Earth Girl. Die Begegnung
Inzwischen verwenden nur noch Leute aus dem Beta-Sektor dieses Wort. Überall sonst sagt man einfach Beine, und am Tonfall kann man erkennen, was genau sie damit meinen, wenn …» Er brach ab. «Hör auf zu kichern!»
«Gib’s zu! Du hast die Vids auch gesehen!»
Fian gab auf, so zu tun, als wäre er ein tugendhafter Delta. «Ja, okay, ich habe mir ein paar davon angeschaut, aber nur weil ich neugierig war, nachdem Krath gesagt hat … Findest du wirklich, dass ich schöne Beine habe?»
«Auf jeden Fall», sagte ich. «Ich warte schon seit Stunden darauf, Arrack San Domex endlich ausziehen zu dürfen. Aber natürlich musst du nichts tun, was sich mit der Sittsamkeit von Delta nicht vereinbaren lässt. Candace hat wohl Angst, ich würde dich herumkommandieren.»
Fian setzte seine Märtyrermiene auf: «Tu dir keinen Zwang an. Du bist schließlich Major. Ich bloß Captain. Du kannst mich herumkommandieren, so viel ich will.»
Mit gerunzelter Stirn sah ich ihn an. «Hast du das am Schluss gerade nicht irgendwie verwechselt? Du hast ich gesagt, obwohl du eigentlich du meinst.»
Er lachte. «Ich habe es genau so gemeint, wie ich es gesagt habe, Jarra.»
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7
A m nächsten Morgen hatte dann auch Fian eingesehen, dass der Militärische Sicherheitsdienst nicht zu seiner Verhaftung anrücken würde, und seine Laune war wieder besser. Dafür hatte ich eine mittelschwere Krise. Ich stand im Flur vor der verschlossenen Tür des Speisesaals der Grünen Zone und wünschte mir, ich könnte einfach umdrehen und wegrennen.
«Ist was?», erkundigte sich Fian.
«Nur eine kleine Panikattacke. Ich muss in einem Raum voller Offiziere frühstücken und anschließend acht berühmten Vorgeschichtsexperten erklären, dass ich ihre neue Teamleiterin bin. Ich weiß nicht, was davon mir mehr Angst einjagt.»
«Was ist so schlimm am Frühstück? Das Abendessen mit Colonel Torrek gestern hast du doch auch überstanden.»
«Da musste ich mir ja auch keine Gedanken darüber machen, was Colonel Torrek von meiner Anwesenheit hier hält. Er hat uns schließlich selbst herbeordert. Die Leute da drin …» Ich zeigte auf die Tür. «… gehören alle zur Angriffstruppe. Sie sitzen in ihren Fightern, bewachen diese Kugel und wissen nicht, ob sie Freund oder Feind vor sich haben. Sie müssen abwarten, bis das Ding das Feuer eröffnet; und dabei wissen sie, dass sie einen solchen Angriff vielleicht nicht überleben und dass sie entbehrlich sind.»
Fian verzog das Gesicht. «Für einen solchen Job braucht man wohl ganz besondere Leute.»
«Ich fühl mich wie eine Hochstaplerin», klagte ich. «Mir hat man den Artemis-Orden dafür verliehen, dass ich Marker auf ein paar Steine gesetzt habe, und jetzt wurde ich zum Major befördert, um ein paar Historiker zu beeindrucken, aber die Leute da drin sind die wahren Helden.»
Ich zwang mich dazu, die Tür zu öffnen. Wir betraten den Speisesaal. Einen Moment lang war die Szene dem Frühstück mit meinen Kommilitonen seltsam ähnlich. Die Leute saßen in Grüppchen um die Tische herum, aßen und unterhielten sich angeregt.
Dieser erste Eindruck dauerte jedoch nur eine Sekunde, bis mir die Unterschiede auffielen: Die Tische und Stühle waren schicker als die grauen Flexiplas-Standardmodelle auf den Grabungsstätten. Es gab neben einer Reihe von Essensausgabegeräten auch richtiges Essen. Die Anwesenden waren offensichtlich älter als meine Mitstudenten und trugen Militäruniformen statt der unterschiedlichen Klamottenvarianten aus fünf verschiedenen Sektoren. Der Hauptunterschied lag jedoch darin, dass meine Kommilitonen nicht aufstanden und mir salutierten, wenn ich zum Frühstück erschien.
Halt, falsch, korrigierte ich mich. Die Leute salutierten nicht mir, sondern dem Artemis-Orden und der Tradition von Tapferkeit und Opferbereitschaft, die er symbolisierte. Ich war ein lächerliches Nichts im Vergleich zu den legendären Namen, die die Ehre von Artemis vertraten, aber mir gehörte nun mal die Schulter, an die der Orden geheftet war, und deshalb musste ich mich würdevoll verhalten. Also grüßte ich zurück und nickte knapp, woraufhin sich alle wieder setzten.
Der schlimmste Moment war vorüber, und vor Erleichterung ganz beschwingt folgte ich Fian zum Buffet. «Wow, es gibt sogar Cheese Fluffle!»
«Du willst Cheese Fluffle zum Frühstück?» Er sah mich ungläubig an. «Ist das dein Ernst?»
«Wenn du noch nie Cheese Fluffle auf getoasteter Waffel probiert hast,
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