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Éanna - Ein neuer Anfang

Éanna - Ein neuer Anfang

Titel: Éanna - Ein neuer Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Britt Harper
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stand ein älterer, bärtiger Mann, der auf dem Kopf eine Schirmmütze mit einem aufgestickten grünen Kleeblatt trug.
    »Mein Gott, warum hat das denn bloß so lange gedauert?«, rief Brendan ihr ungeduldig entgegen, kaum dass Éanna sich aus dem Menschengewühl am Fuß der Laufplanke befreit hatte. »Wir dachten schon, dir wäre etwas zugestoßen!«
    »So lange hat es nun auch wieder nicht gedauert«, widersprach Emily. »Hauptsache, sie hat das Buchpaket!«
    Éanna war, als entdecke sie in Brendans Augen einen Anflug von Argwohn. Schnell wich sie seinem forschenden Blick aus und zuckte entschuldigend die Achseln. »Es ging nun mal nicht schneller. Da oben geht es immer noch zu wie in einem Tollhaus. Und auch im Zwischendeck gab es fast kein Durchkommen. Ich kann froh sein, dass ich den Niedergang so schnell wieder hochgekommen bin«, log sie und verspürte im selben Augenblick einen schmerzhaften Stich in der Brust. Warum konnte sie nicht einfach ehrlich sein und ihren Freunden von der Begegnung mit Patrick O’Brien erzählen? Trotz und Ärger flackerten für einen Augenblick in ihr auf und so fügte sie noch hinzu: »Außerdem hat das Biest Caitlin es sich nicht nehmen lassen, mir unter Deck den Weg zu verstellen und mir mit ein paar äußerst giftigen Bemerkungen Lebewohl zu sagen!«
    Brendan zog unwillkürlich den Kopf ein wenig ein, als der Name Caitlin fiel, und schwieg.
    »Ich hoffe, du hast diesem verdorbenen Schandmaul gehörig die Meinung gegeigt!«, erwiderte Emily stattdessen grimmig.
    »Worauf du dich verlassen kannst!«, versicherte Éanna.
    »Was ist nun, Leute? Können wir allmählich?« Tom Mahony trat schon die ganz Zeit ungeduldig von einem Bein auf das andere.
    Emily nickte. Aber bevor sie sich auf den Weg machten, stellte sie ihrer Freundin den Mann mit der Schirmmütze vor, der noch immer abwartend neben ihnen stand. »Éanna, das hier ist Mister Frederick Calloway, ein Landsmann aus Cork, der schon seit mehr als zehn Jahren in New York lebt. Er gehört zu den Friendly Sons of St. Patrick und hat sich bereit erklärt, uns zum Logierhaus Emerald Isle zu führen.«
    Frederick Calloway schenkte Éanna ein freundliches Lächeln, das seiner Mitgliedschaft in der Vereinigung alle Ehre machte. »Auch Euch ein herzliches Willkommen in New York, der Stadt, die wir Einheimischen voller Stolz auch Empire City nennen, Miss …«
    »Sullivan … Éanna Sullivan«, sie erwiderte sein Lächeln, »und herzlichen Dank für Eure Hilfe, die wir gut gebrauchen können, Mister Calloway.«
    »Also dann, guter Mann, waltet Eures freundlichen Amtes!«, drängte Tom Mahony erneut, dem ganz offensichtlich jedes Maß an Geduld fehlte, und warf sich seinen Kleidersack über die Schulter. »Machen wir uns auf den Weg!«
    Als sie losgingen und – Brendan mit Tom Mahony und Frederick Calloway vorneweg – auf die nächste Seitenstraße zuhielten, drehte sich Éanna noch einmal kurz zur Boston Glory um. Ihr Blick fiel auf Patrick, der noch immer seitlich von der Gangwaypforte an der Reling stand. Er schaute ihr nach, hob langsam die Hand zum Abschied und winkte.
    Éanna war versucht, den stummen Gruß zu erwidern, halb hatte sie schon den Arm gehoben. Doch dann ließ sie ihn schnell wieder sinken und wandte sich ab. Dabei fing sie Emilys Blick auf. Fragend und mit hochgezogenen Augenbrauen sah Emily sie an. Doch was immer der Freundin in diesem Moment durch den Sinn ging, sie behielt es für sich. Und dafür war Éanna ihr sehr dankbar.

Drittes Kapitel
    Unter Frederick Calloways Führung ließen sie die East River Docks hinter sich und tauchten in den Menschenstrom auf der Catherine Street ein, wo es kaum weniger betriebsam zuging als im Hafenviertel: Die backsteinernen Geschäftshäuser und Kontore der Händler und Importeure reihten sich auch hier zu beiden Seiten der Straße wie die Perlen einer Kette aneinander, immer wieder unterbrochen von Tavernen und billigen Absteigen, die wegen ihrer direkten Nähe zum Hafen vor allem Seeleute anzogen.
    »Na, an Schankstuben scheint es in New York keinen Mangel zu geben«, sagte Tom Mahony aufgekratzt und leckte sich genüsslich über die Lippen.
    »Wahrlich nicht!«, bestätigte Mister Calloway. »Laut offizieller Zählung soll es gut fünftausend davon in der Stadt geben, fast ein Viertel besitzt keine Ausschanklizenz. Das sind dann meist die üblen Kellertavernen, wo billiger Fusel ausgeschenkt wird. Was dort als erstklassiger Brandy bezeichnet wird, ist in Wirklichkeit

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