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E-Book - Geisterritter

E-Book - Geisterritter

Titel: E-Book - Geisterritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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wenn es keineswegs als bewiesen galt, dass er Longspee vergiftet hatte. Nun, ich wusste es besser. Von ihm selbst.
    Ella legte mir tröstend den Arm um die Schulter. Inzwischen wurde ich zum Glück nicht mehr rot, wenn sie das tat.
    »Keine Sorge«, sagte sie. »Wir finden das Herz. Du wirst sehen.«
    Ich starrte über ihre Schulter. Einer der Wächter stand hinter ihr.
    »Jon? Alles in Ordnung?«, fragte Ella – und drehte sich um.
    »Und was treibt ihr beiden hier?«, fragte der Wächter.
    Sein Gesicht war rot angelaufen. Vermutlich hatte er Wellington gejagt. Bei dem Bauch, den er vor sich hertrug, war es wirklich erstaunlich, dass er sich unbemerkt an uns herangeschlichen hatte. Verdammte Dolmen! Selbst Erwachsene konnten zwischen ihnen Verstecken spielen.
    Aber Ella war natürlich kein bisschen beeindruckt. Im Gegenteil, sie runzelte die Stirn und musterte den Mann, als hätte er und nicht wir etwas ausgefressen. Dieses Stirnrunzeln ist eine von Ellas Geheimwaffen. Es gibt einem auf der Stelle das Gefühl, irgendetwas sehr Dummes gesagt oder getan zu haben, auch wenn man nicht die geringste Ahnung hat, was das gewesen sein könnte.
    »Haben Sie den Hund meiner Großmutter gefangen?«, fragte sie den Wächter, als wäre das die einzige Aufgabe, die seinem ansonsten völlig bedeutungslosen Leben Sinn geben könnte.
    »Nein … nein, haben wir nicht«, antwortete er sichtlich beeindruckt. »Das ist ein ziemlich schneller kleiner Hund.«
    »Na, in dem Fall«, sagte Ella und setzte die Kröte zurück in den Korb, »… erledigen Jon und ich das wohl besser. Wenn Sie uns also bitte entschuldigen würden.«
    Und damit schritt sie so würdevoll an ihm vorbei, als wäre sie die Königin von England.
    Der Wächter warf ihr einen so fassungslosen Blick nach, dass ich mich nicht gewundert hätte, wenn er sich verbeugt hätte.

    Wir fanden Zelda umringt von sehr aufgeregten Russen, Chinesen und Kanadiern, die sich alle furchtbare Sorgen um die arme alte Lady machten, die ihren Hund fast in Stonehenge verloren hatte. Irgendjemand hatte Zelda sogar einen Stuhl gebracht. Wellington saß auf ihrem Schoß – mit so weit heraushängender Zunge, dass sie ihm fast auf die Pfoten hing – und genoss all die Aufmerksamkeit ganz offensichtlich sehr.
    »Also? Hat die Kröte etwas gefunden?«, fragte Zelda, als sie mit uns zurück zum Auto humpelte.
    »Nein, sie war eine ziemliche Enttäuschung«, sagte Ella.
    »Nun, vielleicht war auch einfach nichts da, was sie finden konnte!«, erwiderte Zelda spitz, während sie Wellington zu der Kröte in den Korb setzte. »Wikingerschätze!«, murmelte sie verächtlich. »Was für ein Unsinn. Und dafür werden diese Lehrer auch noch bezahlt.«
    Ich war auf der Rückfahrt nach Salisbury so schweigsam, dass Ella immer wieder besorgt zu mir herübersah.
    »Wir können ja nachts noch mal wiederkommen!«, flüsterte sie mir schließlich zu. »Dann sind bestimmt keine Wachen da!«
    »Und?«, flüsterte ich zurück. »Selbst wenn wir hundert Nächte lang dort graben – die Chance, dass wir das verdammte Herz finden, ist eins zu einer Million.«
    Ja, ich weiß, ich fluchte schon wieder, und Ellas Blick sagte: Jon Whitcroft, reiß dich zusammen. Aber ich konnte nur daran denken, dass ich Longspee im Stich ließ!
    »Vielleicht sind ja die Dolmen in Avebury gemeint«, flüsterte Ella.
    »Vergiss es einfach, ja?«, fuhr ich sie an. »Ich krieg es schon selbst heraus. Schließlich hat er mich gebeten, das Herz zu finden!«
    Die Worte taten mir leid, sobald sie über die Lippen waren. Aber Ella kehrte mir schon wortlos den Rücken zu (soweit das auf dem Rücksitz eines Autos geht). Ich glaube, ich war nie wieder so nah daran, ihre Freundschaft zu verlieren.
    »Dich gebeten? Geht es immer noch um diesen Lehrer?«, fragte Zelda.
    »Ja, ja, genau«, murmelte ich und starrte aus dem Fenster.
    Ella sah mich nicht ein einziges Mal an, bis Zelda mich absetzte. Und mir fiel kein einziges Wort ein, mit dem ich sie wieder hätte versöhnen können.
    Kein Herz und Ella war wütend auf mich.
    Ich wollte mich bloß noch in meinem Bett verkriechen. Aber Stu und Angus waren vom Heimaturlaub zurück. Sie hatten Nachschub für den illegalen Süßigkeitsvorrat mitgebracht, und Stu wollte nur eins wissen: warum mich am Samstagmorgen ein Küster mit Ella Littlejohn in der Kathedrale überrascht hatte.
    »Na, warum wohl?«, fragte ich gereizt, während ich mich aufs Bett warf. »Weil wir uns dort mit einem Geist getroffen

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