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E-Book - Geisterritter

E-Book - Geisterritter

Titel: E-Book - Geisterritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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haben.«
    Angus ließ mich daraufhin in Ruhe und setzte wortlos einen neuen Stoffhund zu den anderen, aber Stu ließ nicht locker.
    »Na komm schon. Ella Littlejohn! Ich bin wirklich sehr beeindruckt!«, sagte er. »Wie hast du es geschafft, dass sie sich mit dir trifft? Und dann lässt sie sich auch noch mit dir einschließen!« Die Bewunderung in seiner Stimme hätte mir normalerweise geschmeichelt.
    »Stu, lass Jon in Ruhe!«, knurrte Angus.
    Aber Stu war bei seinem Lieblingsthema.
    »Hast du sie geküsst?« Er hatte ein neues Tattoo, ein zerstochenes Herz mitten auf der Kehle. »Nun sag schon!«
    »Lass mich, verdammt noch mal, in Ruhe, Stu!«, fuhr ich ihn an. »Oder ich sag Angus, er soll dir eine extrafeste Schottische Umarmung geben!«
    Ich war wirklich in miserabler Stimmung. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie ich Longspees Herz finden sollte, und für das, was ich zu Ella gesagt hatte, hätte ich mir am liebsten die Zunge abgebissen. Ich sah immer noch ihr verletztes Gesicht vor mir.
    Stu nahm meine schlechte Laune natürlich als Beweis für etwas anderes. »Wusste ich’s doch!«, sagte er mit einem Grinsen, das kaum auf sein mageres Gesicht passte. »Keiner schafft es, Ella Littlejohn zu küssen. Nicht die geringste Chance. Ich hab’s schließlich selbst versucht.«
    »Ich auch«, murmelte Angus, während er den Stoffraben mit Weingummis füllte. »Große Blamage.«
    Ich geb zu, das verbesserte meine Laune ganz enorm. Ich zog mir die Decke über den Kopf, um mein dummglückliches Lächeln zu verstecken.
    Aber Stu zog sie mir vom Gesicht.
    »Warte«, sagte er. »Wir wissen immer noch nicht, wie du sie überhaupt dazu gebracht hast, mit dir nachts in der Kathedrale zu bleiben!«
    Ja, wie, Jon?
    »Sie … sie wollte rausfinden, ob es dort Geister gibt«, murmelteich. »Für ihre Großmutter.« Das war immerhin nur zu 50 Prozent eine Lüge.
    »Ja, das hört sich nach Ella an«, sagte Stu mit einem Anflug von Neid in der Stimme und verfiel in ein ungewohnt tiefes Schweigen. Bestimmt malte er sich aus, wie es wohl wäre, eine Nacht mit Ella Littlejohn in der Kathedrale eingesperrt zu sein.
    »Und?« Angus zog dem neuen Stoffhund eines seiner T-Shirts an.
    »Und was?«, gab ich zurück.
    »Gibt es Geister in der Kathedrale?«
    Offenbar beschäftigte die Frage ihn schon länger.
    »Natürlich nicht«, antwortete ich. »Alles Blödsinn.«

11
    Longspees Schloss und ein toter Chorist

    A ls ich am nächsten Morgen in die Schule kam, machte ich mich gleich auf die Suche nach Ella, aber ich konnte sie nirgends finden. Der alte Bischofspalast ist ein solches Durcheinander von Fluren und Treppen, dass man sich leicht tagelang nicht begegnen kann, also dachte ich mir zunächst nichts dabei. Und gleich in der ersten Pause versammelte Bonapart uns für einen Ausflug nach Old Sarum, »um euch« – (Originalton) – »einen Eindruck davon zu vermitteln, wie hart das Leben eurer angelsächsischen Vorfahren auf einem Hügel war, auf dem es kein Wasser und so viel Wind gibt, dass er euch die Haut vom Gesicht schält«.
    Bestens. Aber für mich war etwas anderes an Old Sarum bemerkenswert: Ich wusste von Ella, dass Longspee dort gestorben war.
    Old Sarum ist ein seltsamer Ort. Bonapart kletterte auf denspärlichen Mauerresten herum und erzählte uns, dass die Steine zu unserer Linken mal eine Kathedrale und die zu unserer Rechten ein Palast gewesen waren. Aber alles, was ich sah, waren Bäume, die krumm vom Wind waren, und ein kahler Hügel, auf dem ein paar Touristen zwischen zerfallenen Mauern herumirrten. Außerdem musste ich dauernd an Ella denken. Wir hatten noch nie Streit gehabt und es fühlte sich scheußlich an.
    Als wir die Treppen hinaufstiegen, die angeblich zum Königlichen Palast gehört hatten, fragte ich Bonapart nach dem Raum, in dem William Longspee gestorben war. Er hob zur Antwort nur verächtlich die Augenbrauen (was er immer tat, wenn er eine Antwort nicht wusste) – und stürzte sich stattdessen in einen Vortrag über die militärischen Fehler, die Longspee bei der Schlacht von Bouvines als Kommandant des rechten Flügels der Englischen Armee gemacht hatte. Ich tat, als hörte ich ihm zu, aber während ich meinen Blick über die Hügel wandern ließ, auf die auch William vor langer Zeit herabgeschaut hatte, kamen die Bilder zurück, die ich durch Longspees Augen gesehen hatte, und ich fragte mich, ob Bonapart von der Schlacht sprach, die ich in Williams Körper erlebt hatte.
    Auf dem Weg

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