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E-Book - Geisterritter

E-Book - Geisterritter

Titel: E-Book - Geisterritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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dasselbe: dass die Bewohner es entweder leid waren, neben einem Friedhof zu wohnen, auf dem eine Bande toter Mörder spukte, oder, falls der Vollbart mit seinen Geschichten recht hatte, nicht mehr lebten. Ich entschied mich, über die zweite Möglichkeit vorerst nicht nachzudenken.
    Das Tor in der hohen Hecke, die den Friedhof umgibt, war abgeschlossen, also kletterten ich und der Vollbart hinüber. Zelda versuchte es auch, aber schließlich musste sie mit grimmiger Mieneunsere Hilfe annehmen. Ich glaube, sie konnte sich nur schwer mit der Tatsache abfinden, dass sie tatsächlich schon fünfundsiebzig war.
    Hinter der Hecke war es so still, dass ich meinen eigenen Herzschlag zu hören glaubte, aber die Stille hatte nichts Friedliches. Sie schien erfüllt von Seufzern und stummen Schreien – als hätte die Erde selbst die Erinnerung an das bewahrt, was hier vor langer Zeit geschehen war. Die Mauern der Kirche, die zwischen den Grabsteinen stand, waren zerfurcht wie das Gesicht eines alten Mannes, und ihre dunklen Fenster sahen aus wie Augen, die uns beobachteten.
    »Nach Stourtons Namen brauchst du hier nicht zu suchen«, sagte Zelda, als ich die Grabsteine musterte. Die meisten waren so verwittert, dass sie wie schlechte Zähne aus dem kurzen Gras ragten. »Er wurde in Stourhead begraben, dem Besitz der Stourtons. Ich habe mich immer gefragt, warum er nicht dort spukt. Dieser Friedhof ist nicht mal der Ort des Mordes. Hier wurde William Hartgill noch durch den Heldenmut seines Sohnes gerettet.«
    »Wer weiß. Vielleicht mag Stourton die Touristen in Stourhead nicht«, sagte der Vollbart, während er sich umsah.
    Der Himmel verdunkelte sich schon, aber die Sonne würde frühestens in einer Stunde untergehen. Was, wenn sie Ella bis dahin längst zu Tode erschreckt hatten? Mein Herz zog sich zusammen wie eine Faust.
    »Ella?«, rief ich. »Ella!«
    Natürlich kam keine Antwort. Fang bloß nicht an zu heulen, Jon Whitcroft!, befahl ich mir. Der Vollbart wird es als weiteren Beweis dafür nehmen, dass du ein verzogener Schwächling bist,und Ella würde es auch nicht gefallen! Aber es half nichts. Die Tränen stiegen mir trotzdem in die Augen.
    Zum Glück lenkte Zelda mich ab.
    »Komm mit, Jon«, sagte sie. »Ich will dir etwas zeigen.«
    Die Kirche war auch abgeschlossen, aber der Vollbart knackte das Schloss mit einem Stück Draht.
    »Wer sich gern verlassene Häuser ansieht, in denen es angeblich spukt, muss so etwas können«, sagte er nur, als er meinen entgeisterten Blick bemerkte.
    Ich fragte mich, ob meine Mutter diese Seite des Vollbarts kannte, aber ich entschied mich, ihr besser nichts davon zu erzählen. Womöglich würde sie ihn wegen dieser Talente nur noch aufregender finden.
    Die Luft hinter den Kirchentüren roch nach Wachs und welkenden Blumen und war so kalt wie der Atem eines Geistes.
    »Hier lang«, sagte Zelda und winkte mich den Mittelgang hinunter. Ein paar Schritte entfernt vom Altar blieb sie stehen.
    »Da liegen sie«, sagte sie und wies auf die Gedenksteine, die vor uns in den Kirchenboden eingelassen waren. »Lauter Hartgills. Vermutlich sind die zwei Ermordeten auch hier begraben. Deine Mutter hat dich nie hergebracht?«
    Ich musterte die in die Fliesen gemeißelten Namen und schüttelte den Kopf. »Ich glaub, Mam weiß nicht mal von diesem Ort«, murmelte ich. »Sie macht sich nichts aus Ahnenforschung.«
    »Ja, das ist wahr.« Der Vollbart lachte leise. »Im Gegenteil. Imogen macht sich lustig über Leute, die in ihrer Familiengeschichte herumstöbern.«
    Der Blick, den ich ihm dafür zuwarf, war sicher alles andere als freundlich. Ich konnte mich immer noch nicht damit abfinden, dass er so viel über meine Mutter wusste.
    Zelda winkte mich weiter zu einem der Fenster zu unserer Rechten.
    »Dieses Fenster wurde zum Andenken an John und William Hartgill angefertigt«, sagte sie. »Einer ihrer Nachfahren gab es in Auftrag. Es ist schön, oder?«
    Ich nickte. Es war ein seltsames Gefühl herauszufinden, dass ich Vorfahren hatte, die auf Bleiglasfenstern zu sehen und unter Kirchenfußböden begraben waren. Ich war nicht sicher, ob es etwas war, auf das man stolz sein konnte, aber irgendwie war ich es. Ich sah sie plötzlich alle in einer langen Reihe hinter mir stehen, all die, die ihren Namen an meine Mutter weitergegeben hatten. Irgendwann waren sie so jung wie ich gewesen. Sie hatten ihre Mütter geliebt und ihre Schwestern geärgert und vielleicht hatten einige von ihnen sich sogar mit

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