Sarkophag liegen zu sehen. Aber ein Blick auf die dunklen Kirchenfenster erinnerte mich daran, dass ich zurzeit wirklich andere Sorgen hatte.
    Hinter dem Altar zündeten die Messdiener die Kerzen an, und draußen suchte Stourton vermutlich schon das Fenster aus,durch das er mich stoßen würde. Während ich mit einem Mädchen, das ich kaum kannte, über tote Ritter und vergiftete Ratten redete.
    »Du musst ihn rufen!«, flüsterte Ella. »Sobald wir allein sind!«
    Die Choristen begannen zu singen. Ihre Stimmen hallten in der dunklen Kirche wider, als hätte sie selbst zu singen begonnen.
    »Allein? Und wie soll das gehen?«, flüsterte ich zurück. »Die Kathedrale wird nach der Abendmesse geschlossen!«
    »Und? Wir lassen uns einschließen.«
    »Einschließen?« Es wurde immer schlimmer.
    Ella griff wortlos nach meiner Hand. Sie zog mich den Nordgang hinunter. Hinter mir hörte ich Angus das Solo anstimmen, das er morgens vor dem Waschraumspiegel geübt hatte. Ella aber blieb vor einer Tür aus dunklem Holz stehen, die mit Eisennägeln beschlagen war. Sie drückte die Klinke herunter, warf einen raschen Blick nach links und rechts und öffnete sie. Der Raum dahinter war kaum größer als ein Schrank. Ella schubste mich hinein und zog die Tür hinter uns zu.
    »Perfekt, oder?«, hörte ich sie flüstern. »Ein Chorist hat sie mir gezeigt.«
    »Wozu?« Es machte mich nervös, mit ihr auf so engem Raum in der Dunkelheit zu stecken.
    »Er wollte mich küssen.« Der Abscheu in Ellas Stimme war nicht zu überhören. »Aber zum Glück bin ich stärker als sie alle.«
    Ich war froh, dass sie in der Dunkelheit nicht sehen konnte, wie rot ich wurde. Ich hatte mir gerade ausgemalt, wie es sich wohl anfühlte, ihr Haar anzufassen.
    Der Gesang der Choristen war selbst durch die Tür noch zu hören. Angus behauptete, dass er mit seiner Stimme ein Glas zerspringen lassen konnte, aber den Beweis war er Stu und mir bisher schuldig geblieben.
    »Hört sich schön an, oder?«, flüsterte Ella.
    Ich war nicht sicher. Seit

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