Earth Girl. Die Begegnung
gezüchtet worden war, den Regenwald nach dem Zeitalter der Abholzung bei der Regeneration zu unterstützen. Die Griffith-Hybride leistete damals gute Dienste, aber inzwischen ist sie ein verdammtes Ärgernis rings um die Grabungsstätten und Siedlungen, weil durch sie der Regenwald über seine ursprünglichen Grenzen hinauswächst. Mindestens zwei Dutzend Siedlungen haben sich bereits von der Griffith-Hybride geschlagen gegeben und mussten verlegt werden. Die Aufsichtsbehörde der Grabungsstätte Eden befand sich – zum Schutz der Ruinen – im Dauerkrieg mit den Bäumen.
Ich konnte mir jedoch nur einen schnellen Blick auf die Umgebung leisten, da Playdon bereits die riesigen Tore des kuppelförmigen Schlittenlagers öffnete.
«Sie waren verschlossen, also kann Joth nicht hier drin sein.»
Playdons Stimme hatte das typische Echo, das sich einstellte, wenn ich mich zwar in Hörweite befand, ihn aber auch über den Teamkanal meines Kommsystems im Anzug empfing. Ich stellte mir vor, wie der Rest des Kurses jetzt im Speisesaal saß und über den Teamkanal unseren Unterhaltungen lauschte, um zu erfahren, was passierte. Petra war sicher außer sich vor Sorge um Joth. Wenn ich mich in ihrer Situation befunden hätte und Fian verschwunden wäre, dann wäre ich …
«Wir haben keine Schutzanzugsignale, mit denen wir Joth orten könnten», sagte Playdon, «deshalb sollten Jarra und Fian ein Erkundungsflugzeug für eine Suche aus der Luft vorbereiten. Der Pilot von Eden ist momentan an die Grabungsstätte Kairo ausgeliehen, und wir würden wertvolle Zeit verlieren, wenn wir ihn extra herholen. Die anderen drei suchen die Gegend direkt um die Kuppelbauten ab, während ich bei der Aufsichtsbehörde Meldung erstatte.»
Ich half Fian dabei, die Türen des Schlittenlagers ganz aufzuschieben, und schaltete die Lichtemitter im Inneren ein. «Hoffentlich gibt es hier überhaupt ein Erkundungsflugzeug», murmelte ich, während ich mich zwischen den Reihen von Spezialschwebeschlitten umsah. «Die meisten Grabungsstationen besitzen eins, aber …»
«Hinter den Kippladerschlitten.» Fian zeigte auf das Flugzeug.
«Natürlich ganz hinten.» Ich seufzte, war aber wenig überrascht. Der Grabungsverband beschäftigte fest angestellte Berufspiloten, die die entscheidenden Luftaufnahmen der Grabungsstätten machten, aber sie hatten alle ihre eigenen, ihnen zugewiesenen Flugzeuge. Die Erkundungsflugzeuge in den einzelnen Stationen wurden nur von Amateurpiloten der Grabungsteams genutzt. Und von uns gab es nicht sonderlich viele. Als ich im Sommer des vergangenen Jahres auf einem Ausflug mit der Geschichts-AG in den New Yorker Randbezirken gewesen war, hatte ich einen der Berufspiloten dazu überredet, mir zu helfen, meinen Flugschein zu machen. Aber die meisten anderen Leute blieben mit den Beinen lieber sicher auf dem Boden.
«Kümmer du dich um die Fehlerdiagnostik und den Energiecheck», schlug Fian vor. «Ich schiebe so lange die anderen Schlitten aus dem Weg.»
Also kletterte ich ins Flugzeug und startete das Prüfprogramm. Plötzlich blinkte ein rotes Licht auf.
«Ach verdammt!» Ich sprang aus der Maschine.
«Was ist los?», wollte Fian wissen.
«Wir haben nicht genug Saft. Dieses Flugzeug ist seit Jahren nicht mehr benutzt worden. Mach du mit den Schlitten weiter, ich komme schon klar.» Ich zog ein Kabel aus der Kuppelbauwand und zerrte es zu einem Anschluss im Flugzeug hinüber.
Fünf Minuten später hörte ich Playdon auf dem Teamkanal: «Jarra, Fian, wie kommen Sie voran?»
«Fian hat gerade den letzten Schlitten umgeparkt», antwortete ich, «und ich lade die Energiespeicher wieder auf. Leider werde ich auch ein umfassendes Analyseprogramm laufen lassen müssen, weil dieses Flugzeug laut Protokoll seit drei Jahren nicht mehr im Einsatz war.»
«Nicht Ihr Fehler, Jarra. Stellen Sie ganz sicher, dass mit der Maschine alles in Ordnung ist, denn es ist niemandem geholfen, wenn Sie abstürzen. Joth hat Glück, dass Sie überhaupt einen Flugschein haben, denn im Regenwald ist eine Bodensuche hoffnungslos.»
Fian und ich legten die Schwebetuniken an, die unseren Fall abbremsen würden, falls wir mitten im Flug abspringen mussten. Theoretisch würden unsere Schutzanzüge dann unseren Aufprall am Boden abfedern. Ausprobiert hatte ich das bisher noch nie. Und dabei würde es hoffentlich auch bleiben.
Wir saßen noch weitere frustrierende fünf Minuten lang im Flugzeug, bis es aufgeladen und das Prüfprogramm beendet war.
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